Der grosse Fusionswettlauf in der Pharmabranche ist an den deutschen Firmen fast vollständig vorbeigegangen. Nur die einstige Hoechst AG ist heute gemeinsam mit Rhône-Poulenc unter dem Namen Aventis einer der grösseren Anbieter im weltweiten Gesundheitsmarkt - allerdings mit Sitz im französischen Strassburg. Doch die deutschen Pharmakonzerne sind in die zweite Liga abgestiegen.

Das ist nicht zuletzt eine Folge der konzeptlosen Gesundheitspolitik der Berliner Regierung. Sie doktert nur an den Symptomen des kranken Gesundheitswesens herum, packt das Problem aber nicht an der Wurzel. Seit Jahren warnen die deutschen und in der Forschung tätigen Pharmafirmen vor unkontrollierten Eingriffen in ihre Unternehmensstrategie. Aber mit Zwangsrabatten und ähnlichen Blockademitteln haben die Politiker inzwischen sogar ausländische Pharmakonzerne aus Deutschland vertrieben.

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Bayer will fokussieren

Viele Analysten hat es daher überrascht, dass der Bayer-Konzern sich letztlich für die Konzentration auf das Pharmageschäft entschieden hat. Doch da die Suche nach einem Partner für diesen Bereich erfolglos geblieben war, ist Konzernchef Werner Wenning offenbar keine andere Wahl geblieben. Eine Chance hat Bayer, das Pharmageschäft zu einem Erfolg zu machen: Die Gesellschaft muss sich nur die Erfolgsgeschichten der kleineren Konkurrenten anschauen. Schering-Chef Hubertus Erlen gibt die Richtung vor: «Wir werden unsere Produktepalette noch stärker fokussieren», sagt der Vorstandsvorsitzende des Berliner Gesundheitskonzerns.

Mit der noch stärkeren Konzentration auf das Kerngeschäft will Erlen die Profitabilität des Konzerns erhöhen und dem Aktienkurs neuen Schwung verleihen. Seit dem Tiefstand von gut 32 Euro im Februar hat sich der Kurs von Schering zwar inzwischen auf über 40 Euro erholt; von den 74 Euro wie im Herbst 2000 ist der Titel aber noch weit entfernt.

Konzentration bedeutet nicht, dass die deutschen Pharmafirmen alles auf eine Karte setzen. Allerdings beschränken sie sich auf bestimmte Krankheitsgebiete, um dort eine möglichst starke Stellung zu erreichen. Oft ergibt es sich daraus, dass die Unternehmen mit einem Medikament den Durchbruch schaffen so wie etwa die Bad Homburger Altana oder auch die Monheimer Schwarz Pharma mit ihren Magenmitteln Pantoprazol und Omeprazol.

Allein der Erfolg von Pantoprazol beschert Altana seit einigen Jahren anhaltende Rekordzahlen bei Umsatz und Ertrag; in den ersten neun Monaten dieses Jahres stiegen die weltweiten Verkäufe des Mittels um 14% auf 1,7 Mrd Euro. Da Altana diesen «Blockbuster» zusammen mit Partnern vertreibt, bleibt nur ein Teil des Umsatzes in der eigenen Kasse; doch machen auch die erzielten 832 Mio Euro per Ende September immerhin knapp zwei Drittel des gesamten Pharmaumsatzes aus. Wichtig für den weiteren Erfolg ist jedoch, dass auch die Forschungspipeline gut gefüllt ist und andere ähnlich erfolgversprechende Medikamente zur richtigen Zeit eingeführt werden können.

Ungewissheiten bei Altana

Genau darum dreht es sich, wenn Analysten die Aussichten der mittelgrossen Pharmafirmen einschätzen müssen. So ist der Ausblick für Altana etwas gedämpft, weil zum einen die Erwartungen der Analystenschar trotz der deutlichen Zuwächse in den ersten neun Monaten nicht ganz erfüllt worden sind und zum anderen die Zulassung von zwei neuen Asthma-Medikamenten, die man gemeinsam mit Aventis auf den Markt bringen will, noch nicht erteilt ist. Beide Mittel sollen eigentlich schon vom kommenden Jahr an für jährliche Umsätze von jeweils mindestens 2 Mrd Euro sorgen. Je nachdem wie hoch die Analysten die Risiken für eine verzögerte oder gar verhinderte Markteinführung einschätzten, schwanken die Aussagen zwischen «kaufen» und «verkaufen». Das Kursziel für Altana liegt zwischen 48 und 64 Euro.

Ähnlich sieht es bei Schwarz Pharma aus. Hier hat die Nachricht, dass ein US-Konkurrent mit einem Nachahmerprodukt für Omeprazol auf den Markt gekommen ist, für Kurseinbussen gesorgt. Wann immer ein Generikum auf dem Plan erscheint, sacken in der Regel auch die Preise um bis zu 50% ab. Mit einem Aktienkurs von 18 Euro ist Schwarz Pharma derzeit rund 835 Mio Euro wert, und der Abgabedruck wird nach Analysteneinschätzung noch etwas anhalten. Doch auch hier vertrauen einige der Experten auf die gut gefüllte Produktepipeline, die spätestens im dritten Quartal 2004 einen neuen Erfolgsgaranten hervorbringen sollte.

Insgesamt entwickelt Schwarz Pharma derzeit acht Medikamente, die am US-Markt, dem nach wie vor grössten Pharmaabsatzkanal, gut Chancen haben sollten. Allerdings belasten vor der Einführung immer auch hohe Entwicklungskosten und die Aufwendungen für die Markteinführung die Rechnung. Bei der Darmstädter Merck KGaA beispielsweise rechnet man in diesem Jahr dadurch mit Sonderposten von rund 200 Mio Euro, nicht zuletzt durch die anstehende Einführung des Krebsmittels Erbitux in der Schweiz und Europa sowie eines Cholesterinsenker in Grossbritannien.

Familienaktionäre geben Sicherheit

Alles in allem, so urteilen die Branchenbeobachter, hätten die mittelgrossen Pharmaunternehmen gute Chancen, mit einer entsprechenden Spezialisierung im Wettbewerb mit den ganz Grossen der Branche mitzuhalten. Entscheidend sei, dass die Gesellschaften auch die Kraft hätten, mögliche Durststrecken zu überstehen. Bei Altana, Schwarz und Merck dürfte dabei auch die Eigentümerstruktur eine wichtige Rolle spielen hinter allen drei Unternehmen stehen nach wie vor Familieneigentümer.