Die Schwierigkeiten der Credit Suisse mit ihrem Geschäftsmodell unterstreiche das allgemeine Problem, mit dem Banken in ganz Europa konfrontiert seien. Das sagte ein kein Geringerer als Ex-SNB-Chef Philipp Hildebrand in einem Interview mit «Bloomberg Television».
«Wenn man Investoren anziehen will, muss man das richtige Geschäftsmodell haben. Und bei dieser Überprüfung geht es meiner Meinung nach um Klarheit«, so der stellvertretende Vorsitzende des weltgrössten Vermögensverwalters Blackrock am Dienstag. «Das ist es, was den europäischen Bankensektor in vielerlei Hinsicht seit geraumer Zeit heimsucht.»
Es gibt bemerkenswerte Ausnahmen, sagte der ehemalige Schweizer Zentralbanker. Eine davon sei der französische Kreditgeber BNP Paribas.
Credit Suisse verkauft Perlen
Die Credit Suisse bereitet sich darauf vor, den Anlegern nächste Woche einen Turnaround zu präsentieren. Nach Skandalen und Verlusten versucht die Schweizer Grossbank, die Geschäftstätigkeit zu vereinfachen. Dazu wird wahrscheinlich auch ein Sanierungsplan für die Investmentbank gehören. Diese hängt in den Seilen, nachdem sie im letzten Jahr massive Verluste erlitten hatte.
Die Grossbank plant, die Investmentbank zu verkleinern und Teile davon zu verkaufen. Investmentgesellschaften sollen am Geschäft mit verbrieften Produkten der kriselnden Grossbank interessiert sein. Zudem soll die Credit Suisse dabei sein, die US-Vermögensverwaltung zu verkaufen.
Auch sonst verscherbelt die CS ihr Tafelsilber. Zum Verkauf stehen auch Perlen wie das Fünf-Sterne-Haus Savoy Baur en Ville in Zürich. In der Schweiz soll die CS ausserdem daran arbeiten, ihre SIX-Beteiligung zu versilbern – unter anderem. Der Wert dürfte gegen 1 Milliarde Franken gehen.
Will Blackrock CS-Vermögenswerte kaufen?
Laut Hildebrand gibt es gibt aber auch Grund zur Hoffnung: «Die Credit Suisse ist immer noch in den meisten Indizes vertreten, deshalb sind viele unserer Kunden nach wie vor investiert. Ich bin mir auch sicher, dass viele der Meinung sind, dass dies ein attraktives Niveau für einen Wiedereinstieg ist», sagte er auf die Frage, warum Blackrock immer noch in die Schweizer Bank investiert ist.
Hildebrand lehnte es ab, zu sagen, ob Blackrock am Kauf von Vermögenswerten der Credit Suisse interessiert ist – etwa am schon erwähnten US-Vermögensverwaltungsgeschäft. Er fügte hinzu, dass er im Vorfeld der bevorstehenden Präsentation des Sanierungsplans durch den CS-Chef Ulrich Körner nicht spekulieren werde.
Der Blackrock-Manager wurde vor zwei Jahren in der Schweizer Presse als möglicher Kandidat für den Vorsitz der Credit Suisse genannt, als die Bank damals einen Nachfolger für Urs Rohner suchte. Vor mehr als einem Jahrzehnt, als er Präsident der Schweizerischen Nationalbank war, wurde er mit der Aussage zitiert, dass die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz in der Vermögensverwaltung und nicht im Investmentbanking liege.
(bloomberg/mth)
1 Kommentar
Bei der CS war einiges faul, ich denke da an die Skandale um den Hedgefonds Archegos und die Greensill-Fonds. Aber das war längst alles bekannt und das neue Management hat einen Sanierungsplan vorgelegt.
"Das neue Management erweckte nicht den Eindruck, dass es so viel anders vorging als seine Vorgänger. Die Verlustquellen, die damit zu tun hatten, dass es an effektiver Kontrolle durch Leute in verschiedenen Abteilungen fehlte, wurden nicht erkennbar angegangen. Wenn man den Quartalsbericht vom Oktober und den Jahresbericht 2022 las, wurde einem das Bild einer Bank vermittelt, die sich in einem Strudel befindet, der sie immer weiter hineinzog, und eines Managements, das nicht erkannte, wie massiv der Handlungsbedarf war."
Was waren denn für Sie die Warnsignale in den Berichten?
"Zum einen schrieben die Wirtschaftsprüfer, dass die Manager kein Modell hätten, um Risiken bei Bewertungen von Unternehmensteilen zu prüfen. Das Management sagte mehr oder weniger dasselbe: dass es an effektiven internen Kontrollen fehlte. Und dazu konnte man an den Zahlen ablesen, dass die Bewertungen im Konzern kaum angepasst wurden. So war zum Beispiel der Goodwill im Vergleich zu 2021 kaum weiter abgeschrieben worden. In der Holding-Bilanz dagegen wurden die Bewertungen der Beteiligungen drastisch angepasst. Der dort ausgewiesene Verlust betrug ein Mehrfaches der 7,3 Milliarden, die in der Konzernrechnung ausgewiesen wurden. Das ausgewiesene Eigenkapital der Holding schrumpfte um fast die Hälfte. Eine derartige Diskrepanz ist merkwürdig und muss hellhörig machen."
«Nur mit viel mehr Eigenkapital lässt sich das Grossbankenproblem lösen»
Hätte die Credit Suisse mehr Eigenkapital gehabt, wäre das Vertrauen nicht so schnell verloren gegangen, glaubt Ökonom Martin Hellwig.
Der Ökonom Martin Hellwig hält die Abwicklung einer Grossbank für illusorisch. Um dem Problem Herr zu werden, plädiert er für drastische Lösungen.
Von Peter Rohner
am 18.05.2023 - 07:45 Uhr