Die Sonne wandert im Tagesverlauf dem Horizont entlang. Im Sommer steht sie der Jahreszeit entsprechend jeweils höher als im Winter. Solarzellen funktionieren bekanntlich am besten, wenn die Sonnenstrahlen genau im rechten Winkel auf die Solarzellen fallen. Diese Tatsachen sind ja bestens bekannt, und ihnen in der Photovoltaik Rechnung zu tragen, stellt die Ingenieure jedoch immer wieder vor grosse Probleme. Heute sind die meisten Solarzellen ja fest montiert und erbringen ihre höchstmögliche Leistung nur zu einer bestimmten Tageszeit.
Produktionsgewinn bis 30 Prozent
Nicht so die Weltneuheit auf dem Flumroc-Gelände in Flums SG: Die dort kürzlich in Betrieb genommene Photovoltaik-Anlage richtet die photovoltaischen Elemente dank der installierten speziellen Tragseilkonstruktion laufend nach dem Stand der Sonne aus. «Wir erwarten, dass diese Installation 25 bis 30% mehr Energie produzieren wird als eine vergleichbare, fest montierte Anlage», so Kurt Frei, Direktor der Flumroc AG in Flums SG.
Der so produzierte Ökostrom wird über die Solarstrombörse des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (ewz) vermarktet. Das ewz zählt heute als Dienstabteilung der Stadt Zürich zu den zehn grössten Energiedienstleistungsunternehmen der Schweiz und beschäftigt über 1000 Mitarbeitende und 40 Lernende in neun verschiedenen Lehrberufen. Höchster Wert wird auf eine zuverlässige, wirtschaftliche und umweltverträgliche Stromversorgung gelegt. Das ewz betreut zudem die öffentliche Beleuchtung und die Uhren in der Stadt Zürich. Über 220 000 Kundinnen und Kunden in der Stadt Zürich und in Teilen des Kantons Graubünden zählen auf das ewz.
Pionier liefert Tragesystem
Optisch erinnert die «Solar-Wings»-Anlage mit ihrer Seilbahn-Technik an einen Sessellift. Kein Wunder, kommt doch die Technologie des Tragesystems von der Seilbahnherstellerin Bartholet Maschinenbau aus Flums SG.
«Diese Technik hat sich in den letzten 100 Jahren im Seilbahnbau bestens bewährt», betont Verwaltungsratspräsident Roland Bartholet. Die derzeit 320 Solarmodule sind beweglich auf zwei Seilen montiert. Die «Solar Wings» lassen sich in zwei Richtungen drehen, was eine permanente Nachführung der Photovoltaik-Module nach dem Stand der Sonne ermöglicht. Eine automatisierte Computersteuerung stellt sicher, dass die Sonnenstrahlen jederzeit rechtwinklig auf die Solarzellen fallen.
Gerade beim Flumroc-Logistikareal in Flums SG mache das zweiachsig nachgeführte Photovoltaik-System Sinn, weil das Gelände nicht gegen Süden ausgerichtet sei, erklärt Kurt Frei, Direktor der Flumroc AG in Flums SG. Auf den Tragseilen ist noch Platz für 160 weitere Photovoltaik-Module. Diese werden voraussichtlich im Jahr 2011 montiert.
Dem Sonnenverlauf nachgeführte Systeme gab es schon vor der Erfindung der «Solar Wings». Dabei handelt es sich aber meistens um aufwendige und teure Konstruktionen, die für jedes einzelne Modul eine schwere Stützkonstruktion benötigen. Das in Flums installierte «Solar Wings»-System hingegen begnügt sich mit zwei massiven Stützen an den beiden Enden der Photovoltaik-Anlage. Dazwischen stehen im Abstand von rund 35 m Trägerpfosten, die verhältnismässig wenig Gewicht tragen müssen und daher schlank gebaut sind.
«Die Seilkonstruktion ermöglicht eine Nachführung der Solarzellen mit minimalem Energieeinsatz, weil ein Seil gleich mehrere Photovoltaik-Module ausrichten kann», so Seilbahnbauer Roland Bartholet. Ausserdem seien die Solarmodule optimal hinterlüftet, was ebenfalls zu einem Mehrertrag an Solarenergie führe.
Die Bartholet Maschinenbau AG (BMF) mit Hauptsitz in Flums SG ist eine international führende Unternehmung in den Bereichen Seilbahn- und Vergnügungsparkanlagen, Maschinenbau sowie in der Metallverarbeitung. Durch das umfassende und zukunftsgerichtete Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebsangebot geniesst die BMF seit fast 50 Jahren bei ihren Kunden weltweit eine hohe Akzeptanz. Ein motiviertes und qualifiziertes Team von mehr als 200 Mitarbeitern sowie eine moderne Infrastruktur garantieren eine speditive, kundenspezifische Planung und Realisierung von komplexen Projekten.
Neue PV-Anlage bietet Vorteile
Ein weiterer Nachteil der bisherigen dem Sonnenverlauf nachgeführten Photovoltaik-Systeme (PV) ist ihr enormer Platzbedarf. Für einen Solarpark mit 480 Photovoltaik-Modulen müsste mit solchen herkömmlichen Systemen eine grosse Fläche teuren Baulandes verbaut werden. Die «Solar Wings» über dem Flumroc-Logistikareal in Flums SG hingegen schweben auf acht Metern Höhe. Lastwagen können also wie bis anhin ungehindert über das Gelände fahren, die Nutzung des Industrieareals ist somit nach wie vor ohne Einschränkung möglich.
«Dieser Lösungsansatz beeindruckte uns sehr, weil er einen doppelten Nutzen verspricht», so Flumroc-Direktor Kurt Frei. Und er betont: «Unten das Logistikareal, wo täglich viel eingelagert und verladen wird, und darüber eine Photovoltaik-Anlage, die viel Strom produziert.» So verwundert es denn auch nicht, dass die Erbauer der innovativen Solaranlage die «Solar Wings» künftig auch über grösseren Parkplätzen, zum Beispiel bei Einkaufs-Centern und Firmenarealen, installieren möchten. Dort würden die über dem Parkplatz schwebenden Solarzellen, neben ihrem Hauptnutzen als Energieerzeuger, dann auch noch als willkommene Schattenspender dienen.
Auch ein Forschungsobjekt ...
Damit der kalkulierte Mehrertrag der «Solar Wings» von 25 bis 30% gegenüber konventionellen Photovoltaik-Anlagen in der Praxis überprüft werden kann, hat die Flumroc AG auf einer ihrer Lagerhallen eine fest montierte Referenzanlage installiert. Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW Wädenswil ZH) misst laufend die Leistung der beiden Photovoltaik-Anlagen.
Ihre harte Praxisprobe bereits bestanden haben die «Solar Wings» übrigens bezüglich der Windfestigkeit: Als der erste Föhnsturm in diesem Jahr über Flums SG hinwegfegte, legten sich die Photovoltaik-Module automatisch flach und blieben völlig unbeschädigt.