Bis zu diesem Samstag war Ferdinand Piech ein Siegertyp. Der VW-Patriarch hat schon mehrere Manager auch gegen internen Widerstand abserviert und sich in Machtkämpfen meistens durchgesetzt. Kaum jemand hielt es deshalb für möglich, dass der 78-Jährige sein Lebenswerk bei Volkswagen mit einer bitteren Niederlage beenden würde.

Piech hat den Konzern über zwei Jahrzehnte erst als Vorstands- und dann als Aufsichtsratschef geprägt, ihn zur Nummer zwei der Massenhersteller weltweit gemacht. Nun stolperte der VW-Grossaktionär über seinen, für viele nicht nachvollziehbaren Versuch, VW-Vorstandschef Martin Winterkorn aus dem Amt zu drängen.

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Kritiker der Revolte

Die Kritiker dieser Volte im Aufsichtsrat drückten Bedauern über den unrühmlichen Krach aus, der dem Rücktritt Piechs von allen Ämtern vorausgegangen war. Schliesslich ist der Enkel des «Käfer»-Konstrukteurs Ferdinand Porsche in Deutschland eine Gallionsfigur der Automobilindustrie. Von 1993 bis 2002 führte er Europas grössten Autokonzern als Vorstandschef selbst und leitete den Aufsichtsrat seither.

«Ohne zu übertreiben ist festzustellen, dass er eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte ist«, erklärte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Piech habe sich grosse Verdienste um Volkswagen und die gesamte Automobilindustrie erworben, sagte der ehemalige IG-Metall-Chef Berthold Huber, der nun als Piechs Stellvertreter vorübergehend den Vorsitz im VW-Aufsichtsrat übernimmt.

«Mein Harmoniebedürfnis ist begrenzt»

Bis zu seiner krachenden Niederlage setzte der Machtmensch Piech seine Pläne stets gut durchdacht und mit langem Atem durch. «Wenn ich etwas erreichen will gehe ich auf das Problem zu und ziehe es durch, ohne zu merken, was um mich herum stattfindet», erklärte Piech in seiner Autobiografie. «Mein Harmoniebedürfnis ist begrenzt.» Das bekam auch Winterkorns Vorgänger Bernd Pischetsrieder zu spüren.

Der kam mit dem ruppigen Führungsstil des Patriarchen nicht zurecht. Piech war zudem nicht mit dem von Pischetsrieder geplanten Stellenabbau einverstanden. Auch damals kam die erste Botschaft über ein Zeitungsinterview. Dabei hatte Piech Pischetsrieder selbst von BMW in München nach Wolfsburg geholt und ihm nach Meinung vieler Autoexperten ein wenig durchdachtes Markenportfolio vererbt.

Strippenzieher ...

Piechs enormer Einfluss fusst aber nicht nur auf seinem Machtbewusstsein, sondern auch auf seiner grossen technischen Expertise. Der gelernte Maschinenbauer startete seine Karriere 1963 bei Porsche in Stuttgart-Zuffenhausen.
Seinen Ruf als Konstrukteur erwarb er sich bei Audi in Ingolstadt, wo er Entwicklungen von der Aluminium-Karosserie in Leichtbauweise bis hin zum Audi-Quattro-Antrieb vorantrieb - auch wenn nicht alles technisch Machbare immer einen grossen Verkaufserfolg zeitigte. 1988 rückte er an die Spitze der VW-Tochter, die er zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten von BMW und Mercedes machte.

... und Taktiker

Sein Meisterstück als Taktiker lieferte Piech, als der VW-Aufsichtsratschef den Spiess nach der gescheiterten Übernahme von VW durch Porsche umdrehte und der Wolfsburger Konzern sich schliesslich Porsche als zehnte Marke einverleibte. Angetrieben wurde er von der Idee eines Megakonzerns, der vom Kleinwagen bis zum Schwerlaster alles anbietet, was auf den Strassen rollt - bis hin zum Supermotorrad der Marke Ducati.

Piech weitete seine Macht in dem Konzern, den sein Grossvater Ferdinand Porsche gründete, systematisch aus. Seit dem Einstieg der Porsche-Holding als Grossaktionär ist der Porsche-Miteigentümer indirekt auch erheblich an VW beteiligt.

Der Meister des Zweiwortsatzes, wie Piech wegen seiner sybillinischen Aussagen in der Öffentlichkeit genannt wurde, hatte trotz seines hohen Alters enormen Einfluss in dem Konzern. Kaum eine wichtige Entscheidung in dem weltumspannenden Imperium fiel ohne grünes Licht aus Piechs Büro am Familiensitz in Salzburg. Der Vater von zwölf Kindern aus vier Beziehungen wurde in Wolfsburg regelrecht gefürchtet. Privat soll er jedoch auch ein warmherziger Familienmensch sein.

(reuters/moh)