Letztes Jahr wurde der PC-24 noch von Rössern gezogen. Nun ist der Pilatus-Jet erstmals abgehoben. Was haben sie seit dem Rollout am 1. August an ihrem Flugzeug verändert?
Oscar Schwenk*: Wir mussten den Prototypen für die Testflüge vorbereiten. Schliesslich wollten wir nicht einfach einen Schönwetterflug für die Kameras machen. Während der Flüge messen wir bis zu 1000 Parameter. Im PC-24 stecken deshalb über eine Tonne Testequipement. Dazu kommen kilometerweise Kabel für diese Gerätschaften. Das alles hat seine Zeit gebraucht. Nun aber geht es vorwärts. In der letzten Woche waren wir bereits sieben Stunden in der Luft.
Trotzdem war der Erstflug zu Beginn für März angekündigt. Gab es unerwartete Probleme?
Nein, es gab keine Probleme. Wir sind einfach nicht nachgekommen. Es braucht vor dem ersten Flug viele Tests am Boden und diese können wir nicht alleine machen. Involviert ist auch die europäische Luftfahrtbehörde wo wir die Maschine zertifizieren werden. Die haben auch andere Termine. Deshalb brauchten wir etwas länger.
Der Schritt vom Turboprop-Flugzeug zum Düsenjet ist gross. Warum hat Pilatus dieses Risiko auf sich genommen?
Wir bauen einen Twinjet damit wir höher und vor allem schneller fliegen können. Das entspricht dem Wunsch unserer Kunden. Bevor wir mit dem Projekt begonnen haben, fragten wir die damaligen PC-12-Besitzer was sie von einem neuen Pilatus erwarten würden. Vor allem Geschäftsleute wollten mehr Speed, weil sie oft weite Strecken fliegen müssen.
Der PC-24 richtet sich also an die Kunden des PC-12.
Das ist richtig, aber wir wollen uns sicher nicht selber konkurrieren. Wir wollen die Leute abholen, die heute einen PC-12 haben und auch einen Jet kaufen würden. Und wir müssen neue Kunden gewinnen, die gerne einen Pilatus hätten, aber unbedingt einen Jet brauchen.
Was waren die grössten Herausforderungen bei der Entwicklung?
Das Ergebnis aus der Umfrage war, dass die Leute alles beibehalten wollten, was den PC-12 ausmacht, nur schneller sollte das Flugzeug werden. Und das schliesst sich fast aus. Natürlich kann man einen schnellen Reiseflieger machen mit dünnen Flügeln. Aber wenn dieser Flieger dann auf einer kurzen Strecke landen und starten soll, wird es schwierig.
Was mussten Sie sonst noch beachten?
Um auf einer Naturpiste landen zu können wie der PC-12, muss man langsam reinkommen und das geht normalerweise mit einem Jet nicht. Eine weitere Schwierigkeit war das grosse Frachttor, das die Kunden behalten wollten. Genau dort sollten nämlich die Triebwerke hin. Es gab also viele technische Herausforderungen.
Die Entwicklung wird am Ende rund 500 Millionen Franken kosten. Wie setzt sich diese Summe zusammen?
Sehr teuer sind die Tests. Bei einer Neuentwicklung verbringt man viel Zeit im Windkanal. Zudem arbeiten seit acht Jahren eine Menge Leute an diesem Flugzeug. Alleine in den letzten vier Jahren waren 350 Ingenieure am PC-24 dran. Wenn so einer 100'000 Franken verdient, ergibt das schon 30 Millionen im Jahr. Dazu kommt das Material. Man macht viel destructive testing – das heisst, es wird gebaut und wieder kaputtgemacht. Über die Jahre kommt da doch einiges zusammen.
Bei einem so aufwändigen Projekt gibt es sicher schon genaue Vorstellungen, was der PC-24 künftig einbringen soll.
Wir fahren seit langem eine Zweibeinstrategie. Auf der einen Seite haben wir die militärischen Trainingsflugzeuge und auf der anderen Seite die zivilen PC-12 und PC-6 zu denen dann der PC-24 kommen wird. Die beiden Standbeine Militär und General Aviation halten sich im Idealfall etwa die Waage. Der PC-24 soll unser ziviles Angebot ergänzen und rund die Hälfte des dortigen Umsatzes machen. Zwar wird es vom PC-12 grössere Stückzahlen geben, aber der PC-24 kostet dafür etwas mehr.
Der Markt für Business-Jets ist sehr umkämpft. Trotzdem haben Sie an der letzten Ebace 84 PC-24-Flugzeuge verkauft. Und dies obwohl das Produkt damals noch nicht existierte und Pilatus noch nie einen Düsenjet gebaut hatte. Waren Sie einfach zu billig?
Für so einen grandiosen Flieger war das Angebot vielleicht schon zu gut. Aber im Ernst – der Preis war nicht der Grund. Erstens baut Pilatus seit 75 Jahren Flugzeuge. Das kann nicht jeder Hersteller von sich behaupten. Und zweitens machen wir alles für unsere Kunden. Selbst wenn der Kundenwunsch äusserst viel abverlangt, wird er umgesetzt. Unser Support ist sehr bekannt. In den USA haben wir dreizehn Mal hintereinander einen Preis für den besten Kundenservice bekommen.
Die Kunden vertrauen Ihnen also mehr als der Konkurrenz.
Wenn wir sagen das Flugzeug fliegt 360 Knoten, dann fliegt es 360 Knoten oder sehr wahrscheinlich sogar 365 Knoten. Wir stapeln nie hoch. Uns kann man an unseren Versprechen messen. Das Kundenvertrauen haben wir uns über Jahre und Jahrzehnte erarbeitet.
Nun hat sich die Situation in der Schweiz mit dem Ende des Mindestkurses nochmals stark geändert. Spüren Sie schon etwas davon?
Wegen dem Franken verlieren wir keine Flugzeugverkäufe. Stornierungen gab es jedenfalls nicht. Und das Orderbuch für den PC-24 ist ja zu. Die PC-12 verkaufen wir zudem in Dollar, weil die USA unser wichtigster Markt ist. Wenn der Dollarkurs gegenüber dem Franken schwächelt, haben wir halt ein bisschen weniger Marge. So etwas kommt vor.
Muss Pilatus deshalb sparen?
Pilatus spart immer – und das seit 30 Jahren. Wir haben stets die gleichen Tische und Stühle. Wir haben nie ein neues Bürogebäude gebaut. Für uns war klar, dass wir keinen Franken in Beton stecken, sondern alles in Software und neue Produkte investieren. Nun haben wir etwas Geld in der Kasse und müssen ein wenig nachholen, zwar nicht bei den Bürostühlen, aber wir brauchen eine neue Flugzeughalle und ein neues Oberflächenbehandlungszentrum. Auch ein Parkhaus für die Mitarbeiter wurde gebaut.
Das tönt nicht nach Krise.
Ich lege immer wert darauf, dass wir genug Liquidität haben. Denn die Mitarbeiter und das Produkt können noch so gut sein, wenn die Kasse nicht stimmt. Dann ist man auf die Banken angewiesen. Und glauben Sie mir: Die Banken sind die schlechtesten Freunde, wenn es dir schlecht geht. Wir haben deshalb geschaut, dass wir den PC-24 aus eigenen Mitteln fertig machen können. Wir haben genug Cash, dass wird den Flieger selbst dann an den Start bringen könnten, wenn wir nichts mehr einnehmen würden.
Pilatus scheint im Moment ziemlich ausgelastet mit dem PC-12 und PC-24 sowie den militärischen Trainingsflugzeugen. Gibt es weitere Pläne das Angebot noch auszubauen?
Natürlich studieren wir ständig an neuen Ideen. Aber wir haben noch keine Pläne für ein neues Flugzeug. Zuerst müssen wir sehen, dass der PC-24 anständig fliegt. Allerdings sind wir ständig daran, unsere Produkte zu verbessern. Die Software des PC-21 wird beispielsweise stetig weiterentwickelt, heute ist er ein fliegender Computer.
Könnte denn Pilatus nach dem Gripen-Nein nicht einen Kampfjet für die Schweizer Armee bauen? Schliesslich haben Sie jetzt bereits einen Düsenjet entwickelt.
Man sollte zwar niemals nie sagen, aber Pilatus baut keine bewaffneten Flugzeuge. Pilatus will nicht in den Fighter-Markt einsteigen, dafür sind wir zu klein. Unsere Nische sind Trainingsflugzeuge, die so gut sind, dass man von ihnen direkt auf ein hochstehendes Kampfflugzeug umsteigen kann. Aber dort oben machen wir nicht mit.
Hat Pilatus also mit dem PC-24 seine Grenze erreicht?
Wir haben nun etwa 2000 Mitarbeiter und das ist etwa die Grösse die wir wollen. Darauf richten wir auch unsere Infrastruktur aus. Bisher sind wir gewachsen und haben jedes Jahr 150 bis 180 Leute neu eingestellt. Damit ist nun Schluss. Denn wir wollen langfristig funktionieren.
Was heisst das konkret?
Wir wollen den Angestellten anständige Löhne bezahlen und unseren Aktionären eine gute Dividende ausschütten. Dazu müssen wir genug Geld verdienen, um auch in Entwicklungen investieren zu können. Damit wir diese Ziele schaffen, brauchen wir im Schnitt über fünf Jahre gesehen einen Umsatz von etwa einer Milliarde Franken und einen Ebit von 100 Millionen Franken. Wenn wir das erreichen, gehen alle Gleichungen auf.
* Oscar Schwenk ist Verwaltungsratspräsident der Pilatus-Werke in Stans. Der Luzerner arbeitet seit mehr als 30 Jahren beim Nidwaldner Flugzeugbauer. Bis 2012 war Schwenk CEO und VR-Präsident in Personalunion.
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