Wenn die EU den Schweizer Börsenplatz nicht als Dritthandelsplatz anerkennt, dann verlieren die EU-Handelsteilnehmer den Zugang zur Schweizer Börse. Die SIX erfüllt die technischen Voraussetzungen als Dritthandelsplatz. Die Anerkennung droht zum Spielball der Politik zu werden.
Über den Marktzugang zum Börsenhandel zwischen der Schweiz und der EU gibt es keine staatsvertraglichen Regelungen und Abkommen. Im Hinblick auf das neue Drittstaatenregime, das die EU mit der Regulierung für Wertpapier-Dienstleistungen (Mifid II/Mifir) ab nächstem Jahr einführt, war der Schweizer Finanzplatz deshalb auf der Hut.
Nur ein Jahr Zeit
Das hierzulande geplante Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) und das Finanzinstitutsgesetz (Finig) haben zum Ziel, die Standards der EU nachzuvollziehen, damit Brüssel unter anderem die Gleichwertigkeit der Schweizer Börsenregulierung anerkennt. Doch nun will die EU die Anerkennung nur befristet für nächstes Jahr garantieren.
Für die Schweiz ist die drohende Befristung ein Affront. «Wir erfüllen die technischen Voraussetzungen für die Gleichwertigkeit bereits», sagt SIX-Sprecher Julian Chan der Nachrichtenagentur sda. Deshalb erwarte die SIX einen positiven Entscheid.
Differenzen zwischen Fidleg und EU-Regelung
Bei der Anerkennung handelt es sich am Ende um einen politischen Entscheid der EU-Kommission. In der Debatte um das Fidleg hatte Finanzminister Ueli Maurer allerdings auf Differenzen zur EU-Regelung hingewiesen.
Dem neuen EU-Börsenregime (Mifir) unterstellt sind alle Aktien, die in der EU zum Handel zugelassen sind. «Damit sind die meisten an SIX Swiss Exchange gehandelten Schweizer Aktien betroffen», so Chan.
Viel Geld auf dem Spiel
Ohne Anerkennung als Dritthandelsplatz erhalten die EU-Handelsteilnehmer und damit institutionelle und private Investoren in Europa keinen Zugang mehr zum Schweizer Markt. Grosse Handelsvolumen gingen der SIX verloren – die genaue Höhe war nicht bekannt.
Natürlich können viele internationale Aktien auch an anderen Börsen gehandelt werden. Aber in der Regel findet der Handel an den liquidesten Märkten – den Heimmärkten – statt.
Kritik der Bankiervereinigung
Die Börsenhändler in der Schweiz wiederum können weiterhin an den EU-Märkten handeln, auch wenn die Schweiz keinen Status als Dritthandelsplatz kriegt. Denn die EU-Regelung (Mifir) kann nur den europäischen Wertpapierfirmen die Vorgabe machen, Aktien an einem gleichwertigen Drittlandhandelsplatz zu handeln.
Der Schweizer Finanzplatz pocht im Übrigen nicht nur auf die Äquivalenz der Börsenregulierung, sondern auf ebensolche Anerkennungen im Bereich alternative Fonds, Derivateregulierung und weitere. Die Schweizerische Bankiervereinigung kritisierte, dass die EU keinen einheitlichen Massstab für Äquivalenz habe und keine zeitlichen Vorgaben. Die USA-Börsenregulierung wurde von der EU bereits anerkannt.
Die Befürchtung, dass die Gleichwertigkeitsanerkennung bei politischen Verhandlungen von Brüssel als Druckmittel gegen die Schweiz eingesetzt werden kann, scheint sich nun zu bewahrheiten.
(sda/jfr)