Schlagerkönige wie Udo Jürgens, Restaurants und Vergnügungslokale Burger managt sie alle. Seit 40 Jahren ist der Schwamendinger im Unterhaltungsbusiness. Jetzt, mit 60, will er das Älterwerden revolutionieren.
Der Bruder im Gesang steht in der Ecke und wirft ab und zu einen Blick über seine Schultern. Udo Jürgens, zweidimensional aufgezogener Pappkamerad in diesem Falle, hat der Karriere Freddy Burgers vor 30 Jahren den richtigen Schub verliehen. Seither denkt, wer Burger sagt, gleichzeitig Jürgens. Als einzigartig ist die Beziehung zwischen dem Schlagerstar und seinem Manager zu bezeichnen; ein Duo infernal, zu dem sich mit Bigband-Leader Pepe Lienhard ein dritter gesellt, der die Treue zwar nicht über alles, aber über vieles stellt im Geschäft mit Galas, Gagen und grossen Gefühlen. «Udo, Pepe und ich, wir führen eine Doppelehe», feixt der Mann im schwarzen Manchesteranzug, «eine Ehe getrennt von Tisch und Bett natürlich.»
Chilbigehilfe, Hochbauzeichner, Manager
Freddy Burger führt durch die Bildergalerie, die die Wände seines Büros in Zürich-Hottingen ziert. Freddy mit Udo (auf dessen LP «Gestern-Heute-Morgen» er 1996 pfeifend einen Gastauftritt absolviert; Stück 15, «Nichts als Unsinn im Sinn»), Freddy mit Pepe, Freddy mit Rolf Knie, Freddy mit Sammy Davis Jr., Freddy mit Nana Mouskouri, Freddy mit den Rolling Stones, Freddy und der Teleboy. Burger kennt sie alle und alle kennen ihn. Ihn, den Geschäftsmann mit dem dicht gesponnenen Beziehungsnetz, den wortgewandten Selfmademan mit immenser Erfahrung und Einfluss, der aber eines nicht sein will: «En Sibesiech».
Freddy Burger, in zweiter Ehe mit einer Juristin verheiratet, drei Söhne, ein selber entworfenes Haus über dem Greifensee, ehedem Chilbigehilfe, Tschütteler, Eishockeyaner beim ZSC und Gewinner des Limmatschwimmens, sportlich also, bevor ihn ein schwerer Autounfall fast zum Invaliden gemacht hat, legt grössten Wert auf die Feststellung, aus einfachen Verhältnissen zu stammen. Vom Lehrer verspottet («Aus dir wird nie etwas!»), in der Hochbauzeichner-Stifti unter der Autorität des Lehrmeisters leidend. Ein Schwamendinger Bueb, der sich seine eigene Karriereleiter gezimmert und die Sprossen mit Beharrlichkeit, Cleverness und auch ein bisschen Glück genommen hat.
Heute gehören Burger und seiner Gruppe Lokale wie das Zürcher «Mascotte», der «Sonnenberg», das Luzerner Hotel Flora und das «Adagio» mit Ablegern unter anderem in Berlin. Hinzu kommen das Management für Jürgens, Lienhard und Mouskouri (alles Chefsache natürlich) sowie eine Agentur, die Künstler von A wie Alder Buebe über K wie Krüger Mike bis Z wie Züri West vermittelt.
25 verschiedene Firmen umfasst das burgersche Imperium inzwischen, 350 Mitarbeiter stehen auf dessen Lohnliste. Manchmal, sagt der Chef und wirft die Stirn in Falten, werde es ihm schon fast schwindlig, wenn er sich des Ausmasses seiner Unternehmensgruppe gewahr werde. «Im Grunde nämlich bin ich ein ängstlicher Typ, einer, der, nicht anders als andere auch, von Existenzängsten geplagt wird.» Eine Tatsache, die nicht per se negativ sein muss. «Ich habe Entscheide immer erst gefällt, nachdem ich das Worst-Case-Szenario angeschaut hatte und zum Schluss gekommen bin, dass ich mir das Geschäft auch leisten könnte, wenn es in die Hose ginge.» Geld von der Bank, das hat der Burger Freddy nie gewollt.
Das erste grosse Konzert ein Desaster
1965 veranstaltet er sein erstes grosses Konzert: Cliff Richard, Hallenstadion ein Desaster, 20000 Fr. Defizit, ist deshalb nicht in der Lage, den Vertrag mit den Rolling Stones einzuhalten, an deren Konzert wenig später die Stühle fliegen (ein Glücksfall im Nachhinein, dass ein anderer für den Auftritt verantwortlich zeichnete É), heuert bei der seriösen Konzertagentur Schläpfer an, wird Künstleragent, erhält Provisionen, macht seinen Job gut, will Teilhaber der Agentur werden, was beim Besitzer auf taube Ohren stösst, springt ab und gründet 1969 die «Rent-a-Show AG». Und von vorne: Künstler finden, Veranstalter finden, den einen vom anderen überzeugen, den einen zum anderen führen. Und irgendwann merken: «Richtig Geld verdient man erst, wenn man sein eigenes Lokal hat.»
1973 übernimmt Freddy Burger das «Samanthas» am Limmatquai (heute «Limmatbar»), ein Jahr später das «Babaloo» in Bern «einen Nachtklub, einfach ohne Striptease» lässt dort die Fetzen fliegen.
Im Flieger kennengelernt
«Vieles, das ich in meinem Leben erreicht habe, ist aus Zufall heraus entstanden», sagt Freddy Burger, «oder als logische Folge von etwas anderem.» Die Lokale, die Dancings und Restaurants, die Konzerte, die er zwischen 1976 und 1980 mit «Good News» veranstaltet hat, die Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern. Vor allem die Partnerschaft mit Udo Jürgens. Freddy Burger erzählt die Anekdote des geschäftlichen Zusammenkommens mit Aufmerksamkeit gebietender Ernsthaftigkeit; er weiss, eigentlich ist die Geschichte viel zu gut, um wahr zu sein (aber sie stimmt, todsicher, wie er später am Telefon beteuert). «Ich besteige also in Frankfurt den Flieger nach Zürich und zwänge mich durch die Business-Class, als mich jemand am Arm packt und befiehlt, mich hinzusetzen. Es war Udo.»
Zwar habe man sich von gemeinsamen Konzerten her gekannt, aber das Treffen war reiner Zufall. «Zu dir will ich gerade», habe der Schlagerstar gesagt, in sein Jackett gegriffen und einen 16-seitigen Brief hervorgeholt «hier lies.» In dem Schreiben kündigte Jürgens seinem damaligen Manager Hans Beierlein, einer Koryphäe, die Zusammenarbeit auf. Während Burger las und staunte, unterbreitete ihm Udo Jürgens ein Angebot: «Ich will, dass du mein Manager wirst.» Sieben Prozedere des Loseisens später unterzeichneten die beiden 1977 im Beisein der Boulevardpresse einen Kontrakt, der heute noch gültig ist.
Alte Werte feiern ein Revival
Heute, das ist 28 Jahre später. 40 Jahre nachdem Freddy Burger ins Veranstaltungsgeschäft eingestiegen ist. 50 Jahre nachdem ihm der Lehrer eine rostige Zukunft vorausgesagt hat. Am 29. Dezember wird Freddy Burger 60. Er hebt die Augenbrauen. Ein bisschen, man merkt es, beschleicht ihn Unbehagen. Vor vier Jahren schockierte ihn der Arzt mit einer Diagnose, die ihn zur Besinnung gebracht habe. «Da arbeitet man von morgens acht bis abends elf und dann sowas, für mich war das ein Zeichen, ruhiger zu treten.»
Glücklicherweise sei er inzwischen völlig genesen, dennoch, seine Lektion habe er durchaus gelernt. Was nicht heisst, dass Freddy Burger sich vorzeitig aufs Altenteil zurückziehen will. Im Gegenteil. «Ich fühle mich mit 60 fitter als mein Vater es wahrscheinlich mit 40 getan hat.» Man müsse sich doch nur mal bei einem Marathon an den Streckenrand stellen und zählen, wie viele 60-Jährige mitrennen würden. Oder die Zahl der über 100-Jährigen stetig nehme sie zu.
Das sei auch ein wirtschaftlich interessanter Faktor. In einer Gesellschaft, in der selbst die Jungen nach Orientierungspunkten und Halt suchten, in Zeiten, in denen Ankerplätze wie Familie, Glaube, Arbeit oder Politik an Verlässlichkeit verlieren würden, da hätten alte Werte durchaus eine Chance, ist Freddy Burger, der Familien- und Businessmensch, überzeugt.
«Knigge, Ballmusik, Feten, all das wird ein Revival erleben.» Und ganz vorne am Erneuerungszug die Lok Freddy? Burger lacht. Und lehnt sich in seinem Chefsessel zurück. Und ist sich sicher: «Wir 45-er werden das Altwerden neu definieren!»
Das derzeit einzige Konzert von Udo Jürgens in der Schweiz findet am Freitag, 17. März 2006, im Zürcher Hallenstadion statt.
Steckbrief
Name: Freddy Burger
Funktion: Gründer und Chef der Freddy Burger Management-Gruppe
Geboren: 29. Dezember 1945
Wohnort: EbmatingenFamilie: Verheiratet, drei Söhne
Karriere:
- 1965 Erstes Grosskonzert organisiert
- 1967 Übernahme des Managements von Pepe Lienhard
- 1969 Gründung «Rent-a-Show AG»
- 1976-1980 Partner von «Good News Productions»
- 1977 Übernahme des Managements von Udo JürgensFirma
Freddy-Burger-Gruppe
Das Freddy Burger Management (FBM) umfasst 25 Firmen und versteht sich als Partnerin für Entertainment-Gesamtkonzepte. Die drei Kompetenzbereiche: Artist-Management, Event-Management und Gastro-Management. Interne Fachleute sowie eigene Tochterfirmen decken aber auch die Bereiche Public Relations (Publicum pmi AG), Design (Art&Work AG), TV-Produktion (B&B Endemol AG), Projekt-Planung und -Management, Buchhaltung und Treuhand sowie Rechtsberatung ab. Die FBM-Gruppe beschäftigt 350 Mitarbeiter und setzt jährlich rund 120 Mio Fr. um.