Ein Unternehmen ist nichts ohne seine Mitarbeiter. Logisch sind motivierte Arbeitskräfte entscheidend für den Erfolg. Die Schweizerische Post, einer der grössten Arbeitgeber hierzulande, will deshalb jedes Jahr wissen, wie zufrieden die Angestellten sind. So viel vorweg: Beim gelben Riesen sieht es nicht rosig aus.
In den letzten fünf Jahren sank die Zufriedenheit in den meisten Kategorien der Befragung deutlich: So schrumpfte die Sparte Identifikation von 81 von 100 Punkten im Jahr 2013 auf nun 78 Punkte. Die Personalzufriedenheit ging von 75 Punkten zurück auf 73 Punkte und in der Kategorie Engagement sanken die Punkte von 82 auf 80.
Zugenommen hat offenbar auch die Fluktuation: Durch personelle Wechsel nahmen in dieser Kategorie die Punkte von 80 auf 78 ab. Ein positiver Lichtblick hingegen: Um einen Punkt verbessert hat sich die Kategorie Arbeitssituation, die sich etwa aus den Faktoren Vorgesetzte, Mitwirkung, Arbeitsabläufe und Anstellungsbedingungen zusammensetzt.
Vertrauen in die Leitung habe Schaden genommen
Valérie Schelker, Personalchefin der Post, betont, dass die Beurteilung insgesamt noch immer positiv ausfällt: «Die Resultate zeigen, dass die Post als Konzern immer noch auf hohem Niveau unterwegs ist.» Zum schlechteren Abschneiden sagt sie: «In diesen turbulenten Zeiten und aufgrund der grossen Umwälzungen hat das Vertrauen in die Leitung der Post Schaden genommen.»
Dass die Befragung im Vergleich zu vor fünf Jahren schlechter ausfällt, verwundert jedoch kaum. Das Image der Post ist angekratzt. Und das spüren auch die Mitarbeiter. Die Gründe sind vielfältig. Beginnen wir als erstes mit einem Blick auf ein paar aufschlussreiche Zahlen:
- Der Personalbestand schrumpfte von 44’105 Mitarbeiter im Jahr 2013 auf nun 42’316, wie aus dem aktuellen Geschäftsbericht hervorgeht. Das ist eine Abnahme von 1’789 Stellen.
- Die Mitarbeiter fallen heute länger aus: 2013 fehlten sie im Schnitt 11,6 Tage wegen Krankheit oder Unfall. Nun sind es bereits 12,9 Tage.
- Während sich der Durchschnittslohn von 82’695 Franken (2013) auf 83’178 (2017) nur leicht erhöhte, stieg das Durchschnittsgehalt der Konzernleitungsmitglieder in dieser Zeitspanne von 499’281 Franken auf 559’044 Franken – ein Anstieg von fast 60’000 Franken.
Umbau beim Poststellennetz und Postfinance
Gelitten hat das Image der Post vor allem wegen Aubbauplänen und dem Skandal um Postauto. Besonders einschneidend ist für Mitarbeiter und Postkunden der geplante Umbau des Poststellennetzes: Bis 2020 sollen von 1400 Poststellen noch 800 bis 900 übrig sein. Der Grund: Das klassiche Geschäft mit Briefen schrumpft von Jahr zu Jahr, und immer weniger Kunden sind noch auf einen Postschalter angewiesen.
Auffangen will die Post den Abbau mit Partnerfilialen in Tankstellen und Lebensmittelläden. Im Frühling 2017 wehrten sich fast 3000 Poststellen-Angestellte mit einer Petition dagegen. Und forderten «statt eines ständigen Abbaus einen Dialog über die Weiterentwicklung des Bereichs Poststellen und Verkauf». Gebracht hat die Intervention offenbar nichts.
Einen grösseren Abbauplan steht auch bei Postfinance an. Im August wurde bekannt, dass der Postkonzern auch nach Abschluss des Konsultationsverfahrens daran festhält: Bis Ende 2020 fallen 500 Vollzeitjobs weg. Die Post bezeichnet die Veränderung als schmerzhaft, jedoch alternativlos: «Aufgrund des Kredit- und Hypothekenvergabeverbots brechen Postfinance in der aktuellen Negativzinsphase die Margen sukzessiv weg, was zu signifikanten Ertragsrückgängen im Zinsgeschäft führt», heisst es in der Mitarbeiter-Zeitung der Post.
Postfinance investiere in neue Geschäftsfelder und richte das Geschäft auf die zukünftigen Bedürfnisse der Kunden aus. «Wir wollen zur führenden digitalen Bank der Schweiz werden und zu den Top Ten von Europa gehören», sagt Gabriela Länger, Leiterin Arbeitswelt bei Postfinance.
Erst dann kann Ruhe einkehren
Mit den Plänen um Postfinance und den Poststellen befindet sich der Konzern in einem tiefgreifenden strukturellen Umbau – um sich fit zu trimmen für die digitale Zukunft. Dieser Prozess jedoch sorgt für Unsicherheit bei den Mitarbeitern und teils Unverständnis in der Bevölkerung und Politik. Insofern befindet sich die Post in einer heiklen Übergangsphase.
Als wäre das nicht genug, kam dieses Jahr obendrein die widerrechtliche Buchungspraxis bei Postauto ans Licht. Was zuerst als internes Problem bei Postauto abgetan wurde, erschütterte letztlich den ganzen Konzern. Im Juni trat schliesslich Post-Chefin Susanne Ruoff zurück, ad interim übernahm Ulrich Hurni. Bis die Post einen valablen Nachfolger gefunden hat, dürften noch Monate verstreichen. Zudem läuft im Zusammenhang mit der Buchungspraxis bei Postauto noch ein Verwaltungsstrafverfahren des Bundesamts für Polizei (Fedpol). Es wird klären, ob gewisse Personen noch strafrechtlich belangt werden.
Der Postkonzern hat gleich mehrere grosse Baustellen offen. Gelingt es, diese sauber abzuschliessen und Ruhe in den Konzern zu bringen, dürfte sich das Image wieder bessern. Und die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigen.
Aktiengesellschaft im Eigentum des Bundes (100%) Verwaltungsratspräsident Urs Schwaller, Konzernchef ad interim Ulrich Hurni
Umsatz 2017: 7,99 Mrd. Fr.
Gewinn 2017: 420 Mio. Fr.
Mitarbeiter: 42 316 Vollzeitstellen
Dividende 2018 an Bund: 200 Mio. Fr.
Service public: Briefe und Pakete an fünf, abonnierte Tageszeitungen an sechs Wochentagen schweizweit zu gleichen Preisen zustellen; Zahlungsverkehr sicherstellen; 90 Prozent der Bevölkerung müssen zu Fuss oder mit dem ÖV innert 20 respektive 30 Minuten die Zugangspunkte zu Post- respektive Zahlungsverkehrsdiensten erreichen können
Abgeltung des Service public: Briefmonopol bis 50 Gramm; Subvention für Zeitungszustellung; Abgeltung Regionalverkehr
Aufsicht: PostCom, Bakom, Weko, BAV, Finma, EFK
Probleme: Postauto-Skandal, Car Postal France, Weko-Busse von 22,6 Mio. Fr. gegen Briefpost, Kreditverbot bei Postfinance, «Too big to fail»-Auflagen, Revision Postgesetzgebung