Postfinance-Chef Hansruedi Köng will erst Kredite vergeben können und später die Post-Tochter später privatisieren. Es sei ein gutes Zeichen, dass der Bundesrat den Handlungsbedarf erkannt habe und eine Privatisierung der Postfinance ins Spiel bringe, sagte Köng im Interview mit den «Tamedia-Zeitungen» (Ausgabe 08.02.).
Das Kreditverbot müsse fallen, ist Köng überzeugt. Die Privatisierung der Postfinance habe ökonomisch gute Chancen, politisch könne er aber keine Prognose abgeben. Den Forderungen der liberalen Parteien habe der Bundesrat mit dem Vorschlag der Vollprivatisierung Rechnung getragen. Und gegenüber linken Bedenken zur Grundversorgung soll ein konstruktiver Dialog gestartet werden. Postfinance könne auch nach der Privatisierung einen Grundauftrag erfüllen. «Aber es muss klar sein, zu welchen Konditionen.»
«Wenn beide Seiten Wort halten, sollten keine starren Barrikaden entstehen», so Köng weiter. Die Frage sei, ob man der Postfinance eine Entwicklungschance gebe, oder ob man sie zu einem Staatsapparat zurückbaue, der sechs Milliarden Franken Kapital binde und kaum Rendite bringe. In einer Übergangszeit würde die Post wohl Minderheitsaktionärin bleiben und im Gegensatz zu den Kantonalbanken habe die Postfinance bereits heute keine Staatsgarantie mehr.
200 Millionen Franken mehr verdienen
Mittelfristig strebt Köng mit der Postfinance ein Hypothekarvolumen von rund 50 Milliarden Franken an. «Wenn wir darauf unsere Marge um 0,4 Prozent steigern könnten, würden wir pro Jahr 200 Millionen Franken mehr verdienen. Dann wäre die Bank auch bei den Investoren gefragt.» Um abschätzen zu können, wer Postfinance-Aktien kaufen würde - ob Publikums- oder institutionelle Aktionäre -, sei es noch zu früh, so Köng.
Sollte das Parlament die Aufhebung des Kreditverbots und die Privatisierung verweigern, werde die Postfinance allerdings nicht in die roten Zahlen rutschen, ist Köng überzeugt. Die Postbank könne das Ergebnis stabilisieren. Zuletzt seien Milliarden an Anlagen mit einer hohen Rendite ausgelaufen. Dieser Ertragsrückgang werde sich nun abflachen. Die Anlagen, die im laufenden Jahr ausliefen, hätten nämlich eine niedrigere Rendite. Diesen Rückgang könne die Postfinance über den Ausbau neuer Geschäftsfelder kompensieren.
Postfinance-Karte wird verbessert
Helfen werde der Postfinance dabei das weitere Wachstum beim Verkauf von Anlageprodukten und auch die neue elektronische Vermögensverwaltung entwickle sich sehr gut, sagte Köng. «Wir glauben, dass wir das Ergebnis aus dem Jahr 2020 halten können.» Das Jahresergebnis 2020 präsentiert die Postfinance im März.
Im operativen Geschäft sieht Köng für die Postfinance etwa bei Zahlungen im Ausland Nachholbedarf. «Wir werden die Postfinance-Karte deshalb ab nächstem Jahr mit Funktionen der international akzeptierten Debit-Mastercard kombinieren», kündigte er an.
(awp/gku)