Die Postfinance muss sich das Kreditgeschäft wohl abschminken. So und nicht anders ist die Botschaft zu verstehen, die diese Woche von der ständerätlichen Fernmeldekommission übermittelt wurde. Sie beantragte, die Gesetzesänderung, welche der Postfinance den Eintritt in das Hypothekargeschäft erlaubt hätte, gar nicht erst zu traktandieren.

«Nichteintreten» nennt man das im Polit-Jargon. Zurück an den Absender, rät sie dem Parlament, das als Nächstes darüber entscheiden wird, ob es das Gesetz verhandeln will.

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Absage an Postreform von Simonetta Sommaruga

Der Entscheid ist nicht nur eine Ohrfeige für Bundesrätin Simonetta Sommaruga, welche die Postreform aufgegleist hatte. Sie ist auch eine für Postfinance-Chef Hansruedi «Housi» Köng.

Fast schon mantrahaft erklärte er in den vergangenen Jahren die schwindenden Gewinne der Postbank mit den fehlenden Möglichkeiten, Kundengelder über Kredite direkt investieren zu können. Das alte Spiel, die kaum verzinsten Guthaben an der Börse in Obligationen anzulegen, funktionierte nicht mehr, als die Zinsen unter null fielen.

Das Problem: Die Postfinance schien sich selbst an diese Schicksalsfrage zu klammern: Entweder ihr gebt uns das Kreditgeschäft oder wir rutschen in die roten Zahlen. Dieser Poker ging nicht auf.

Breiter Widerstand gegen Hypothekargeschäft der Postfinance 

Die Politik scheint keine Lust zu haben, der Postfinance den vermeintlich einfachen Weg zu öffnen. Und das hat einen simplen Grund: Kaum einer hat Lust auf einen weiteren Konkurrenten im stark umkämpften Hypothekargeschäft. Das Gros der Banken argumentiert ordnungspolitisch: Die staatliche Postfinance habe in diesem Markt nichts zu suchen. Die Bankiervereinigung hat sich öffentlich mehrfach gegen den Wunsch ihres eigenen Mitglieds geäussert.

«Hier kämpfen, wenn nicht Geschwister, dann doch zumindest Cousins und Cousinen gegeneinander.»

Die stärksten Gegner der Postfinance sind aber ausgerechnet die ebenfalls staatlichen Kantonalbanken, die – notabene – teilweise zu den angriffigsten Hypothekarbanken gehören und das Geschäft in den letzten Jahren stark gepusht haben. Vor und hinter den Kulissen lobbyiert der Kantonalbankenverband gegen die Aufhebung des Kreditverbots der Postfinance, was einer gewissen Ironie nicht entbehrt. Hier kämpfen, wenn nicht Geschwister, dann doch zumindest Cousins und Cousinen gegeneinander.

Gerade Kantonalbanken weibeln gegen Kreditgeschäft für Postfinance

Im Parlament können sich die Kantonalbanken auf die nahe an den Kantonsinteressen handelnden Ständeratsmitglieder verlassen. Auf bürgerliche Politiker, die keine Lust auf starke Staatsbanken haben. Und auf Linke, die eine Teilprivatisierung der Postfinance verhindern wollen, die ein Teil des politischen Päckli wäre. Eine toxische Allianz.

Was heisst das für die Postfinance? Sie muss sich wohl damit abfinden, dass das Kreditgeschäft nicht so bald zur Option wird. Und sich überlegen, wo denn eigentlich ihre Kernkompetenzen liegen.

Postfinance muss umdenken und sich auf andere Stärken besinnen

Gerne geht vergessen, dass die Postfinance auch eine Geschichte vor der Nullzinsphase hatte. Eine lange Geschichte. Gegründet wurde der «Postcheck- und Girodienst» der Post im Jahr 1900 über einen politischen Vorstoss des Basler Nationalrats Carl Koechlin. Damals gab es effektiv so etwas wie ein Marktversagen: Die Banken brachten nicht genug Bargeld unter die Leute. Sechs Jahre später wurde auf dem Basler Postcheckamt das erste Konto eröffnet.

Die Postfinance wurde so etwas wie das Rückgrat des Zahlungsverkehrs. Konten, Einzahlungsscheine, international akzeptiere Checks, die eigene Bezahlkarte. Viele Schweizerinnen und Schweizer hatten neben ihrer Bank- auch eine Postcheck-Beziehung, weil die Post etwas anbot, was bei den Banken nicht – oder zu teuer – erhältlich war. Auch der Autor dieser Zeilen hat aus diesen Gründen als Schüler einst ein Postcheck-Konto eröffnet.

«Die vermutlich innovativste Lösung unter dem Dach der Post, das Digitalkonto Yuh, wurde in der Küche von Joint-Venture-Partnerin Swissquote entwickelt.»

Doch wo liegt diese Kernkompetenz heute? Das eigene Giro-Zahlungssystem für Überweisungen hat die Post aufgegeben und mit jenem der Banken fusioniert, die letzten alten Einzahlungsscheine werden dieses Jahr ausgestellt. Die Postfinance-Debitkarte erhält neu ein Mastercard-Logo und funktioniert im Zweifel so, wie jede andere Bank-Debitkarte.

App und Online-Banking der Postfinance halten bestenfalls mit den Lösungen der Banken mit. State of the Art sind sie nicht mehr. Die vermutlich innovativste Lösung unter dem Dach der Post, das Digitalkonto Yuh, wurde in der Küche von Joint-Venture-Partnerin Swissquote entwickelt.

Strategie mit Fokus auf Service public wäre angebracht

Vielleicht wäre es konsequent für Postministerin Sommaruga, der staatlichen Postfinance eine Strategie zu verordnen, die – wie in der Vergangenheit – wieder stärker auf Service public ausgerichtet ist. Und damit sei nicht die nostalgische Forderung nach möglichst vielen Pöstlern und Poststellen gemeint. Sondern die Frage, wo es Dienstleistungen gibt, die für den ganzen Werkplatz von Nutzen sind.

Vielleicht sollte sich die Postfinance als günstigen Abwickler für Kartenzahlungen aller Art positionieren. Vielleicht als Transaktionsbank fürs Gewerbe. Vielleicht als wirklich digitales Unternehmen und nicht nur als behauptetes «digital powerhouse». Denn nebst den juristischen gibt es vielleicht auch ein paar strategisch-organisatorische Gründe, weshalb sich die seit einigen Jahren mit einer Banklizenz ausgestattete Postfinance nie wirklich als Beraterbank etablieren konnte. Sie hat die falsche DNA.

«Wenn Köng seiner Organisation etwas Gutes tun will, sollte er die Postbank schon heute strategisch neu ausrichten. Oder den Platz an jemand Neuen übergeben, der mehr Lust darauf hat.»

Noch ist der politische Weg nicht geschlossen. Zwar sendete die Ständeratskommission mit ihrem Grundsatz-Nein ein starkes Signal aus, das wohl auch im Parlament bestätigt werden dürfte. Doch das «Nichteintreten» muss noch vom Plenum im Ständerat bestätigt werden. Und würde danach der Nationalrat die Gesetzesänderung behandeln wollen, hätte der Ständerat noch einmal eine Chance, den eigenen Entscheid zu hinterfragen.

Und doch sollte Postfinance-Chef Köng nicht zu sehr auf einen Sinneswandel hoffen. Zu lange hat er das fehlende Kreditgeschäft als Begründung für alles Mögliche vorgeschoben. Wenn er seiner Organisation etwas Gutes tun will, sollte er die Postbank schon heute strategisch neu ausrichten. Oder den Platz an jemand Neuen übergeben, der mehr Lust darauf hat.