Die Geschichte musste zu denken geben. «Sie haben uns gesagt, dass unsere Produkte zu teuer sein können, und wir haben Ihnen zugehört», liess Gillette Anfang 2017 seine Kunden wissen und senkte seine Preise um bis zu 20 Prozent. Gillette, die Marke, die Roger Federer unter Vertrag hat und die bei Interbrand auf Platz 25 der stärksten Marken der Welt liegt (Wert: 18 Milliarden Dollar), gleich hinter Ikea und noch vor American Express, stand unter Preisdruck: Das Tabu war gefallen.

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Ein Jahr später kommen die Grossen der Konsumgüter- und Nahrungsmittelindustrie mit ihren Zahlen und es zeigt sich: Gillette ist kein Einzelfall. Im Gegenteil, die Preiserosion läuft und bringt auch Giganten wie Nestlé ins Schwitzen. Grund ist das kompetitive Umfeld im Detailhandel, das es der Industrie immer schwieriger macht, eine Prämie für die Marken abzuschöpfen.

Amazonisierung des Detailhandels

Die Amazonisierung des Detailhandels nimmt Fahrt auf – vor allem in den USA, wo Jeff Bezos und seine Mannschaft mittlerweile 44 Prozent des Online-Handels und 4 Prozent des ganzen Detailhandels abgreifen (siehe Tabelle). «In den USA beginnen 40 Prozent der Konsumenten ihre Suche nach einem Produkt bei Amazon», sagt Bjørnar Jensen, Partner und Leiter Consulting bei Deloitte Schweiz. «Die Vergleichbarkeit der Produkte und Preise nimmt zu.» Zudem seien auf der Plattform dieselben Produkte von verschiedenen Anbietern erhältlich, was den Preiskampf nochmals intensiviere. Amazon – ein moderner Platzhirsch.

Die Situation ist verflixt. Online zieht das ganze Preisgefüge nach unten, doch ohne geht auch nicht. Auf die 200 Millionen Amazon-Kunden weltweit zu verzichten, das können sich nur die wenigsten leisten. «Online ja oder nein? Die Frage stellt sich heute nicht mehr», sagt Miltiadis Athanassiou, Partner bei Bain und Retail-Spezialist. «Wer wachsen will, der muss auf allen Kanälen präsent sein.»

An Amazon führt kein Weg vorbei – trotz den beinharten Bedingungen. Die Suche nach Gillette-Hersteller Procter & Gamble ergibt mehr als 10 000 Treffer; bei Nestlé sind es immerhin noch mehr als 8000 – Welten mehr als bei den Konkurrenten Mondelez (646) und Danone (136).

Doch der Pakt mit Amazon hinterlässt Spuren. Das zeigen die Jahreszahlen. Mondelez International, Hersteller der Ritz Crackers und des Frischkäses Philadelphia, verzeichnet für das vergangene Jahr zwar eine Preissteigerung von 1,5 Prozent, aber einen Preisrückgang in den beiden wichtigsten Regionen Nordamerika (–0,6 Prozent) und Europa (–0,1 Prozent). Das Unternehmen habe es mit einem «kompetitiven Umfeld im Detailhandel zu tun», sagte Brian Gladden der «Financial Times». Der Mondelez-Finanzchef geht davon aus, dass die Preise 2018 im gleichen Umfang nachgeben werden. Auch bei Nestlé sind die Preise ein Thema. Für 2016 rapportierte das Unternehmen Preissteigerungen von 0,8 Prozent, «mit einigen Verbesserungen in der zweiten Jahreshälfte». Weniger zuversichtlich tönte es für die zweite Hälfte 2017. Das Unternehmen sei «vorsichtig», sagte Finanzchef François-Xavier Roger.