Die Schweizer Privatbanken enttäuschten 2016 mit negativen Rekorden: Sie erzielten den grössten Geldabfluss und den geringsten Neugeldzufluss seit langem sowie einen Rekordrückgang bei der Ertragsmarge.
«Von den 60 bis 70 schwach abschneidenden Privatbanken wird mindestens die Hälfte verschwinden», sagt Christian Hintermann, Leiter Advisory Financial Services beim Beratungsunternehmen KPMG. Das entspricht fast einem Drittel der 112 Schweizer Privatbanken.
Zu diesem Schluss führt ihn die Privatbanken-Studie von KPMG und der Universität St. Gallen, die er am Donnerstag vor den Medien in Zürich präsentierte. Für die Studie wurden die Daten von über 80 Schweizer Privatbanken und Private-Banking-Einheiten analysiert. UBS und Credit Suisse wurden mangels Daten ausgenommen.
Kosten immer noch zu hoch
Rund ein Viertel der Banken schrieb laut Hintermann einen Verlust. Operativ hätten die Privatbanken 2016 mit wenigen erfolgreichen Ausnahmen deutlich schlechter abgeschnitten. Das zeige sich unter anderem an der durchschnittlichen Bruttogewinnmarge, die weiter stark gesunken sei, so Hintermann.
Die grossen Bemühungen die Kosten zu senken, konnten die schwindenden Erträgen nicht wettmachen. Die mittlere Ertragsmarge, das Verhältnis des Ertrags zu den durchschnittlich verwalteten Vermögen, schrumpfte um 10 Prozent. «Das ist der mit Abstand grösste Rückgang», betonte Hintermann.
Für die 60 bis 70 Banken mit Resultaten im wachsenden unteren Mittelfeld sowie am unteren Ende sieht KPMG keine andere Lösung, als dass sie die Kosten drastisch um 20 bis 30 Prozent senken. Gemeint seien vor allem Personalkosten, die zwei Drittel der Kosten ausmachten, erklärte der KPMG-Experte.
Ausstiegsstrategie als reale Option
Ohne Massnahmen bleibe nur eine Exitstrategie. Wie schnell weitere Privatbanken verschwinden würden, hänge davon ab, wie lange die Eigentümer Verluste tolerierten.
Die Tatsache, dass die untersuchten Privatbanken den absoluten Reingewinn um 140 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöhten, ist laut Hintermann kein Grund zum Jubeln. Die Steigerung täusche, weil sie auf ausserordentliche Ergebnisse und schlechte Vorjahreszahlen zurückzuführen sei.
Geldabfluss teilweise in Kauf genommen
Neben den Ertragsproblemen zeigt die Studie auch die Schwierigkeiten bei der Kundenakquisition auf. Vielen der kleinen und mittleren Privatbanken werde es auch künftig sehr schwer fallen, überhaupt Neukunden anzuziehen, erwartet Philipp Rickert, Leiter Financial Services bei KPMG.
Im vergangenen Jahr kam es zu einem Rekordabfluss beim Nettogeld von 43 Milliarden Franken - rund 3 Prozent der verwalteten Vermögen (per Ende 2016). Auch grössere Banken hätten keine Neukunden gewonnen, fügte Hintermann hinzu. Besonders nach Übernahmen hätten sie sich sehr rasch auf strategisch interessante Kunden fokussiert, und den Abfluss anderer Kunden in Kauf genommen.
Ein wichtiger Grund für den raschen Abbau dürfte laut KPMG der im Januar in Kraft getretene Automatische Informationsaustausch gewesen sein.
Acht Transaktionen bisher 2017
Nachdem 2016 fünf Privatbanken verschwunden waren, fiel die Gesamtzahl zwischen Jahresbeginn und Ende Juni 2017 um 2 auf 112 (2010: 163). Während sich die Konsolidierung letztes Jahr abgeschwächt hat, rechnet KPMG heuer mit Bewegungen im Rahmen der Vorjahre.
Bis Ende August waren acht Privatbanken-Transaktionen bekannt. Die letzte war der Kauf der Genfer Privatbank Morval durch die grösste italienische Privatkundenbank Intesa Sanpaolo. Dies dürfte nicht der letzte Verkauf einer Privatbank gewesen sein.
(sda/ccr)