Hermann Simon, warum kommen so viele Weltmarktführer aus der Schweiz?
Dafür gibt es eine Reihe von Ursachen: Wegen des kleinen Heimmarktes sind die Firmen gezwungen, sich sofort zu internationalisieren. Ich beobachte selbst bei Neugründungen, dass Unternehmenschefs sagen: «Wir wollen in vier Jahren Weltmarktführer sein.» Das ist in Frankreich, Japan oder den USA ganz anders – da denkt ein Mittelständer gar nicht daran, ins Ausland zu gehen. Die duale Berufsausbildung ist auch ein Grund. Wir haben im deutschsprachigen Raum die besten Fachkräfte der Welt. Und historisch half die Schweizer Uhrenindustrie: Sie lieferte die Grundlage für die heute starke Medizinaltechnik. Denn dort findet letztlich die Anwendung feinmechanischer Kompetenzen auf neuem Gebiet statt.
Viele Weltmarktführer stammen aus der Provinz. Ein Zufall?
Nein. Dort werden die Mitarbeiter nicht abgelenkt, sondern können sich auf die Arbeit konzentrieren, sie stehen nicht im Stau, und die Firmenchefs reisen nicht herum – höchstens zu den Kunden. Die Dezentralisation ist ein Standortvorteil der Schweiz: Wenn man die ganze Intelligenz eines Landes an einem Ort konzentriert wie in London, Paris, Tokio oder Seoul, dann stecken viele Angestellte in der Bürokratie, ohne dass sie ihre Fähigkeiten entfalten können.
Aber es ist leichter, gute Mitarbeiter nach Zürich zu locken als ins Emmental.
Mein Rat: Versuchen Sie nicht, mit den grossen, bekannten Unternehmen in Konkurrenz zu treten, sondern konzentrieren Sie sich auf die Talente in Ihrer Region. Die muss man früh finden, fördern und einbinden, zum Beispiel durch Praktika. Und man sollte natürlich gute Beziehungen zu den Hochschulen in der Region aufbauen. Wenn man von dort Mitarbeiter gewinnt, muss man sie irgendwann ins Ausland schicken, damit sie internationale Erfahrung sammeln. Wenn sie dann zurückkommen, sind das in der Regel extrem loyale Mitarbeiter.
Was muss die Schweiz machen, damit sie weiterhin Hidden Champions produziert?
Beim Venture Capital gibt es immer noch einen Engpass, da muss etwas geschehen. Und die Schweiz braucht mehr Unternehmertypen. Da ist sie zwar nicht schlecht, aber auch nicht vergleichbar mit den USA.
Woher sollen die kommen? Unternehmertypen wachsen nicht auf Bäumen.
Das stimmt. Aber man kann sie fördern. Das fängt in der Schule an durch Kontakte zur Wirtschaft. Und auch in der weiteren Ausbildung muss man junge Menschen immer wieder in Kontakt bringen mit Unternehmern. Diese dienen als Vorbild.