Sie profitieren von den Schwächen der Banken, sie gehen Partnerschaften mit ihnen ein, und sie rekrutieren auch ihren Nachwuchs dort. Oft beendet erst der Tod eines Kunden oder eine Vermögensübertragung die teilweise jahrzehntelangen Klienten-Beziehungen, wie etwa das Beispiel des unabhängigen Vermögensverwalters (UVV) Ernesto Christen zeigt.

Es war für Ernesto Christen eine schöne Karriere: Nach der Banklehre in den 1960er-Jahren fuhr er einige Jahre auf Hochseeschiffen. Kurz vor dem ersten Rohölschock 1973 kam er zurück zur damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft, fing als Kundenberater am Hauptsitz an der Zürcher Bahnhofstrasse an, und es gelang ihm, einen kleinen, aber loyalen Kundenkreis aufzubauen. Ende der 1980er-Jahre gründete er zusammen mit einem Kollegen eine kleine unabhängige Vermögensverwaltung und nahm eine Handvoll Schlüsselkunden als Startklientenportfolio mit. Vor allem einer der Kunden, ein Exilrusse, war aufgrund des hohen verwalteten Vermögens für Christen existenziell wichtig. Denn die weiteren Kunden, alle mit Vermögen von ein bis zehn Millionen Franken, brachten zusammen längst nicht so viel ein, zumal etliche mit Wohnsitzen in der Schweiz und in den Nachbarländern auch bei den verrechneten Gebühren nicht so anspruchslos waren.

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Länger als viele Ehen

Aus der Beratungsbeziehung war schon fast so etwas wie eine Freundschaft entstanden. Der Exilrusse brachte auch regelmässig Aufmerksamkeiten wie Beluga-Kaviar mit, den Christen indes dem Nachbarn weitergab, da dieser in seiner Familie niemandem so richtig schmeckte. Ende der 1990er-Jahre verstarb der vermögende Klient aus Russland. Die Akquisition von neuen Kunden – vor allem Deutschen – erwies sich als schwieriger als erwartet, zumal Christen keine klangvolle Adresse mehr im Rücken hatte, die praktisch automatisch neue Klienten hereinspülte.

Hinzu kam ein anspruchsvolleres Reporting –oder das, was man damals darunter verstand: Die Sekretärin übertrug die Abrechnungen der einzelnen Depotbanken in eine Tabellenkalkulation und erstellte so Übersichten über das Privatvermögen der einzelnen Kunden. Die meisten begnügten sich mit den Jahresabrechnungen, sie wollten lediglich grobe, verkürzte Abrechnungen, wenn sie anlässlich eines Privatbesuchs in Zürich bei Christen vorbeischauten. Im Jahr 2005 verkaufte Christen seinen Kundenstamm an seinen Geschäftspartner.
Auch das ist typisch – 85 Prozent der schweizerischen unabhängigen Vermögensverwaltungsfirmen sind nach 1990 gegründet worden. Die klassischen Firmen «leben» so lange wie ihre Gründer und Besitzer, wie sich ein Vermögensverwalter ausdrückt. Und sie «gehen» mit den Gründern beziehungsweise den Schlüsselpersonen. Etliche Klienten-Vermögensverwalterbeziehungen erstrecken sich über längere Zeiträume als die Ehen der Beteiligten. Schlusspunkt einer Klientenbeziehung ist oft die Übertragung der Vermögenswerte auf die nächste Generation. Eine unzureichende Anlageperformance spielt demgegenüber eine viel kleinere Rolle.
Hinsichtlich des Arbeitsumfeldes und der Firmenstruktur war Christen typisch, wenn man seine Daten mit jenen des Verbandes Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) vergleicht: Mit knapp 100 Millionen Franken verwaltetem Vermögen lag er so ziemlich im Durchschnitt seiner Branche, mit seinen knapp 20 Kunden eher darunter, und mit den vier Vollbeschäftigten inklusive seinen beiden Partnern funktioniert auch die kleine Vermögensverwaltungsfirma, die er mitgeholfen hat aufzubauen und an der er mitbeteiligt gewesen war, so wie fast zwei Drittel aller unabhängigen Vermögensverwalter in der Schweiz.

 

Verändertes Umfeld, veränderte Geschäftsmodelle

Doch das regulatorische Umfeld wird immer anspruchsvoller und das Marktumfeld ebenfalls. «Es wird eine noch viel stärkere Professionalisierung stattfinden müssen, dort, wo sie nicht bereits stattgefunden hat», sagt Timo Dainese, CEO der Zugerberg Finanz. «Die Zeit der Vermögensverwaltungs-Betriebe mit zwei bis drei Mann ist unseres Erachtens vorbei.» Zudem werde künftig mehr inhaltliche Qualität nötig sein. Seine Prognose: «Die Branche wird sich über die Zeit bereinigen.»  

Dass durchaus ein Trend zu Grösse und Spezialisierung der Geschäftsmodelle in der Schweizer Landschaft der unabhängigen Vermögensverwalter zu beobachten ist, zeigt die Umfrage der «Schweizer Bank» bei einigen UVVs. Dies unter anderem auch, weil die Betreuung international verzweigter Unternehmen und Familien immer komplexer wird und im Bereich des Asset-Managements die Nachfrage nach Spezialwissen und entsprechenden Nischenstrategien zunimmt.

Lesen Sie den ganzen Artikel in der neuen «Schweizer Bank».