Selten werden Frühwarnsignale konsequent in Massnahmen umgesetzt. Grund dafür sind häufige Absenzen in der Projektaufsicht, schwindende Ressourcen und monatlicher Projektleiterwechsel. Tatsachen, die im folgenden Praxisfall Probleme frühzeitig angekündigt hätten. Ein erfolgreiches Schweizer Dienst-leistungsunternehmen realisierte konzernweit standardisierte Investitionsprozesse mittels einer bekannten Software. Viele Personen zweifelten an den Erfolgsaussichten aufgrund von divergierender Partikularinteressen. Trotzdem wurde das Projekt ein voller Erfolg. Nicht nur, aber auch wegen eines professionellen Riskmanagements bei der organisatorischen Umsetzung.
Mit drei Risiken alles im Griff
Warum zahlt sich ein modernes Riskmanagement aus? Erstens tendieren Projektleiter dazu, Risiken weniger dramatisch einzustufen, als sie effektiv sind. Zweitens interessieren Risiken in der Projektaufsicht erst dann, wenn irreparabler Schaden vorliegt. Und drittens fehlt meistens der Nachweis von Risikoabhängigkeiten.Abhilfe schafft hier ein integriertes Riskmanagement. Dieses setzt Risikoprioritäten, die auf Interdependenzen der Gefahren basieren. Es kristallisieren sich wenige – aber betreffend Beeinflussungsstärke – zentrale Risiken heraus. Risiken, die alle anderen stark beeinflussen. Im beschriebenen Fall waren dies fehlende Ressourcen, Ausfall von Schlüsselpersonen und eine ungünstige Supportorganisation.Diese an sich unspektakuläre Erkenntnis war verantwortlich dafür, dass eine Business Unit massive Probleme hatte. Die kritischen Risiken, nämlich die unklare Abgrenzung zwischen Projekt und Linie, die fehlende Ownership und die ungünstige Kommunikation, spielten ebenfalls eine wichtige Rolle. Ihre Wirkung ist oft nicht vorhersehbar, weil die Gefahr der unkontrollierten Selbstverstärkung über Rückkoppelung besteht. Die Beeinflussung der passiven Risiken (fehlende Benutzerakzeptanz, schlechte Umsetzbarkeit, Informationsdefizit Linie) erfolgte über die Minimierung der oben genannten Risiken.Passive Risiken dienen als Frühwarnindikatoren. Interessanterweise ergab eine Befragung in deutschen Unternehmen von 2006 als Hauptursachen für gescheiterte Projekte fehlende Ressourcen beim Projektstart sowie Mangel an qualifizierten Mitarbeitern – dieselben Risiken, die wir in unserem Praxisfall angetroffen haben.
Risiken holen Manager ein
Nun stellt sich die Frage, wer eigentlich die Hauptverantwortung für die Risiken in einem Projekt trägt? Der Projektleiter zählt auf eine Projektaufsicht, die auch zwischen den Zeilen liest. Diese erwartet ihrerseits einen selbstkritischen Projektleiter, und die Führung fordert den Projektabschluss wie geplant. Missverständnisse sind programmiert, weil die Verantwortungen oft unklar definiert sind. Als Folge bleiben Risiken ohne Kümmerer. Risikomanagement liegt letztlich in der strategischen, nicht delegierbaren Verantwortung der Projektaufsicht. Daher lautet deren wichtigste Frage an den Projektleiter: «Mit welchen drei Risiken haben wir alle Gefahren im Griff?»Zurück zum Praxisfall: Eine externe Risikoanalyse führte dazu, dass die Führung einer Business Unit über die dramatische Gefahrensituation informiert werden musste. Sämtliche aktiven und kritischen Risiken waren eingetreten. Dennoch konnte das Projekt abgeschlossen werden. Was war der Grund? Ein spezielles Projektmitglied, das über fundiertes Know-how, Businesskenntnisse und eine hohe soziale Kompetenz verfügte, konnte hinzugewonnen werden. Ohne dieses wäre die Führung dieser Business Unit gestolpert.
Quantifizierung für Entscheide
Geld und Angst. Manager reagieren auf diese Motive. Oftmals bleibt Angst als einziger Beeinflussungshebel – Angst vor dem Projektabsturz, der das eigene Image und die Karriere gefährdet. Der für Entscheide notwendige Leidensdruck entsteht erst durch Risikoquantifizierung. Somit ist der Projektleiter als Schadensberechner potenzieller Gefahren gefordert. Dies ist nicht einfach, aber notwendig.Quantifizierte Risikoszenarien mit Mehrkosten, Zeitverzögerungen, Qualitätsabstrichen und Auswirkungen auf andere Projekte müssen präsentiert werden. Nur so macht Risikoanalyse persönlich betroffen. Gute Entscheide basieren auf wenigen – nicht möglichst vielen – Daten und lassen durchaus auch Intuition zu. Die Selektion der zukünftig relevanten Informationen ist dabei die schwierigste Herausforderung. Etwas bleibt: In jedem Risikofaktor steckt immer auch eine Chance. So verstanden wird Risikovermeidung zur vitalen Chancennutzung.Dabei kann externe Erfahrung helfen. Die Vorteile eines externen Supports liegen darin, dass der Externe unabhängig ist und nachweislich als geschätzter Kommunikationskatalysator zwischen den Projektorganen wirkt. Seine Analyse löst erfahrungsgemäss eher Aktivitäten aus als interne Beurteilungen. Auf jeden Fall als günstig erweist es sich, die Risikoabhängigkeiten in das Riskmanagement des Unternehmens zu integrieren.
------
Andreas D. Baumann, Geschäftsführer, ConsultingWorld AG, Zug.