Die Lifestyle-Herberge Misani in Celerina hat schon bessere Zeiten erlebt. Aus dem einstigen Touristenmagnet mit hippen Design-Zimmern ist eine Hotelruine geworden. Und dies an bester Lage im Fremdenverkehrsort nahe St. Moritz. Das Misani gehört dem Luxusvillen-Bauer Patric Simmen, der das Traditionshotel zu einem «Boutique Resort» umbauen möchte. Die Eröffnung war eigentlich auf die Wintersaison geplant.

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Geschehen ist seit Simmens Übernahme im Frühjahr 2017 wenig. Die Gemeinde hat ihn aufgefordert, die Baustelle zu sichern und soweit wiederherzustellen, um das Ortsbild nicht zu verschandeln. Doch der Hotelinvestor lässt die gesetzte Frist verstreichen. Es fehlt schlicht das Geld, wie Simmen in der Lokalpresse einräumt. «Wir prüfen nun weitere rechtliche Schritte gegen ihn», sagt Gemeindepräsident Christian Brantschen. Gegenüber der «Handelszeitung» betont Simmen, ab Mitte August werde in Celerina weitergebaut.

Baumeister der Bosse

Der Liquiditätsengpass im Oberengadin ist das jüngste Kapitel im bewegten Geschäftsleben des Patric Simmen, der die Wohnträume der hiesigen Wirtschaftselite realisiert. Der 47-jährige Immobilienunternehmer startet einst von ganz unten. Er kann als Kind nur dank Essenspäckli der Heilsarmee Weihnachten feiern. Nach einer Lehre als Hochbauzeichner arbeitet er in der IT-Abteilung der UBS. Dort knüpft er rasch Kontakte zu Bankern und bietet sich an, deren Häuser zu entwerfen. Ende der Neunziger Jahre macht sich Simmen selbstständig und erarbeitet sich mit viel Verve und kreativen Ideen einen Ruf als Baumeister der Bosse. Dutzende Villen und Luxusappartments im Speckgürtel um Zürich basieren auf seinen extravaganten Entwürfen. Vor allem in Schwyzer Tiefsteuer-Gemeinden wie Schindellegi oder Wollerau prägt Simmen den Baustil.

Die Liste seiner Kunden liest sich denn auch wie ein Who is Who der hiesigen Wirtschaftsprominenz: Blackrock-Manager Dave Blumer, Avaloq-Gründer Francisco Fernandez, CS-Rechtschef Romeo Cerutti und eine Erbin der Bank Vontobel. Sie alle und viele mehr haben sich die eigenen vier Wände vom Arbeitersohn gestalten oder realisieren lassen.

 

Vor allem im Gespann mit Partners-Group-Milliardär Urs Wietlisbach erlebt Patric Simmen vor einigen Jahren geschäftliche Höhenflüge. Denn Wietlisbach bringt beste Beziehungen, üppige Landreserven und operatives Know-How in die Partnerschaft, während sich Simmen auf die kreative Arbeit konzentrieren kann. Entsprechend hochtrabend sind damals die Pläne: Von einem Börsengang ist die Rede. Der umtriebige Immo-Unternehmer bringt sich im Wirtschaftssendung «Eco» auch als Innenarchitekt für sieben «Schuhmacher Towers» ins Gespräch. Und für einen russischen Holzmagnaten namens Alexander Lepikhov soll Simmen im fernen Osten Russlands eine Villenstadt aus dem Morast stampfen.

Keine glückliche Hand

Man ahnt es. Aus all den Vorhaben wird nichts. Vielmehr überwirft sich Simmen mit Co-Eigner Wietlisbach und der Geschäftsleitung. Fortan ist Simmen auf sich alleine gestellt und beweist bei der Wahl seiner Mitstreiter nicht immer eine glückliche Hand. Der neu eingestellte CEO erweist sich als Titelschwindler. Und mit manch einem Weggefährten endet die berufliche Beziehung im offenen Streit oder gar vor Arbeitsgericht. In der Folge versucht sich der Hausbauer neu zu erfinden, weil die Nachfrage nach Luxusvillen gesunken sei, wie er letztes Jahr in der  «Sonntagszeitung» erklärte: «Heute nur noch auf Luxus zu setzen, wäre am Markt vorbeigeschossen.» Sein Rezept: Als Totalunternehmer eigene Projekte realisieren. In diesem Frühjahr verkündet Simmen dann, er plane «250 einfache und lebenswerte Unterkünfte für Bauarbeiter».

 

Zu diesem Zeitpunkt hat sich Simmens  Lage bereits eingetrübt. Sein Finanzchef und ein langjähriger, enger Mitarbeiter werfen nacheinander das Handtuch. Seine Hausbank Julius Bär streicht dem Immounternehmer einen Kredit über 38 Millionen Franken. Warum die Zürcher Privatbank Simmen den Geldhahn zugedreht hat, bleibt unklar. Die Spannbreite der Aussagen reicht von finanziellen Ungereimheiten bei Simmen bis hin zu Kompetenzüberschreitungen zweier Bär-Kundenberater, die zu deren Entlassung geführt haben soll. Simmen und die Bank wollen sich zu den Gründen nicht äussern.

Kreditoren bedienen

Jedenfalls führt der negative Kreditbescheid Patric Simmen geradewegs in die Liquiditätskrise, wie der Villenbauer in einem Brief an seine Gläubiger Anfang Juni einräumt, in der Simmen um «Stundung Ihrer Forderungen» bittet: Diese Situation sei ausschliesslich dadurch zu begründen, dass unsere Bank eine Hypothekarfinanzierung für unsere Projekte zugesichert hat, welche dann nicht eingehalten wurde, schreibt er und weiter: «Gleichzeitig haben wir unsere liquiden Mittel im Vertrauen auf die Hypothekarfinanzierung in weitere Anlagen und Projekte investiert.» Er bittet im Brief deshalb die Gläubiger, die Zahlungsfrist zu erstrecken.


Im Gespräch mit der «Handelszeitung» gibt sich Simmen gelassen: Man habe zwei Notartermine für Liegenschaftsverkäufe, «mit denen wir unsere Kreditoren vollumfänglich bedienen werden». Gemäss der Lokalzeitung «March-Anzeiger» hat alleine seine Tochterfirma SimmenStyle Betreibungen in der Höhe von 1,5 Millionen Franken. Simmen bestreitet die Zahl und spricht von laufenden Gegenbetreibungen. Seine Projekte seien solide finanziert. Er zahle sich seit vier Jahren keine Dividende aus. Und übrigens  suche man eine neue Hausbank.

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