«The future lies in Plastics», beschreibt der Schauspieler Dustin Hoffmann die Welt von morgen im oscargekrönten Hollywoodstreifen «The Graduate». Das war 1967. Das Kunststoffzeitalter hatte eben erst begonnen. Für die Industrie gibt es zwar keine Oscars dafür aber die Awards, und die Branche steht auf Plastik. Das zeigt die Schweizer Firma Quadrant, die vor wenigen Wochen für ihren neuartigen glasfaserverstärkten Kunststoff Composite (Symalite) den Preis für Innovation in der US-Automobilindustrie eingeheimst hat.
Quadrant bezeichnet sich selbst als «einziger globaler und klar fokussierter High-End-Kunststoffverarbeiter in einem in weiten Teilen noch wenig konsolidierten Markt». Alleine das jährliche Wachstumspotenzial im Composite-Bereich, der bei Quadrant rund ein Drittel vom Umsatz ausmacht, beziffert das Unternehmen mit 10 bis 15%. Diese Aussage begründet sich damit, dass leichte Verbundwerkstoffe in der Automobilindustrie zu den innovativsten Bereichen überhaupt gehören. Denn Navigationssysteme, Klimaanlagen, Telematik: Autos von heute tragen immer mehr Intelligenz mit sich herum und somit auch mehr Gewicht. Um die Autos nicht zu schwer werden zu lassen, müssen sämtliche Bauteile abspecken. Kunststoffe oder hochwertige Verbundwerkstoffe (Quadrant nennt sie Plastic Composites) eignen sich dazu in idealer Art und Weise. Nicht nur zeichnen sie sich durch ein niedriges Gewicht, hohe Festigkeit sowie geräuschdämpfende Eigenschaften aus. Sie sind auch rostfrei und leicht formbar.
Kunststoff statt Metall
Anwendungsmöglichkeiten für die so genannten Plastic Composites in der Automobilindustrie finden sich vor allem beim Struktur- und Innenausbau. Hier treten Kunststoffe immer häufiger in direkte Konkurrenz mit Stahl und Aluminium. Der Werkstoff aus Polypropylen und verstärkten Fasern ist wesentlich leichter, hält aber bis zu drei Mal länger. In Crash-Tests zeigen glasfaserverstärkte Kunststoffe heute überdies vergleichbare Resultate wie herkömmliche Materialien, die Preise liegen aber zwischen 20 und 30% unter denen für Aluminium.
Die Auszeichnung in den USA gewonnen hat Quadrant für das Unterbodensystem der neuen BMW-5er-Reihe, womit Quadrant gleichzeitig den Hauptkonkurrenten Azdel aus dem Rennen geschlagen hat. Was sich in der Autoindustrie in der Entwicklung befindet, dürfe zwar nicht gezeigt werden. «Das sind die Spielregeln», sagt Adrian Niggli, Verwaltungsrat der Quadrant-Gruppe. Immerhin lässt Niggli aber durchblicken, dass Quadrant rund 30 neue Anwendungen in der Pipeline hat.
Zu den weiteren Anwendungen gehören neben Türverkleidungen auch Dachhimmel oder Kofferraumausstattungen. Dazu kommen immer häufiger Modulteile für den Front- und Heckbereich, sowie Sitzschalen für den Innenraum.
Zu den QPC-Endkunden zählt Quadrant heute neben BMW auch DaimlerChrysler, Audi, Peugeot, Rover, Nissan oder Volkswagen. Immer häufiger finden sich die hochwertigen Verbundwerkstoffe aber auch in Strukturbauteilen. So zum Beispiel als Trägerstrukturen für Motor und Radaufhängung für eine neue Volvo-Serie, wie Niggli verrät. Basis ist auch hier eine patentierte Eigenentwicklung von Quadrant.
«Gelingt der Einstieg bei BMW, dann hat Quadrant für die Zukunft gute Chancen», sagt Martin Vögtli, Finanzanalyst bei der Bank Vontobel. Die Jahrestonnage für den neuen Werkstoff von Quadrant liegt heute bei rund 2000 t. Das Unternehmen selbst rechnet bis Ende des Jahrzehnts mit einem Potenzial von über 20000 t. Allerdings wird Quadrant dafür weiterhin grosse Mittel investieren müssen. Zur Herstellung des neuen Werkstoffes hat die Gruppe bereits rund 10 Mio Fr. für den Bau einer Neuanlage aufgewendet. Die Planung sieht weitere Anlagen vor, darunter sind auch Standorte in den USA und Asien möglich.
Flautebedingter Dämpfer
Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, hat im Übrigen auch Quadrant zu spüren bekommen. Auch wenn die Gruppe genaue Geschäftszahlen für 2003 erst Anfang April präsentiert, die Umsatzzahlen sind bekannt. Dabei hat ausgerechnet der Bereich QPC am meisten gelitten. Die Umsätze lagen hier mit rund 126 Mio Fr. ganze 8% unter dem Vorjahr. Diese Abschwächung etwas aufgefangen hat die zweite und wesentlich grössere Geschäftseinheit von Quadrant. Dieser Bereich, der Halbzeuge und Fertigprodukte sowie Spritzgussteile (High-Performance-Plastics) herstellte, setzte 285,4 Mio Fr. um, was einem Rückgang von 2% entspricht.
Markt für Werkstoffe: Kunststoffe auf dem Vormarsch
Neuartige Werkstoffe sind ein Wachstumsmarkt, von dem sich Quadrant in Zukunft ein grosses Stück abschneiden will. Allerdings dürfte auch die Konkurrenz nicht schlafen. Dazu gehört im Bereich Plastic Composites von Quadrant vor allem die amerikanische Azdel-Gruppe, ein Joint Venture von GE Plastics und PPG Industries, sowie Hanwha (Korea) und JGC (Japan). Überdies gibt es auch noch andere Kunststoffanwendungen aus verwandten Bereichen. Hierzu gehört unter anderem als Konkurrent aus Schweizer Sicht Gurit Herberlein, die so genannte Duroplasten herstellt. Diese Werkstoffe sind steifer und fester und werden vor allem auch in der Flugzeugindustrie eingesetzt. Der Nachteil dieser Produkte ist, dass sie nur schwer rezyklierbar sind. Last but not least der Markt für Plastic Composites, wie sie Quadrant herstellt, ist heute bereits viel grösser. Damit liegt auf der Hand, dass sich Quadrant mit Neuentwicklungen auch selbst konkurrenziert.
Quadrant: Letzter Kurs: Fr. 54
Fazit: Akzentuiert sich der Aufschwung noch stärker und Quadrant gelingt es, weitere Projekte in der Autoindustrie zu gewinnen, so hat die Aktie gutes Wachstumspotenzial. Weiterhin belastet wird der Titel dagegen durch ein nach wie vor hängiges Verfahren vor der EBK.