Als Knirps nach seinem Traumberuf gefragt, antwortete Pierin Vincenz stets: «Showstar.» Später erklärte er einmal im Kundenmagazin seiner Bank: «Dieses Gefühl, auf der Bühne vom Publikum bejubelt zu werden, schien mir erstrebenswert.»

Auch heute begibt er sich gerne auf die grosse Bühne: Die Übernahme der St. Galler Privatbank Wegelin rückte den Raiffeisen-Chef ins Rampenlicht. Der Bündner an der Spitze der Genossenschaftsbank hat sich damit endgültig als Drehscheibe der Branche etabliert – als Treiber des durch den Steuerstreit verschärften Konsolidierungsprozesses auf dem Schweizer Bankenplatz. «Es ist für uns eine hervorragende Chance, unsere Erträge zu diversifizieren», sagt Vincenz – und lächelt verschmitzt über den Rand seiner schwarzen Lesebrille hinweg.

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Er geniesst seine Rolle. An der Pressekonferenz von Ende Januar war seine Freude am Deal körperlich spürbar. Strahlend verkündete er den Aufbruch der Kleinkunden- und Hypothekenbank in die Gefilde des Private Banking. Gekauft wurde das Nicht-US-Geschäft von Wegelin und in Notenstein umbenannt. Danach folgte ein medialer Marathon mit unzähligen Interviews samt Auftritt in der Fernsehsendung «Arena».

Meist standen allerdings die kritischen Fragen im Vordergrund. Warum er Raiffeisen durch die Übernahme auf das unsichere Schlachtfeld des amerikanischen und europäischen Steuerstreits ziehe. Wie die so verschiedenen Kulturen denn zusammenpassten. Ob er sich da nicht übernehme.

Grosse Zweifel. Einzelne Kritiker nahmen kein Blatt vor den Mund: Vincenz neige zu «Grössenwahn», urteilte SP-Wirtschaftspolitikerin Hildegard Fässler. Konkurrent Jürg Bucher, Postchef und lange Leiter PostFinance – er hat persönlich ein gutes Verhältnis zu Vincenz, kreuzt in Sachfragen mit ihm aber immer wieder die Klingen –, setzt hinter die Diversifikation ins Private Banking ein Fragezeigen, «weil dieses Kundensegment schlecht zum bodenständigen Image von Raiffeisen passt und die Synergien erst noch zu beweisen sind». Auch in den eigenen Reihen sind noch nicht alle überzeugt: «Es werden breite Diskussionen nötig sein», kündigte der Präsident der Raiffeisenbank Wil, Erwin Scherrer, medial an.

Doch beirren lässt sich Vincenz nicht – im Gegenteil: An Widerstand wächst er. Im Umgang mit Menschen liegt seine vornehmliche Stärke: Er gilt als Taktiker mit Bauchgefühl, als zugänglicher Typ, der zu den unterschiedlichsten Personen einen Draht findet. So gelingt es ihm zuletzt meist, die Reihen hinter sich zu schliessen. Viele ärgern sich über Vincenz – doch unsympathisch findet ihn praktisch keiner.

Wegdrücken lässt er sich ohnehin nicht. Der 55-Jährige verkörpert Gravitas: 1,82 Meter gross, breite Brust, markantes Kinn. Das nötige Selbstbewusstsein bringt er ohnehin mit. Er traue sich fast alles zu, sagen Leute, die eng mit ihm zusammenarbeiten. Auf die Frage, woran er sich bei seinem ersten Bewerbungsgespräch noch erinnere, antwortete er einmal: «Die Frage nach meinen Schwächen fand ich seltsam. Und hatte prompt keine Antwort parat.»

Geboren wurde Pierin Vincenz am 11. Mai 1956 in Andiast, einem 300-Seelen-Dorf gegenüber des Piz Mundaun im Kanton Graubünden. Ein Bergler ist er im Innersten bis heute geblieben, «ein bodenständiger, unverschnörkelter Typ», sagt Sievi Sgier, Gemeindepräsident von Andiast. Sein Vater, Gion Clau Vincenz, ehemaliger CVP-Politiker und Bündner Ständerat, war von 1984 bis 1992 Verwaltungsratspräsident der Raiffeisengruppe. Pierin Vincenz sagt, er habe Raiffeisen daher schon früh aus nächster Nähe kennen gelernt und nie Berührungsängste mit der Genossenschaftsbank gehabt. Zudem habe er den Eindruck gewonnen, aus dieser Bank lasse sich mehr machen.

Lost in Chicago. Die Jugend verbrachte Vincenz im Bündnerland, ging in die Schule des Klosters Disentis, in dessen Stiftungsrat er heute sitzt. An der Hochschule St. Gallen studierte er Betriebswirtschaftslehre. Dann stieg er ins Banking ein, bei Marcel Ospels Basler Bankverein, der später mit der Bankgesellschaft zur UBS fusionieren sollte.

Für den Bankverein war er unter anderem in Chicago. Dort hatte Ospel die Derivateboutique O’Connor gekauft, eine Brigade von Turnschuhbankern, die an Finanzprodukten bastelten. Unter den Mathematikern und Physikern blieb der Bergler ein Fremdkörper – er habe nie richtig begriffen, was die eigentlich machten, pflegte er später im kleinen Kreis zu scherzen. Es zog ihn zu Handfesterem zurück: Für den Fensterstorenhersteller Hunter Douglas baute er in Luzern die Konzernzentrale auf. 1996 folgte der Einstieg bei Raiffeisen, zunächst als Finanzchef, ab 1999 als Chef der Gruppenleitung.

Kurz nach dem Aufstieg auf den Chefposten traf ihn privat das Schicksal: Seine Frau starb an einem Hirnschlag. Mit einem Mal stand er alleine da – mit seinen damals sechsjährigen Zwillingstöchtern Andrina und Lea. Da habe er gemerkt, wie rückständig die Schweiz in der externen Kinderbetreuung sei. Seither setzt er sich für solche Themen ein.

Am Arbeitsplatz lernte er später seine neue Partnerin kennen. Nadja Ceregato ist 13 Jahre jünger und Leiterin der Rechtsabteilung der Raiffeisen-Gruppe. Aus Corporate-Governance-Sicht sind die partnerschaftlichen Bande in der Chefetage der Bank problematisch. Vincenz ist sich der Problematik bewusst: «Schon im ersten Monat, nachdem wir zusammen waren, informierte ich den Verwaltungsrat», sagt Vincenz, «und wir haben Governance-Strukturen geschaffen, sodass direkte Reporting-Linien verhindert werden.» Wichtig sind ihm in dieser Frage Transparenz und die klare Einhaltung der Strukturen.

Im Umfeld der Bank achtet man mit Argusaugen darauf, dass Vincenz den Bogen nicht überspannt. Heikel wurde es, als der «Tages-Anzeiger» berichtete, dass Raiffeisen mit seinem Schwager, Anwalt bei Bratschi, Wiederkehr & Buob, auch zu weiteren Familienmitgliedern geschäftliche Kontakte pflege. Die Bank erklärte, neben anderen arbeite man auch mit dieser Anwaltskanzlei schon seit Jahren zusammen, die interne Weiterverarbeitung von Aufträgen sei Sache der Kanzlei. Dennoch räumt er ein: «Vielleicht haben wir in diesem speziellen Fall etwas zu wenig aufgepasst.»

Nicht überall goutiert wird zudem der reichlich feudale Lebensstil des Bankchefs, der stark mit dem bodenständigen Image von Raiffeisen kontrastiert. Vincenz wohnt in Niederteufen im Kanton Appenzell Ausserrhoden in einem Landsitz mit 5600 Quadratmetern Umschwung – Experten schätzen den Wert des Anwesens auf über zehn Millionen Franken. Hinzu kommen neben einer Wohnung im ehemaligen Familienhaus in Andiast noch ein Ferienhaus im Tessin. «Wohnen und Ferien machen in der Schweiz ist für mich sehr wichtig, es ist im Prinzip ja das Einzige, was ich neben dem Arbeiten mache», sagt er.

Limitierter Lohn. Sein Lohn beträgt zwei Millionen Franken im Jahr. Dies ist die fixe Obergrenze, die nach kontroversen Medienberichten kommuniziert wurde. Früher soll Vincenz gar drei bis vier Millionen kassiert haben, in Relation zum Gewinn also noch mehr als Grossverdiener Marcel Ospel. Bis heute nimmt die Bank dazu keine Stellung.

Die heutige Höhe von zwei Millionen gilt strikt, Zuwendungen von mehreren hunderttausend Franken, die er aus seinen Mandaten in den Verwaltungsräten der Kooperationspartner Vontobel und Helvetia oder der SIX Swiss Exchange bekommt, muss er abliefern. Auch das Salär als frischgebackener Präsident von Notenstein darf er nicht behalten.

Vincenz ist ein Chrampfer, immer aktiv, immer auf Achse. Am Hauptsitz in St. Gallen ist er maximal zwei Tage pro Woche. Dann steht er jeweils um halb sechs auf, geht joggen, macht ein paar Dehnungsübungen. Frühstück gibt es nicht, nur eine Cola light.

Mehr Zeit nimmt er sich fürs Abendessen, am liebsten im Kreis der Familie. Dazu genehmigt er sich gerne ein Glas Wein, vorzugsweise aus den familieneigenen Unternehmen. Vincenz ist in mehreren Weinfirmen im Verwaltungsrat. Dies geht zurück auf seinen Vater, der mit Partnern im Weingeschäft tätig war.

Kurz vor halb acht morgens fährt er mit der PS-starken Limousine in die Tiefgarage des Raiffeisen-Hauptsitzes. Dann geht es mit dem Lift hinauf in sein geräumiges Büro im obersten Stockwerk. Meist aber knüpft er irgendwo in der Schweiz an dem grossen Teppich, der Raiffeisen im Grunde ist. Was unter dem Label Raiffeisen läuft, ist ein Konglomerat von 328 selbständigen Banken in allen Regionen der Schweiz. Jede für sich ein eigenes Unternehmen, mit eigener Führung und eigenem Verwaltungsrat – Hunderte kleine Bankkönige also, mit denen sich Vincenz herumschlagen muss. Er als Gruppenchef ist zuständig für die Koordination der Gruppenaktivitäten, für das Risikomanagement und die Kontrolle. Solidarisch wird gegenseitig gehaftet. Über zehn Milliarden Franken stehen dafür zur Verfügung.

Dieses Polster ist wichtig, steht doch jeder Genossenschafter in einer Nachschusspflicht in Höhe von 8000 Franken. Diese Pflicht bestehe aber nur gegenüber den regionalen Einheiten, in denen man Genossenschafter sei, betont Vincenz. Wegelin sei in der Zentrale in St. Gallen angesiedelt und betreffe die Nachschusspflicht nicht. In der über 100-jährigen Geschichte der Bank sei noch nie ein Genossenschafter zu Schaden gekommen.

One-Man-Show. Wer die Struktur von Raiffeisen kennt, versteht, warum Vincenz dort eine so tragende Rolle bekommen konnte. Wichtig sind in so einem Netzwerk das stete Abwägen von Interessen, die Fähigkeit, eine gemeinsame Basis zu finden, Gespür für regionale Befindlichkeiten und gleichzeitig Durchsetzungkraft – sein kumpelhafter Auftritt, seine Flexibilität und Offenheit machen ihn zum fast idealtypischen Integrator. Da sehen ihm viele nach, dass er in Geschäftssachen oft oberflächlich bleibt und nicht als Mann der Details gilt.

Intern ist die Macht von Vincenz stetig gewachsen. Heute gilt Raiffeisen als One-Man-Show, starke Gegengewichte fehlen. Im Verwaltungsrat ist das Banking-Know-how beschränkt, der Präsident, HSG-Wirtschaftsprofessor Johannes Rüegg-Stürm, ist seit 2008 im VR, aber erst seit einem halben Jahr Präsident. Widerstand erwächst Vincenz am ehesten in den Regionen – so gelten die Tessiner sowie manche Berner und Ostschweizer Bankenchefs als aufmüpfig.

Laut Präsident Rüegg-Stürm spiegelt das öffentliche Bild die Realität nur bedingt – im Innern finde eine breite und sorgfältig auf Dialog abgestützte Entscheidfindung statt. Etwa beim Wegelin-Deal, bei dem Vincenz permanent mit dem Verwaltungsrat in Kontakt gestanden habe. «Die Vorstellung, die Raiffeisen-Gruppe bestehe aus ein paar Hampelmännern, die tanzen, wenn er etwas sagt, ist grundfalsch», sagt Rüegg-Stürm. Der dominante öffentliche Auftritt des CEO sei durchaus im Sinne des VR, personifiziere er damit doch das Unternehmen.

Der Leistungsausweis von Vincenz ist durchzogen. Einerseits hat er die Gruppe erfolgreich auf Wachstum getrimmt und den Marktanteil stark gesteigert, anderererseits gilt Raiffeisen nicht gerade als Massstab der Effizienz: Die Bruttomargen sind tief, die Gewinne stagnieren seit Jahren. Die «Neue Zürcher Zeitung» bemerkte gar, Raiffeisen müsse viel «leeres Stroh dreschen», um das Ertragsniveau halten zu können. Für Vincenz sind dafür zwei Gründe ausschlaggebend: Der gezielte Ausbau mit der Gründung vieler neuer Geschäftsstellen und der Expansion in den Städten verursache zunächst einmal Kosten, bevor die Erträge flössen. Zudem seien die Effizienzziele bei einer genossenschaftlichen Bank vor einem breiteren Hintergrund zu sehen: «Wenn ich McKinsey auf unser Unternehmen losliesse, würden die mit Sicherheit Hunderte von Geschäftsstellen und damit Arbeitsplätze finden, die gestrichen werden müssten. Doch das würde dem Image und der Marke schaden.»

Wenig Gehör hat er auch für den Vorwurf, seine Bank gehe im Hypothekarbereich riskante Wege. Trotz überhitzten Immobilienmärkten gibt sich der Marktführer bei der Kreditvergabe wenig zurückhaltend und setzt weiter forsch auf Volumenwachstum. Die Durchschnittshypothek bei Raiffeisen betrage lediglich 350 000 Franken, ausser in den Boomregionen wie Zürich oder Genf zeige der Markt noch nicht die Anzeichen einer Blase. Nicht jeder teilt diese Einschätzung: Die Ratingagentur Moody’s hat das Rating der Bank im November um eine Stufe auf AA2 herabgesetzt.

Mit dem Kauf von Notenstein vermindert Vincenz sein Bündel an Hausaufgaben nicht gerade. Denn auch diese hat sich in der Vergangenheit nicht als Vorbild für Effizienz gezeigt. So ist die Höhe der verwalteten Vermögen von 21 Milliarden im Verhältnis zur Mitarbeiterzahl von 700 deutlich schlechter als bei vielen Konkurrenten. Ein Arbeitsplatzabbau sei nicht geplant, so Vincenz. Doch auch hier wird er um Veränderungen nicht herumkommen. Das Problem dabei: Know-how in Sachen Privatkundengeschäft gibt es weder im Management noch im Verwaltungsrat. Der einzige Vertreter mit Private-Banking-Background ist Franco Taisch, der vorher bei Julius Bär war. Doch auch er hat keine Fronterfahrung, war er bei Bär doch lange Chefjurist.

Vincenz selber durfte als Verwaltungsrat der Bank Vontobel schon etwas Private-Banking-Luft schnuppern. Doch dies hat ihm vor allem Ärger eingebracht. Raiffeisen hält 12,5 Prozent an Vontobel und ist mit Vincenz im Rat. Dass der Raiffeisen-Mann parallel zu seinem Einsitz munter selber Privatbankenpläne verfolgte, hat die Vontobel-Leute erzürnt. So hat Raiffeisen letzten Herbst auch um die Basler Privatbank Sarasin mitgeboten, die am Ende bei der brasilianischen Safra landete. Vontobel ortete Interessenkonflikte und stellte sich auf den Standpunkt, Vincenz hätte in den Ausstand treten müssen. Das Verhältnis sei seither nachhaltig gestört, erzählen Insider. Vontobel lässt derzeit ein Rechtsgutachten erstellen, das die Rolle von Vincenz klären soll.

Er sieht aber auch neue Chancen der Zusammenarbeit zwischen Vontobel und Notenstein und setzt daher nach wie vor auf die Kooperation. Für die Bedenken aus Vontobel-Reihen zeigt er teilweise Verständnis. «Einen möglichen Austritt von mir muss man prüfen», räumt er ein. Möglicherweise genüge es auch, einfach den Vertreter von Raiffeisen auszuwechseln, um den persönlichen Ressentiments die Spitze zu nehmen. Die Zusammenarbeit war bisher erfolgreich, vor allem auch für Vontobel, die über Raiffeisen viele ihrer Produkte pushen konnte.

Grosser Schritt. Für Raiffeisen ergibt sich mit der Übernahme von Notenstein die Möglichkeit, auf dem vom Verwaltungsrat vorgegebenen Weg der strategischen Diversifizierung den nächsten grossen Schritt zu machen. Nach dem Ausbau des Firmenkundengeschäfts ist dies das zweite grosse Expansionsvorhaben. Es entstamme den vermehrten Wünschen der Kunden nach Private-Banking-Dienstleistungen, sagt Präsident Rüegg-Stürm. Selbstverständlich habe der Verwaltungsrat die Risiken des Deals analysiert, sei aber zum Schluss gekommen, dass die Vorteile überwögen.

Über allem bleibt das Risiko, dass sich die Amerikaner die Raiffeisenbank, die bisher nicht im Zielfernrohr der US-Ermittler war, nun vorknöpfen. Zwar hat man nur das Nicht-US-Geschäft von Wegelin übernommen. Doch erstens ist mit Adrian Künzi ein Ex-Wegelin-Mann, der als Geschäftsleitungsmitglied das US-Geschäft Wegelins mit abgesegnet hat, heute Chef von Notenstein. Zweitens hat auch Raiffeisen 220 US-Kunden mit einem Gesamtvermögen von 58 Millionen Franken, wie die Bank offen angibt. «Das ist aber im Verhältnis zu den 3,5 Millionen Kunden absolut marginal. Wenn man nahe mit dem Scheinwerfer draufgeht, dann gibt es wohl keine Bank in der Schweiz, die nicht wenigstens ein bisschen kontaminiert ist», glaubt Vincenz. Doch Raiffeisen sei nie aktiv im grenzüberschreitenden US-Geschäft gewesen. Dennoch will man die bestehenden Kunden nun loswerden.

Mehr noch als im US-Geschäft ist Raiffeisen mit Notenstein im europäischen Steuerdisput exponiert, hatte die alte Wegelin doch einige Steuersünder vor allem aus Deutschland. Hier will Vincenz weiter gehen als die Strategie der meisten Schweizer Banken, die auf eine Abgeltungssteuer setzen. «Der Trend geht in Richtung des automatischen Informationsausgleichs – das finde ich richtig», betont er. Raiffeisen werde eine der Banken sein, die dies vorantreiben.

Damit dürfte er in grossen Teilen des Finanzplatzes für wenig Freude sorgen. Denn genau diese Forderung der EU versucht die politische Schweiz mit bilateralen Deals abzuwenden, etwa mit dem Steuerdeal mit Deutschland. Das harzige Vorankommen in dieser Frage zeigt möglicherweise, dass diese Strategie nicht aufgehen könnte und die Schweiz am Ende nicht um den automatischen Informationsausgleich herumkommen wird. Es wäre nicht das erste Mal, dass Vincenz mit seiner Einschätzung zunächst provoziert, zuletzt aber richtig liegt.

Seine Offenheit in solchen Fragen zeigt, dass er auch als nobler Private Banker die Rolle des Enfant terrible des hiesigen Finanzplatzes nicht ganz aufgeben mag. Gut möglich also, dass uns Vincenz in Zukunft noch manche kontroverse Bühnenszene liefern wird.