Raiffeisen will die Neuausrichtung der Bankengruppe im laufenden Jahr abschliessen und damit einen Schlussstrich unter die Affäre Vincenz ziehen. Das aktuelle Geschäft läuft laut dem neuen Firmenchef rund.
Der neue Raiffeisen-Chef Heinz Huber, der seit Januar im Amt ist, will die Neuausrichtung der drittgrössten Bankengruppe der Schweiz im zweiten Semester «grösstenteils abschliessen», wie er am Mittwoch an einer Telefonkonferenz zu den Halbjahreszahlen sagte.
Stellenabbau bei «Raiffeisen Schweiz»
Dazu zählt auch der im April angekündigte Stellenabbau in der zentralen Einheit «Raiffeisen Schweiz». Diese wird im Rahmen der Erneuerung der Bank nach der Affäre um den früheren Firmenchef Pierin Vincenz genau unter die Lupe genommen, womit 100 Millionen Franken eingespart werden sollen.
Es sei nach wie vor das Ziel, bis zu 200 der gut 2000 Stellen bei der Einheit abzubauen. In einer ersten Welle sei es zu einem Abbau von 38 Stellen und dabei zu 15 Kündigungen gekommen. Nun seien zwei weitere Wellen geplant.
Abgesehen davon sei es das Ziel, bis Ende Jahr die letzten offenen Posten in der Geschäftsleitung zu besetzen. Im Nachgang der Affäre kam es im Gremium zu Abgängen. Zudem solle am Ende des Jahres die Eignerstrategie feststehen.
Gewinn schmilzt
Die Neuausrichtung hinterliess in den Halbjahreszahlen Spuren. So nahm der Geschäftsertrag um 7,2 Prozent auf 1,52 Milliarden ab, der Geschäftserfolg (operativer Gewinn) um 14 Prozent auf 446 Millionen und der Reingewinn um 15 Prozent auf 355 Millionen.
Allerdings hinkt der Vorjahresvergleich. So wurde im Sommer vor einem Jahr im Rahmen der Neuausrichtung die Privatbank Notenstein La Roche an Vontobel verkauft.
Beim Gewinn schlugen sich verschiedene weitere Effekte nieder. So waren zwar die Kosten rückläufig, doch die Erträge sanken noch stärker. Zudem seien die Gewinnkennzahlen durch eine Abschreibung von 26 Millionen auf dem neuen Kernbankensystem und einer Wertberichtigung von 38 Millionen auf der Leonteq-Beteiligung geschmälert worden.
Die Leonteq-Wertberichtigung erfolgt laut den Angaben wegen der negativen Kursentwicklung. Im Juli hatte Raiffeisen angekündigt, Ankeraktionär beim Derivatspezialisten bleiben zu wollen. Der Anteil von 29 Prozent werde entgegen früheren Plänen nicht abgebaut.
Operatives Geschäft auf Kurs
Ohne den Notenstein-Effekt habe der Geschäftsertrag nur um 3 Prozent abgenommen, wurde betont. Dieser Rückgang sei insbesondere auf tiefere Beteiligungserträge und auf den Rückgang der anderen ordentlichen Erträge zurückzuführen.
Der Nettoerfolg aus dem wichtigen Zinsengeschäft sei hingegen um 1,1 Prozent gestiegen, und dies «trotz angespannter Margensituation». Auch der Erfolg aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft nahm laut den Angaben leicht zu (+0,4%).
«Operativ sind wir auf Kurs», sagte CEO Huber dazu. Ein Beleg dafür sei auch, dass man im ersten Halbjahr 14'000 Kunden gewonnen habe. Der Netto-Neugeldzufluss wurde mit 4,9 Milliarden angegeben. Und die Hypothekarausleihungen stiegen gegenüber dem Stand von Ende 2018 um 1,5 Prozent auf 182,2 Milliarden.
Weniger Hypothekenwachstum
Damit hat Raiffeisen beim Hypothekenwachstum den Fuss vom Gas genommen. «Wir gehen davon aus, dass wir im Gesamtjahr um rund 3 Prozent wachsen werden», sagte Huber. Im Vorjahr waren es noch rund 4 Prozent gewesen. Es handle sich dabei um einen bewussten und planmässigen Rückgang auf das Marktniveau.
Insbesondere bei Renditeliegenschaften sei Raiffeisen heute zurückhaltender, so der CEO. Die Regulatoren sehen bekanntlich in diesem Bereich die grössten Gefahren für eine Blasenbildung. Auch dies ist Teil der Neuausrichtung der Raiffeisen-Gruppe.
(awp/ccr)