Er gilt als einer der zurückgezogensten Milliardäre der Schweiz. Offiziell nahm Rainer-Marc Frey nach dem 1,3 Milliarden Franken schweren Verkauf seines Hedge-Fund-Hauses RMF vom täglichen Finanzgeschäft Abstand – der Work-Life Balance wegen, wie der 45-Jährige im Freundeskreis zu sagen pflegt. VR-Posten lehnt er ab (unter anderem sollen diverse Schweizer Banken bei ihm angeklopft haben), die Öffentlichkeit scheut er von jeher, und selbst bei Horizon21, jener Finanzboutique, die er kurz nach dem Verkauf seiner ersten Firma, RMF, gegründet hat, heisst es, Freys Funktionen würden sich auf die strategischen Tätigkeiten beschränken.

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Doch nun gibt der vermeintliche Frührentner ein eindrückliches Comeback. Kurz nachdem Frey als Gast am Weltwirtschaftsforum (WEF) teilgenommen hatte, wurde bekannt, dass er mit einer bedeutenden Beteiligung bei DKSH einsteigen werde, einem privat gehaltenen Schweizer Handelskonzern. DKSH vertritt – vorwiegend in Asien – über 2000 Markenartikler und übernimmt deren Logistik- und Distributionsprobleme. Sie sorgt in dieser Rolle dafür, dass es in China Lindt-&-Sprüngli-Schokolade, in Malaysia Gillette-Rasierutensilien oder in Singapur edle Montblanc-Füllfederhalter zu kaufen gibt.

Anfänglich war nicht bekannt, wie gross Freys Aktienpaket sein würde. Nun schafft bereits ein kurzer Blick auf die Website der DKSH Klarheit: Frey kaufte sich mit zehn Prozent in das Unternehmen mit Sitz in Zürich ein. Ebenso die Familie Peugeot, der zweite prominente Neuinvestor. Zudem schien über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart worden zu sein. In dieser Frage gibt ein Pressetext der kotierten französischen FFP-Gruppe Auskunft. Sie weist aus, dass die Holdinggesellschaft der Peugeot-Familie mit 80 Millionen Euro bei den Schweizern eingestiegen ist. Ergo bezahlte Frey gleich viel.

Das Engagement Freys erstaunt in mehrfacher Hinsicht. Nicht nur, dass er sich substanziell mit seinem Privatvermögen und nicht via Horizon21 bei DKSH engagiert, sondern auch, dass er sich erstmals in einen Bereich ausserhalb der Finanzbranche vorwagt. Noch dazu in eine traditionelle, auf den ersten Blick beinahe langweilige, margenschwache Branche. Zwar liegen die Umsatz- und Wachstumsraten bei DKSH jährlich im zweistelligen Bereich, der Gesamtumsatz beträgt mittlerweile 8,1 Milliarden Franken, doch liegt die Ebit-Marge mit zwei Prozent (Ebit: 118 Millionen) im Vergleich zu anderen Branchen eher tief. Jedenfalls ist die Rentabilität nicht so, wie es der Hedge-Fund-Crack Frey gewohnt ist.

Was also bewog den Finanzprofi dazu, bei DKSH einzusteigen? Seine persönliche Freundschaft zu Jörg Wolle, dem CEO von DKSH, den er seit einigen Jahren vom Club am Rennweg her kennt? Potenziale, die nur Frey orten kann? Ein erhöhtes Expansionstempo, das die DKSH in Zukunft einschlagen wird und ihr neue Chancen ermöglicht? Mit Robert Peugeot im Verwaltungsrat kann auf dessen exzellentes Beziehungsnetz im französischsprachigen Raum sowie in Afrika zurückgegriffen und dahin expandiert werden, wo DKSH schlecht oder gar nicht vertreten ist. Mit dem Einsitz Freys im Verwaltungsrat wiederum dürfte in der Finanzabteilung ein neuer Wind wehen. «Wir sind uns bewusst, dass wir in einigen Bereichen die Profitabilität steigern können. Vor allem im Bereich der strukturierten Finanzierungen können wir von Rainer-Marc Freys innovativen Lösungsansätzen lernen», erklärt Wolle.

Frey selbst will sich zu DKSH nicht gross äussern. Ausser: «Ich bin schon lange im asiatischen Raum tätig und freue mich, mein Wissen in eine so traditionsreiche Firma einbringen zu können.»

Es bleibt also spannend zu verfolgen, ob der Finanzprofi auch bei einem Unternehmen der Old Economy erfolgreich sein kann. Bereits mehrfach bewies Frey ein gutes Gespür für Trends und Branchenentwicklungen. Ende 2003 prognostizierte er in einem BILANZ-Interview schwierigere Zeiten für die gesamte Hedge-Fund-Branche. Er ging davon aus, dass die hohen Renditen von einst Vergangenheit seien. Nur kurze Zeit später gründete er mit Horizon21 ein Unternehmen, das sich auf alternative Vermögensverwaltung spezialisiert, einen Bereich, dessen Bedeutung gemäss Frey zunehmen wird. Er setzt auf Rohstoffe, Private Equity, Funds of Hedge Funds, Infrastruktur-Anlagen, Insurance Linked Securities. Innert nur dreier Jahre stiegen die verwalteten Vermögen bei Horizon21 auf elf Milliarden Franken.

Der Einstieg Freys bei DKSH dürfte der Auftakt zu einem verstärkten Engagement seinerseits in der Schweizer Wirtschaftsszene sein. Was er auch unumwunden bestätigt: «Ich bin offen für neue Opportunitäten.» Einiges an Cash hat er ja zur Hand.