Seit Anfang dieses Jahres sind sämtliche Räumlichkeiten der Zürcher Kantonalbank (ZKB) rauchfrei. Das betrifft alle Büros, Kundenzonen, Sitzungszimmer, Treppenhäuser, Toiletten und Kantinen. «Wir bieten unseren Mitarbeitenden so den bestmöglichen Schutz vor den gesundheitlichen Auswirkungen des Passivrauchens», sagt ZKB-Sprecherin Corinne Koch. Schon zuvor habe die ZKB Raucher- und Nichtraucherzonen strikt getrennt. Am Arbeitsplatz selbst gelte seit längerem ein Rauchverbot.

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Mit der Massnahme ist die ZKB in guter Gesellschaft. Immer mehr Unternehmen – etwa Novartis oder verschiedene Betriebe des Migros-Genossenschafts-Bundes – haben in den letzten Jahren auf ihren Arealen das Rauchen ganz untersagt und weisen ihre Mitarbeitenden zum Rauchen vor die Tür.

Nichtraucherkurse

Bereits im Herbst 2005 machte die CSS Ernst mit dem Nichtraucherschutz, als Krankenkasse in besonderem Masse um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden bemüht. Seither ist das Rauchen sowohl am Hauptsitz in Luzern als auch in den rund 200 CSS-Agenturen nicht mehr gestattet. Und doch liess man bei der CSS noch etwas Milde für Rauchende walten. «Auf den gedeckten Terrassen darf noch immer geraucht werden», sagt CSS-Sprecherin Sandra Winterberger. Wie die ZKB bietet auch die CSS Nichtraucherkurse an. Letztere unterstützt die Ausstiegswilligen sogar finanziell.

«Ungenügender Schutz in KMU»

Traditionsgemäss – auch aus Sicherheitsgründen – ist das Rauchen in Industriefirmen untersagt. Doch die konkrete Handhabung geht noch immer unterschiedlich weit. Ein vollständiges Verbot gilt etwa bei der Schokoladen-Herstellerin Lindt & Sprüngli. Nicht ganz so kompromisslos zeigt sich dagegen die Model-Holding, weltweit tätige Verpackungsgruppe mit Hauptsitz in Weinfelden. Generell sei der Betrieb zwar rauchfrei, rauchende Mitarbeitende hätten aber die Möglichkeit, in gekennzeichneten Zonen, wozu auch Räume mit Entlüftung gehören, zu rauchen, wie Lilly Janser, Assistentin des CEO, sagt. Auch im Personalrestaurant in Weinfelden gibt es lediglich einen abgetrennten Bereich für Nichtraucher und nicht etwa umgekehrt.

Zwar machen viele Firmen heute mehr in Sachen Nichtraucherschutz als noch vor fünf Jahren. Doch von flächendeckend rauchfreien Betrieben kann noch keine Rede sein. Jürg Hurter von pro aere ortet grossen Handlungsbedarf vor allem bei den KMU. «Noch immer ist gut die Hälfte der Mitarbeitenden nicht vor unfreiwilligem Mitrauchen geschützt», sagt der Präsident der Stiftung, die sich für rauchfreie Luft in diesem Land einsetzt (siehe «Nachgefragt»).

Hurter setzt auf die Initiative Gutzwiller, die unter dem Titel «Schutz der Bevölkerung und der Wirtschaft vor dem Passivrauchen» konsequenten betrieblichen Nichtraucherschutz verlangt. Nach seinem Verständnis, argumentiert der Zürcher FDP-Nationalrat und Präventivmediziner Felix Gutzwiller, habe der Staat nicht viel zu garantieren. Doch die Gesundheit gehöre eindeutig dazu, soweit sie von anderen bedroht sei. Gemäss dem Bericht des Bundesrats zum Schutz vor Passivrauchen vom Frühling 2006 wird jährlich mit 400 vorzeitigen Todesfällen und tausenden von Erkrankungen wegen des Passivrauchens gerechnet. Wirtschaft und Gemeinwesen hätten so Schäden in der Höhe von 500 Mio Fr. zu tragen.

Hinzu kommt das Argument, Raucher verursachten dem Arbeitgeber höhere Kosten. Einerseits, weil sie regelmässig Rauchpausen einlegten, anderseits, weil sie häufiger krank seien als ihre nichtrauchenden Kollegen. Laut einer Studie der Universität Neuenburg ist dies tatsächlich der Fall. Konkret: Nicht weniger als 4 Mio ausgefallene Arbeitstage und geschätzte Gesamtkosten von 3,8 Mrd Fr.

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NACHGEFRAGT | Jürg Hurter, Präsident pro aere, Zürich: «Ohne Vorschriften ändert sich am unhaltbaren Zustand nichts»

Immer mehr Grossfirmen verbieten das Rauchen am Arbeitsplatz ganz oder schränken es massiv ein. Wie steht es in den vielen KMU der Schweiz?

Jürg Hurter: Noch immer sind rund 50% aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Arbeitsplatz nicht vor dem Passivrauchen geschützt. Dies zeigt, dass es die Initiative von Nationalrat Felix Gutzwiller, die rauchfreie Arbeitsplätze

verlangt, unbedingt braucht. Ohne Vorschriften wird sich leider nichts zum Besseren ändern.

Einige Kantone, wie zuerst das Tessin und jetzt Bern, das Wallis und auch Graubünden, machen Ernst mit Nichtraucherschutz.

Hurter: Ja, die Schweizer Tourismuskantone haben die Zeichen der Zeit erkannt. Allerdings geht es dort um Schutzbestimmungen im Gastgewerbe und in öffentlichen Gebäuden. Alle übrigen Arbeitsplätze sind auch in den

erwähnten Kantonen künftig nicht besser als bisher geschützt.

Es gäbe zwar heute schon die Bestimmung, wonach Arbeitgeber für den Schutz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verantwortlich sind, doch es braucht noch immer aufwendige Einzelklagen, um ihn durchzusetzen. Dieser Zustand ist unhaltbar.

Warum gehts in den Firmen so langsam voran?

Hurter: Es mangelt oft an der auch unternehmerischen Einsicht der Arbeitgeber, und einige Chefs meinen, man dürfe ihnen «nicht dreinreden». Hinzu kommt, dass viele Mitarbeitende immer noch Angst vor negativen Konsequenzen haben, wenn sie sich für

ihre Gesundheit wehren.

Ihre Stiftung berät Firmen in Sachen Nichtraucherschutz. Welches sind die häufigsten Fragen?

Hurter: Viele wollen wissen, ob sie ihr Unternehmen ohne weiteres zur rauchfreien Firma erklären dürfen. – Ja klar, sie dürfen. Zudem möchten sie

wissen, wo allfällige Stolpersteine liegen.

Welche gibt es denn?

Hurter: Wir empfehlen: Konsequentes Umsetzen und den Mitarbeitenden ärztliche Hilfe zukommen lassen, wenn sie sich vom Rauchen befreien wollen.

Bis wann haben wir in der Schweiz flächendeckend rauchfreie

Arbeitsplätze?

Hurter: Nächstes Jahr ist es soweit.