Beamte der Strafverfolgungsbehörden betraten am Dienstagmorgen die Zwillingstürme an der Frankfurter Taunusanlage, in denen Deutschlands grösste Bank ihren Hauptsitz hat, sowie die Räumlichkeiten der DWS Group in unmittelbarer Nähe. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt bestätigte einen entsprechenden Bericht von Bloomberg News.
«Wir haben mit allen relevanten Behörden in dieser Angelegenheit voll und ganz kooperiert und werden dies auch weiterhin tun», sagte ein Sprecher der DWS. Ein Sprecher der Deutschen Bank bestätigte die Durchsuchungen.
Die DWS sieht sich mit behördlichen Ermittlungen in den USA und in Deutschland konfrontiert, seit ihre frühere Nachhaltigkeitsbeauftragte Desiree Fixler im vergangenen Jahr an die Öffentlichkeit gegangen war. Die DWS hat die Vorwürfe stets bestritten. Für Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing wirft die Razzia jedoch erneut ein unangenehmes rechtliches Thema auf, das den erfolgreichen Turnaround des Kreditinstituts überschattet.
DWS fielen nach der Meldung um bis zu 4,6 Prozent, Deutsche Bank um bis zu 2,3 Prozent. Nach dem Börsengang der DWS hält die Deutsche Bank weiter 80% der Firma.
Irreführend mit Greenwashing
Fixler sagte unter anderem, dass die Behauptung der DWS, Hunderte von Milliarden ihres verwalteten Vermögens seien «ESG-integriert», irreführend sei, weil das Label keine sinnvollen Massnahmen der betreffenden Fondsmanager nach sich ziehe. Die DWS hat die Verwendung des Etiketts inzwischen eingestellt.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen im Januar nach Medienberichten über Fixlers Behauptungen aufgenommen, teilte die Behörde mit. Die Ermittler hätten inzwischen «zureichende tatsächliche Anhaltspunkte» gefunden, wonach «entgegen der Angaben in Verkaufsprospekten von DWS-Fonds ESG-Faktoren nur in einer Minderheit der Investments tatsächlich berücksichtigt worden sind, in einer Vielzahl von Beteiligungen jedoch keinerlei Beachtung gefunden haben», so die Staatsanwaltschaft. Die Razzia richtet sich gegen «bislang unbekannte Mitarbeiter und Verantwortliche der DWS».
Der Vorstandsvorsitzende der DWS, Asoka Wöhrmann, entliess Fixler im März letzten Jahres und erklärte in einem Memo an die Mitarbeiter, ihre Abteilung habe nicht genügend Fortschritte gemacht. Sie klagte gegen die Entlassung, verlor aber im Januar vor dem Frankfurter Arbeitsgericht
Bis hinauf in die Chefetage
Die Verwicklungen in der Affäre reichen bis in die oberste Führungsebene der Deutschen Bank. So hat sich etwa die Bafin nach der Rolle von Vizechef Karl von Rohr erkundigt, der auch Vorsitzender des DWS-Aufsichtsrats ist. Er war der Hauptempfänger von Fixlers E-Mail, als sie kurz nach ihrer Entlassung zum ersten Mal ihre ESG-Bedenken an die DWS herantrug. Von Rohr trug etwa dazu bei, eine Prüfung ihrer Behauptungen zu arrangieren, die die DWS entlastete, berichten mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Für Wöhrmann ist die Razzia ein weiterer Rückschlag. Er steht intern und extern schon wegen der Nutzung privater E-Mails für geschäftliche Zwecke unter Druck. Auch seine Beziehung zu einem Geschäftsmann bei gewissen Transaktionen wird unter die Lupe genommen. Sewing hat Wöhrmann bisher unterstützt, nicht zuletzt, weil die DWS unter ihm gute Ergebnisse erzielt hat. Aber die negativen Nachrichten haben das Management der Bank verstimmt, wie Bloomberg berichtet hat.
Erst vor etwa einen Monat war die Deutschen Bank zuletzt durchsucht, damals wegen des Verdachts, dass die Bank mögliche Geldwäsche zu spät gemeldet habe. Während Sewing sich seit langem bemüht, die Vergangenheit der Deutschen Bank mit hohen Geldstrafen abzuschütteln und die Beziehungen zu den Aufsichtsbehörden zu verbessern, sind seit seinem Amtsantritt vor vier Jahren immer wieder neue Probleme aufgetaucht.
(bloomberg/tdr)