MSC und die Lufthansa kommen bei der Privatisierung der italienischen Staatsairline ITA überraschend nicht zum Zug. Die Regierung wolle exklusive Verhandlungen über den Verkauf eines Mehrheitsanteils mit dem anderen Bieter, dem US-Finanzinvestor Certares, führen, erklärte das italienische Finanzministerium am Mittwoch. Hinter Certares stehen als Partner Air France-KLM und die US-Airline Delta.
Die Lufthansa hatte sich für eine Übernahme von ITA mit der Genfer Reederei MSC zusammengetan, die den Löwenanteil gekauft hätte. Zwischenzeitlich galt in dem seit Jahresanfang laufenden Prozess das Duo Lufthansa/MSC als bevorzugter Käufer.
Italiens Regierung will Veto bei Strategie behalten
Die Lufthansa nehme die Entscheidung zur Kenntnis, erklärte ein Unternehmenssprecher. «Wir sind weiter der Überzeugung, unser Angebot mit MSC wäre die bessere Lösung gewesen. Aber offenbar geht man den Weg mit mehr Staatseinfluss und keiner vollständigen Privatisierung.» MSC lehnte einen Kommentar ab.
Einem Insider zufolge wollten Lufthansa/MSC einen Anteil von 80 Prozent für 850 bis 900 Millionen Euro übernehmen. Die Offerte von Certaris belief sich auf nur 60 Prozent Beteiligung zum Preis von 600 Millionen Euro. Das würde der Regierung ein Veto bei strategischen Fragen und ein Recht zur Besetzung des Chefpostens sichern, sagte der Insider.
Italien als wichtiger Luftfahrt-Markt
Für die Lufthansa ist Italien der wichtigste Auslandsmarkt in Europa. Die Übernahme von ITA zusammen mit MSC wäre ein Weg gewesen, das wichtige Norditaliengeschäft weiterzuentwickeln, erklärte Johannes Braun, Branchenanalyst von Stifel Research. «Das wäre mit ITA einfacher gewesen, ist aber ohne ITA nicht unmöglich.» Die Lufthansa könnte zum Beispiel mit ihrer italienischen Tochter Air Dolomiti wachsen.
Aus Sicht der Investoren sei es eine Erleichterung, wenn Lufthansa für ITA kein Geld hinlege, ergänzte Braun mit Blick auf die lange, verlustreiche Geschichte der ITA-Vorgängerin Alitalia. «Es herrschte viel Skepsis über den ITA-Einstieg der Lufthansa.» Lufthansa-Aktien notierten dennoch im Minus.
Wahlen in Italien als Unsicherheitsfaktor
Unklar ist, ob die mit Certares zusammenarbeitenden Airlines finanziell einsteigen werden oder nur kommerziell im Flugbetrieb mit ITA kooperieren. Eine Übernahme von Alitalia durch Air France war 2008 am Regierungswechsel zu Silvio Berlusconi gescheitert. Auch dieses Mal änderte eine Regierungskrise den Kurs bei der Airline-Privatisierung. Nach dem Rücktritt der Regierung unter Mario Draghi wird am 25. September neu gewählt.
Die aussichtsreiche Rechtspartei Brüder Italiens hatte ein Aussetzen der Privatisierung gefordert und sich für den Erhalt einer Staatsairline ausgesprochen. Die noch amtierende Regierung Draghi, bei dem die Lufthansa um einen Zuschlag geworben hatte, will bis 10. September eine vorläufige Kaufvereinbarung schliessen. Ob die Übernahme dann im vierten Quartal abgeschlossen wird, bleibt angesichts der Wahl unsicher.
(reuters/gku)
1 Kommentar
Die Lufti und MSC werden noch froh sein. Das ist ein Finanzgrab erster Güte wenn der Staat mitwurstelt und erst die Gewerkschaften.