Die Genossenschaftsform liegt mir sehr, weil es keine Exzesse wie bei Aktiengesellschaften gibt», sagt Regula Pfister während eines Mineralwassers im Restaurant Rigiblick. Man könne den Verdienst immer wieder reinvestieren - im Jahr 2004 immerhin 13 Mio Fr.
Natürlich meine der Revisor gelegentlich, dass es vorteilhaft wäre, vermehrt in Liegenschaften zu investieren und sich von der Gemeinschaftsgastronomie mit der geringen Rentabilität zu verabschieden. Aber Gewinn sei doch nur die eine Seite, sagt sie.
Und was ist die andere? «Wir wollen Arbeitsplätze schaffen und der Bevölkerung gute Restaurants zur Verfügung stellen.» Regula Pfister meint damit zum Beispiel den kürzlich wiedereröffneten «Rigiblick» in Zürich, in den die Genossenschaft 15 Mio Franken investiert hat.
Das sind schöne Worte. Aber in der Gemeinschaftsgastronomie tobt seit Jahren ein Preiskrieg, der alles andere als schön ist. Wenn Firmen fusionieren, dann fallen Betriebsrestaurants weg. Und auch eine Mensa soll möglichst rentabel sein.
Wenn das Führen von Personalrestaurants überhaupt noch als Unternehmensaufgabe gilt, dann soll der Gemeinschaftsgastronom Risiken selbst tragen. So haben die ZFV-Unternehmungen 4 Mio Fr. ins Personalrestaurant «Cityport» in Oerlikon investiert, in dem die Mitarbeitenden der ABB und UBS essen.
Aggressive Akquisition
Entsprechend aggressiv wird im Markt akquiriert und das eigentlich immer von denselben: Von der SV-Group, der welschen DSR, der Compass Group und den ZFV-Unternehmungen. Vor dem Jahr 1995 waren die ZFV-Unternehmungen bei solchen Ausschreibungen kaum dabei. Damals, als Regula Pfister die Vorsitzende der Geschäftsleitung wurde, machte die Genossenschaft noch 47 Mio Fr. Umsatz im Jahr 2004 waren es 100 Mio.
«Anfangs mussten wir ganz einfach den Untergang verhindern», sagt Regula Pfister. In den Restaurants Zürichberg und Olivenbaum gab es grosse Probleme, die mit der Gemeinschaftsgastronomie nicht aufgefangen werden konnten. In einem nächsten Schritt wurde diversifiziert und expandiert. «Allein in der Restauration sind wir in ganz verschiedenen Märkten tätig; wir decken die Palette vom Studenten-Menü für 5.40 Fr. bis hin zum Gourmet-Menü für 135 Fr. ab.»
Die Einkäufe werden zum Teil zentral geregelt. Eine schlanke Zentrale erledigt das Finanzwesen und das Personelle für alle Betriebe. Ansonsten verlaufen die Prozesse dezentralisiert. Wer angestellt wird, entscheiden die einzelnen Betriebsleiter. «Die Betriebe sollen sich um die Gäste kümmern und nicht ihre Ressourcen in Administrativem verlieren», sagt Regula Pfister. Folglich ist die Standardisierung gering. Jeder Betrieb hat ein eigenes Gesicht.
Aufgrund dieser hohen Autonomie der einzelnen Betriebe könnten diese sich den Werten der ZFV-Unternehmungen entfremden.
Wie hält Regula Pfister die relativ lose und heterogene Struktur zusammen? «Wir realisieren dialogische Prozesse zwischen ähnlichen Sparten», sagt Regula Pfister. Die Verantwortlichen der verschiedenen Bereiche - etwa Banken, Hotels oder Universitätsbetriebe - treffen sich periodisch, um Erfahrungen auszutauschen. Solche Meetings finden auch auf der gesamtunternehmerischen Ebene statt: Rund dreimal pro Jahr treffen sich alle Betriebsleiter.
Bei Konflikten einzugreifen, falle ihr gelegentlich schwer. «Aber ich agiere nicht aus persönlichem Interesse, sondern im Interesse des Unternehmens. Bei einem grossen Unternehmen laufe immer etwas nicht gut», sagt Regula Pfister, «dann interveniere ich. Möglicherweise bin ich ein bisschen zu wenig vor Ort, wenn es gut läuft.»
Teils reiche es bei einer Krise auch aus, einen Betriebsleiter in einem anderen Betrieb einzusetzen. Grundsätzlich gäbe sie viel Vertrauen und lasse die Leine lang. «Wenn das jemand missbraucht, dann wird diese Leine sehr schnell sehr kurz.» Beruhen diese Entscheidungen auf Emotionen oder Rationalität? «Je älter ich werde, desto intuitiver entscheide ich.»
Dies sei auch bei Einstellungsgesprächen so. Sie achte in erster Linie darauf, ob jemand in die Unternehmenskultur passe - und erst dann auf Zertifikate.
Sozial engagierte Firma
«Der Biss muss bleiben», sagt Regula Pfister - wie damals, als sie einstieg und das Unternehmen noch rote Zahlen schrieb. Erfolg könne träge machen, und das sei eine Gefahr. «Aber wir versuchen, ständig in Bewegung zu bleiben; wir sind stets am Reorganisieren, ein Prozess, der nie abgeschlossen ist.»
Das Unternehmen schreibt schwarze Zahlen, die Existenz ist gesichert. Dieses Jahr feiern die ZFV-Unternehmungen das 111-Jahr-Jubliäum. «Ein geeigneter Zeitpunkt, um über unsere Unternehmenskultur nachzudenken: Wer sind wir? Wo wollen wir hin?», fragt Regula Pfister.
Diese Überlegungen sind historisch relevant für die Genossenschaft, in der man sich seit der Gründung im Jahr 1894 sozial engagiert hat. Sie hiess erst «Zürcher Frauenverein für Mässigung und Volkswohl» und danach «Zürcher Frauenverein für alkoholfreie Wirtschaften» und alkoholfreie Restaurants waren vor 100 Jahren noch eine echte Innovation.
Das Unternehmen will auch weiterhin 1% der Umsätze der Eigenbetriebe - im letzten Jahr immerhin 250000 Fr. - für die Bekämpfung von Alkoholmissbrauch und für soziale Projekte einsetzen.
Als neues Geschäftsfeld fokussiert Regula Pfister das Führen von Altersresidenzen im mittleren Segment. «Wir haben jemanden eingestellt für dieses neue Feld und wollen bis Ende Jahr ein bis zwei Projekte realisieren.»
Bevor wir das Restaurant Rigiblick verlassen, verlangt Regula Pfister die Rechnung für die Getränke. «Das habe ich gleich 1995 eingeführt; alle haben ihre Konsumationen selbst zu bezahlen.»
Die Organisation
Die ZFV-Unternehmungen sind unterteilt in:
Rütli in Zürich, Hotel Ador in Bern, Drei Linden in Wetzikon, Hotel Rüden, Schaffhausen)
- Restaurants (Olivenbaum in Zürich, Rigiblick in Zürich u. a.)
- Gemeinschaftsgastronomie
Die Gemeinschaftsgastronomie ist unterteilt in:
- Schul- und Universitätsmensen (Universität Zürich, Kantonsschule, Pädagogische Hochschule Zürich, Mensa AKAD Jungholz in Zürich, Cafeteria Minerva in Zürich u. a.)
- Klassische Personalrestaurants (Helsana oder Ems-Chemie)
- Direktionsrestaurants (UBSstairs in Zürich, UBS «Zum silbernen Fuchs» in Basel)
Zur Person
Regula Pfister ist 1948 in Zürich zur Welt gekommen. Sie studierte in Zürich Ökonomie, arbeitete als Lehrerin, ging zum SV-Service und machte PR für die Wirtschaftsförderung. 1990 gründete sie eine eigene PR-Agentur. 1995 ging sie als Geschäftsführerin zu den ZFV-Unternehmungen, deren Zukunft damals ungewiss war. Seit 2001 ist Regula Pfister auch Präsidentin - «diese Doppelfunktion mag umstritten sein, ist bei unserer Grösse aber zweckmässig». Regula Pfister war von 1978 bis 1987 Mitglied des Zürcher Gemeinderates, von 1987 bis 1999 Kantonsrätin im Kanton Zürich als Vertreterin der FDP. Sie ist geschieden und hat zwei erwachsene Töchter.
Regula Pfisters
Führungsprinzipien
1. Ich sehe grundsätzlich alles positiv und entwickle aufgrund negativer Erfahrung keinen Pessimismus.
2. Wenn etwas tatsächlich negativ ist, dann drehe ich es so lange, bis es positiv wird. Alles hat irgendwo einen positiven Ansatz.
3. Meine Hauptaufgabe besteht darin, meine Mitarbeiter zu motivieren. Es ist etwas anderes, wenn ich vor Ort Begeisterung verbreite, als wenn ich eine Mail mit Fakten verschicke.
4. Ich mag schnelle Entscheidungen; teils ist es besser, eine Entscheidung zu treffen und sie durchzuziehen, anstatt ständig abzuwägen.