Über Jahre geht alles gut. Und wenns doch ein bisschen harzt, ist das noch lange kein Grund, etwas zu ändern. So zumindest die Haltung vieler KMU, wenn es kriselt. Falsch, urteilt Ralph Schmitz-Dräger, Unternehmer und Hauptreferent für finanzwirtschaftliche Führung bei der SKU (Schweizer Kurse für Unternehmensführung): «Die allermeisten Geschäftsführer warten viel zu lange, bis sie Massnahmen ergreifen.»

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Ziehen schwarze Wolken am Unternehmenshimmel auf, wird oft die ganze Kreativität in die Suche nach Ausreden gelegt: Schwieriger Markt, zurückhaltende Kunden, unzuverlässige Lieferanten... Dabei lässt sich der Zeitpunkt, an dem gehandelt werden muss, klar bestimmen, wie Schmitz-Dräger erläutert: «Spätestens dann, wenn die Ertragslage des Unternehmens während zwölf Monaten unbefriedigend war.»

Klüger, wer rascher reagieren kann. Obwohl «permanente Veränderung» als Managementprinzip gegenwärtig bei jeder Gelegenheit beschworen wird: Die Fähigkeit zur raschen Reaktion sei auffällig oft unterentwickelt. Tatsächlich, räumt Schmitz-Dräger ein, sei es unglaublich schwierig, alte Gewohnheiten zu ändern. Dass im Umsetzungsprozess jede Menge Fehler lauern, zeigen zahlreiche Beispiele von erfolglosen oder gar gescheiterten Restrukturierungen.

Fehler 1: Nicht die richtigen Fragen stellen

«Viele Firmen machen zu lange ihre Hausaufgaben nicht», stellt Schmitz-Dräger fest. Was schleunigst nachgeholt werden muss, und zwar, indem die richtigen Fragen gestellt werden erfahrungsgemäss sind es die unangenehmen, wie: Stimmen Markt, Wettbewerb und Produkte? Wie ist das Umfeld strukturiert? Gibt es Benchmarks, die wir nicht erreichen? Warum erreichen wir sie nicht?

Gerade bei Inhabern von kleinen und mittleren Unternehmen sei die Bereitschaft, sich selbst und die bisherige Geschäftsführung in Frage zu stellen, nicht sehr ausgeprägt. Was in der Natur der Sache liegt: Schliesslich hat der Patron das Geschäft aufgebaut und oft auch lange erfolgreich geführt. Gerade deshalb empfiehlt Schmitz-Dräger, zumindest in der Anfangsphase eines Change-Prozesses die Einschätzung eines Aussenstehenden zu suchen, der ungeschminkt zeigt: «Hier liegst du richtig das machst du falsch.»

Branchenverbände oder gezielte Weiterbildung können hilfreiche Unterstützung bieten. Mit kritischem Blick auf die eigene Gilde befürwortet Schmitz-Dräger, der selbst CEO der auf KMU-Übernahmen und -Restrukturierungen spezialisierten Arcron AG ist, den Einbezug von professionellen Beratern nur bedingt: «Sie dürfen sich nicht so bedeutend machen, dass es nachher nicht mehr ohne sie geht. Wichtig ist, dass sie die Geschäftsleitung dazu befähigen, es in Zukunft selbst zu tun.»

Fehler 2: Die falschen Personen schützen

Da grundsätzlich immer alles beim Chef beginnt, ist in Krisen matchentscheidend, ob er es schafft, die richtigen Signale zu setzen. Ein sehr gutes Anfangssignal ist, die Schuldfrage gar nicht erst aufkommen zu lassen. «Endlose Sitzungen, in denen danach gesucht wird, wer wann was falsch gemacht hat, bringen gar nichts.» Viel wichtiger sind Fragen wie: Wie kommen wir hier raus? Wer zieht mit? Wer kann Kräfte mobilisieren? Wer kann Lösungswege aufzeigen?

«In dieser Phase sind klare Comittments gefragt», betont Schmitz-Dräger, «es muss klar sein, wer welche Verantwortung übernimmt.» Gerade jetzt zeigt sich, wer fähig ist zur Veränderung und wer doch lieber am Status quo festhält. Der Grund, weshalb Restrukturierungsmassnahmen oft als «grosses Köpferollen» wahrgenommen werden, liege daran, dass vor allem die unangenehmen personellen Entscheide zu lange hinausgeschoben worden sind.

Deshalb: Wenn Anpassungen anstehen, müssen sie gemacht werden. «Je rigoroser, desto besser», rät Schmitz-Dräger und gibt zu bedenken: «Zuschauen zu müssen, wie die ganze Firma bachab geht, ist für die Belegschaft kein bisschen motivierender.»

Fehler 3: Wichtige Leute nicht ernst nehmen

Die Erkenntnis, dass das Business aus der Basis komme, sei bei vielen Geschäftsführern mangelhaft entwickelt. Schmitz-Dräger rät deshalb seinen Kunden, bisher geltende Hierarchien schleunigst über Bord zu werfen: «Gehen Sie in die Produktion, in die Schalterhallen, an die Kassen! Bitten Sie Ihre Mitarbeitenden, für den eigenen Bereich Lösungen zu präsentieren. Geben Sie sich nicht mit Problemlisten ab fragen sie nach Lösungslisten!»

Immer wieder mache er die erstaunliche Entdeckung, dass die Mitarbeitenden nicht nur nicht ernst genommen, sondern auch gefährlich schlecht informiert werden. «Oft weiss die Belegschaft gar nicht, wie gross die Verluste der Firma oder ihres Verantwortungsbereiches sind.»

Ein fataler Fehler, denn: «Wer weiss, wie viel sein Arbeitsplatz das Unternehmen unterm Strich täglich kostet, mobilisiert Kräfte, um seinen Sessel rentabel zu machen.» Dazu müssten die Betroffenen wissen, was Sache ist, und die Gewissheit haben, dass über die Probleme offen gesprochen werden darf.

Fehler 4: Flucht nach vorne

Ebenfalls ein häufiger Fehler sei der Versuch, operative Schwächen durch grosse Investitionen «heilen» zu wollen, beobachtet Schmitz-Dräger. Seiner Ansicht nach können operative Probleme grundsätzlich gelöst werden, wenn die Bereitschaft dazu da ist und die bestehende Kundenbasis in der Zwischenzeit gehalten werden kann. Der Ausbau des Maschinenparks bringt dagegen nur allzu selten die erwünschte Wirkung.

«Wer die angestammten Abläufe nicht im Griff hat, wird mit grosser Wahrscheinlichkeit auch die neuen nicht bewältigen.» Hinzu komme, dass grosse Investitionen die Abhängigkeiten von Geldgebern noch verstärken in Krisen alles andere als wünschenswert. Besser fährt, wer versucht, aus dem Vorhandenen das Beste zu machen. Was im Übrigen auch die beste Prophylaxe sei gegen Zustände, die Restrukturierungsmassnahmen überhaupt nötig machen: «In guten Zeiten dafür sorgen, dass alles stimmt.»



SKU: Praxiskurse

Unter dem Motto «Unternehmer coachen Unternehmer» bietet der Verein SKU (Schweizer Kurse für Unternehmensführung) seit 1953 praxisbezogenes Wissen für Führungskräfte mit unternehmerischer Verantwortung an. In sechs einwöchigen Modulen werden im «SKU Dialog» alle relevanten Themenbereiche der Unternehmensführung bearbeitet.