Die Schweizer Banken bieten von 17 Ländern weltweit den zweitbesten Service. Besser agieren nur noch die Banken in Hongkong. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton.
Die zum zweiten Mal erhobene Studie erteilt den Schweizer Banken zwar Bestnoten, dennoch sehen die Urheber der Studie Verbesserungspotenzial. «Die Banken scheinen dies erkannt zu haben. Überlegungen, wo und wie sich in Zukunft weiteres Ertragspotenzial generieren lässt, finden zurzeit überall statt», sagt Carlos Ammann, Geschäftsführer Schweiz bei Booz Allen Hamilton. «Die Öffnungszeiten flexibel gestalten ist nur eine der kleinen Möglichkeiten», schlägt Christian Reber, Mitglied der Geschäftsleitung bei Booz Allen Hamilton und Leiter der Studie für die deutschsprachigen Länder, vor. Gemäss der Studie offerieren alle Schweizer Banken ungünstige Öffnungszeiten; die Zürcher Kantonalbank und PostFinance liegen hier sogar noch unter dem Durchschnitt.
Dabei gibt es gerade in diesem Bereich noch innovativere Ansätze. «Denkbar wäre auch der Einsatz von flexiblen Beratern der Banken, die Kunden auch in den Abendstunden, am Wochenende oder gar zu Hause beraten», skizziert Carlos Ammann die Bank der Zukunft.
Vorläufig jedoch gehen die Kunden noch zur Bank – und das überraschend oft. Die Filiale ist noch immer der wichtigste Vertriebs- und Informationskanal für die Bankkunden. In mehr als 40% der Fälle nutzen Kunden die Geschäftsstelle als erste Anlaufstelle für die Informationsbeschaffung. Bei komplexeren Transaktionen wie Hypotheken oder Vorsorge ist die Filiale der wichtigste Verkaufskanal im Retailbanking (84 und 70%). Das Internet wird hingegen nur in 20% der Fälle als erste Informationsquelle und bei Hypotheken und Vorsorgetransaktionen in nur 7 respektive 13% der Fälle für die Geschäftsabwicklung genutzt.
Damit feiert das einst totgesagte Filialgeschäft ein Comeback. Dies erklärt unter anderem den Erfolg der Raiffeisenbanken, die seit Jahren einen konsequenten Ausbau des Filialnetzes besonders in den Städten betrieben haben, während andere Institute ihre Präsenz vor Ort eingedämmt oder zumindest eingefroren haben.
Produkte zu kompliziert
Allen Banken sollte jedoch zu denken geben, dass ein Grossteil der befragten Kunden von der zunehmenden Komplexität der Bankprodukte überfordert ist. Mehr als 50% der Befragten gaben an, dass sie Versicherungs- und Vorsorgeprodukte für komplex halten. Dies erklärt, warum Kunden in Fragen des Wohneigentums und der Vorsorge den Besuch der Filiale vorziehen.
Dort treffen sie auf höchst unterschiedlich kompetente Berater, wie die «geheimen Agenten» beim «Mystery Shopping» herausfanden. Das grösste Lob kassieren die mehr als zehn getesteten Filialen der Raiffeisenbank. «Wir fanden das Produkte-Know-how der Berater bei den Raiffeisenbanken bemerkenswert», sagt Christian Reber. Dies vor allem, da Raiffeisen erst seit kurzem im Bereich Geldanlage und Vermögensverwaltung in Partnerschaft mit der Bank Vontobel intensiv tätig ist. «Vor der Lancierung neuer Produkte müssen alle Kundenberaterinnen und Kundenberater ein entsprechendes Lernprogramm durcharbeiten», erklärt Franz Würth, Leiter der Medienstelle der Raiffeisen Schweiz die interne Ausbildung.
Wichtige Segmentierung
Den beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS attestiert die Studie ebenfalls ein gutes Produktwissen und zudem eine hohe Kunstfertigkeit im Aufbau der Kundenbeziehung. PostFinance liegt im Mittelfeld, während die Zürcher und Basler Kantonalbanken «insgesamt deutlich hinter Raiffeisen und den Grossbanken zurückbleiben», so ein Fazit der Studie.
Die Basler Kantonalbank (BKB) ist von diesem Ergebnis überrascht. Andere Untersuchungen hätten der BKB eine gute Serviceleistung am Schalter attestiert. Und «in den nächsten Jahren wird der Ausbildungsschwerpunkt auf die Beratungsqualität gelegt, um auch hier die Kundenzufriedenheit weiter zu steigern», sagt Michael Buess, Sprecher der BKB.
In einer wichtigen Disziplin halten die beiden Grossbanken die alleinige Führungsposition: Beim guten Service für die gehobenen Privatkunden. Damit sichern sich CS und UBS das hochmargige Geschäft mit der vermögenderen Kundschaft, die ab 150000 Fr. Vermögen als solche gilt. Laut Berechnungen von Booz Allen Hamilton werden in den nächsten zwei Jahren rund 5% der aktuell 5,8 Mio Kunden aus dem Massengeschäft des Retailbanking nach oben herauswachsen. «Eine der grundlegenden Fragen im Banking ist heute, wie eine Bank neue Kunden im Retailbereich akquiriert und diese dann behält, wenn sie durch steigenden Wohlstand in den gehobenen Privatkundenbereich aufsteigen», erklärt Geschäftsführer Carlos Ammann.
Hier profitieren die beiden Grossbanken ganz klar von ihrer Private-Banking-Infrastruktur. Die anderen Institute hingegen haben in dieser Disziplin noch Defizite und laufen so Gefahr, vermögend gewordene Kunden an Gross- oder Privatbanken zu verlieren.