Die Rettung der insolventen Berliner Fluggesellschaft Germania ist gescheitert. «Damit ist eine Stilllegung nicht mehr abzuwenden», sagte der vorläufige Insolvenzverwalter Rüdiger Wienberg am Montag. Der Investor für eine Übernahme des Flugbetriebs und die beiden Interessenten für Wartung und Technik seien jeweils abgesprungen.
Knackpunkt sei der Zeitdruck gewesen. Denn man hätte mit den Bietern binnen zwei Monaten bis Ende März eine Lösung finden müssen. «Germania war gegroundet, wir hatten keine eigenen Flugzeuge und kein Geld, die Leasingraten zu bezahlen.» Die zuletzt gut 1400 Beschäftigten bekommen in den nächsten Tagen ihre Kündigungen und werden zum Anfang April freigestellt.
Druck durch Boeing-Flugverbot
Die bevorstehende Sommersaison und die Tatsache, dass die Branche dringend Flugzeugkapazitäten braucht, hätten den Investorenprozess zusätzlich erschwert. «Entsprechend schwierig war es, die Leasinggeber dazu zu bewegen, uns weiterhin die Flugzeuge zur Verfügung zu stellen – zumal wir die Leasingraten nicht bezahlen konnten», sagte Wienberg. «Das Flugverbot für die Boeing 737 MAX hat die Situation zuletzt nochmal deutlich verschärft, weil dadurch Flugzeuge noch knapper wurden.»
Nach zwei Abstürzen mit fast 350 Toten dürfen derzeit weltweit keine Maschinen dieses Typs fliegen.
250 Mitarbeiter sind schon abgesprungen
Der Ferienflieger Germania hat am 4. Februar Insolvenz angemeldet und sofort den Betrieb eingestellt. Die Schweizer Fluggesellschaft Germania, an der die konkursite Germania zu 40 Prozent beteiligt war, fliegt dagegen weiter. Sie hatte vor Kurzem mitgeteilt, sie sei seit Mitte Februar zu 100 Prozent in Schweizer Händen. Der Flugbetrieb sei nun für ein Jahr sichergestellt.
Germania Schweiz: Der Neustart
- Air-Prishtina-Chefin Leyla Ibrahimi-Salahi: Diese Unternehmerin steckt hinter dem Schweizer Ableger von Germania. Die Firma, die bisher drei Flieger im Einsatz hat, und Air Prishtina sind bereits seit einigen Jahren im Geschäft. Air Prishtina betreibt keine eigenen Flugzeuge, sondern ist im Markt für den so genannten ethnischen Reiseverkehr vertreten. Mehr lesen Sie hier.
- «Germania Flug meint es ernst mit der Eigenständigkeit und will sich nicht runterreissen lassen von der Germania-Insolvenz in Deutschland. Das ist ein starkes, aber auch mutiges Signal in Zeiten, in denen in Europas Luftfahrtbranche ein brutaler Wettbewerbsdruck herrscht und viele Airlines zuletzt ihren Betrieb einstellen mussten», kommentiert «Handelszeitung»-Aviatik-Experte Tim Höfinghoff. Lesen Sie den ganzen Kommentar hier.
Germania hatte Anfang Februar knapp 1700 Beschäftigte. Seitdem dürften rund 250 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen haben - zum einen wegen der unsicheren Perspektiven für eine bereits gegroundete Fluggesellschaft. Zum anderen machten Konkurrenten auf Wachstumskurs dem Germania-Personal umgehend Job-Avancen.
Auch Wienberg äusserte sich jüngst in einem Reuters-Interview optimistisch zu den Chancen von Mitarbeitern, die nicht übernommen werden. «Der Arbeitsmarkt saugt derzeit noch viel auf.» Denn zahlreiche Unternehmen bräuchten Fachkräfte. «Piloten werden händeringend gesucht.» Dies gelte auch für Techniker. «Beschäftigte aus der Verwaltung dürften ebenfalls woanders gute Jobchancen haben.»
(reuters/gku/mbü)