Rhenus Alpina erzielte im Geschäftsjahr 2006 ein Umsatzwachstum von 3,3%. Im Vergleich zu einigen Konkurrenten eher etwas wenig. Was sind die Gründe dafür?

Peter Widmer: Diese Zuwachsrate bezieht sich auf alle unsere Aktivitäten, wobei wir in einigen Geschäftssparten durchaus auch stärker zulegen konnten. In der Luftfracht war das Wachstum am geringsten, bedingt durch das reduzierte Umschlagsvolumen. Im Logistikgeschäft stiessen wir an unsere Kapazitätsgrenzen im Lager Spreitenbach, das wir nun von derzeit 12000 auf über 30000 Palettenplätze ausbauen werden. Auch unsere übrigen Läger in der Schweiz sind voll ausgelastet. In der Schifffahrt erzielten wir letztes Jahr ein erfreuliches Wachstum, aber auch hier kamen wir an unsere Kapazitätsgrenzen, sind doch auch unsere Silos mehr als voll. Unsere Aktivitäten setzen entsprechende Lagerräumlichkeiten voraus, und diese sind derzeit voll ausgelastet. Mit Blick auf das Umsatzvolumen darf auch nicht vergessen werden, dass unsere gesamten Aktivitäten im deutschen Weil und in Chiasso nicht im Schweizer Umsatz erfasst sind.

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Wie verteilte sich 2006 der Umsatz auf die wichtigsten Unternehmensaktivitäten?

Widmer: Rund je ein Drittel unseres Umsatzes entfallen auf das Luftfracht-Handling, die Kontraktlogistik und die Rheinschifffahrt.

In welchen Bereichen erwarten Sie in den kommenden Jahren ein markantes Wachstum?

Widmer: Im Luftfrachtgeschäft werden wir im laufenden und vor allem im kommenden Jahr, dank der neuen Airbusse, die zum Einsatz gelangen, deutlich stärker zulegen können. Auch im Logistikgeschäft können wir dank dem Ausbau in Spreitenbach und dem Bau eines neuen Lagerzentrums in der Westschweiz, aber auch durch Akquisitionen weitere Wachstumsschritte realisieren. Eher moderat wird das Wachstum in der Rheinschifffahrt ausfallen, da die für diese Verkehrsart affinen Gütervolumina nicht mehr stark zunehmen. Ein höheres Transportvolumen werden wir dagegen im Schienengüterverkehr realisieren können.

Stichwort Schienengüterverkehr. Welche Erfahrungen machte Rhenus Alpina in jüngster Zeit mit Bahntransporten?

Widmer: Mit den Leistungen unseres Hauptpartners im Schienenverkehr, nämlich SBB Cargo, sind wir sehr zufrieden. Unsere Blockzüge kommen mehrheitlich pünktlich an. Was wir jedoch feststellen, ist der Mangel an entsprechendem Wagenmaterial bei den Bahnen. Hier müssen weitere Investitionen vorgenommen werden. Wir sind auch der Meinung, dass in noch stärkerem Masse als bisher zudem

der Stückgutverkehr auf der Strasse vermehrt auf die Schiene verlagert werden könnte.

Wie sehen die Konkurrenzverhältnisse zwischen Strasse, Schiene und Wasserweg aus?

Widmer: Im Massengutgeschäft können wir mit den erzielten Preisen durchaus leben. Anders ist es im Containerverkehr, dort besteht eine starke Konkurrenz zwischen Schiene und Rhein, indem die subventionierte Bahn für den Kunden attraktive Transportpreise anbieten kann. Auf der Strasse bestehen zeitliche Differenzen, der LKW ist schneller als das Schiff.

Rhenus Alpina bietet integrale Logistikdienstleistungen im Bereich der Kontraktlogistik an, ein Sektor, in dem zahlreiche Konkurrenten aktiv sind. Welche Bedeutung hat die Kontraktlogistik, und wie wird sie sich in den kommenden Jahren entwickeln?

Widmer: Der Trend zum Outsourcing wird weitergehen, obwohl er sich in jüngster Zeit eher etwas abgeflacht hat. Was zunehmen wird, ist die Tendenz, firmeninterne Probleme im Bereich der physischen Distribution – beispielsweise IT-Probleme –auf den Logistikdienstleister abzuwälzen. Dazu kommt, dass die Laufzeiten der Verträge eher kürzer werden. Angesichts der oft beträchtlichen Investitionen, die getätigt werden müssen, ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Wichtig ist in der Kontraktlogistik ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Kunde und Kontraktlogistiker. Ohne eine Win-Win-Situation ist eine längerfristige Zusammenarbeit nicht erfolgreich.

Rhenus Alpina ist ein Kontraktlogistik-Unternehmen, das erhebliche Investitionen in eigene Anlagen tätigte und weiter tätigen wird. Konkurrenten dagegen sind stolz darauf, mit möglichst wenigen eigenen Anlagen auszukommen. Asset or non asset driven, welches ist die richtige Philosophie?

Widmer: Wir arbeiten nach dem Grundsatz, so viel wie nötig selbst investieren und so viel wie möglich fremdfinanzieren. Eigene Logistikzentren und selbst hoch automatisierte Anlagen können nach einheitlichen Standards betrieben werden, und dies erachten wir als Vorteil. Ein abschliessendes Urteil, welche Philosophie die richtige ist, lässt sich gar nicht fällen, beide haben Vor- und Nachteile.

Rhenus Alpina ist auch im Bereich Reverse-Logistik tätig. Welche Bedeutung hat diese Tätigkeit in der Schweiz?

Widmer: Mit Blick auf unsere Reparaturarbeiten, die wir in Spreitenbach durchführen, gehen wir davon aus, dass die Bedeutung der Reverse-Logistik weiter zunehmen wird. Dies ganz einfach deshalb, weil immer mehr Geräte gar nicht mehr repariert, sondern durch ein neues ersetzt werden. In vielen Fällen kostet der Umtrieb beziehungsweise die Reparatur eines defekten Gerätes mehr als der Kauf eines neuen.

Die Anforderungen der Kundschaft an die Kontraktlogistiker werden immer

anspruchsvoller. Gibt es aus der Sicht von Rhenus Alpina neue Dienstleistungen im Bereich der Kontraktlogistik, die man anbieten kann ?

Widmer: Solche gibt es, ich denke an unsere Dienstleistung im Bereich der Archivierung von Dokumenten. Unser Angebot Office Systems (ROS) stösst auf eine zunehmende Nachfrage seitens der Kundschaft, welche Dokumente und Datenträger nicht mehr selbst archivieren will. Im Bereich der Spitallogistik ergeben sich neue Möglichkeiten, die wir gezielt nutzen wollen. Auch im Automotive-Sektor sowie im Versandhandel bieten wir spezielle Dienstleistungen an.

Eine Spezialität von Rhenus Alpina ist die Entsorgung kontaminierter Böden. Wie erfolgreich ist diese Aktivität?

Widmer: Die Bedeutung dieses Geschäftes wird in den kommenden Jahren deutlich zunehmen, da die Zahl belasteter Böden tendenziell zunehmen wird. Unser spezielles Know-how in diesem Geschäft kommt uns dabei sehr zugute.

Die Luftfracht hat in jüngster Zeit auf dem Flughafen Zürich an Bedeutung verloren. Was sind die Gründe dafür? Und wie reagiert die Tochtergesellschaft Cargologic darauf?

Widmer: Die Gründe für den Rückgang sind einmal darin zu suchen, dass einige Luftfrachtcarrier Zürich nicht mehr anfliegen. Andererseits nimmt die Bedeutung der Luftfracht in den immer grösseren Passagierflugzeugen, die sogenannte Belly-Kapazität, weiterhin zu. Hier sehen wir in der Zukunft noch erhebliche Entwicklungsmöglichkeiten. Zudem erledigen wir für verschiedene Hersteller in der Schweiz den gesamten Export und Import ihrer Produkte ab den Flughäfen Zürich und Basel. Probleme ergeben sich derzeit mit den steigenden Anforderungen an die Sicherheit. Hier müssen neue Lösungen gefunden und realisiert werden.

Chinesische Logistikdienstleister wie zum Beispiel Kerry Logistics drängen auf den europäischen Markt. Wie ernst ist diese Konkurrenz zu nehmen?

Widmer: Im Rahmen der Ausweitung des Exportes chinesischer Unternehmen nach Westeuropa ist auch mit einem stärkeren Engagement chinesischer Logistikdienstleister zu rechnen. Doch dies wird in den kommenden Jahren nur sehr begrenzt der Fall sein, denn diese Logistikdienstleister verfügen nicht über die entsprechende Infrastruktur, um auch umfassende Dienstleistungen entlang der gesamten Supply Chain eines Unternehmens anbieten zu können.



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Zur Person

Steckbrief

Name: Peter Widmer

Alter: 61

Funktion: CEO der Rhenus Alpina AG, Basel, und Mitglied des Vorstandes

der Rhenus AG & Co. KG, VR-Präsident Cargologic

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Rhenus Alpina AG

Kontraktlogistiker

Rhenus Alpina AG ist ein stark diversifizierter Dienstleister in verschiedenen Sparten entlang der gesamten Supply Chain. Schwerpunkte der Aktivitäten sind die Kontraktlogistik, die Rheinschifffahrt und das Luftfracht-Handling. Im Geschäftsjahr 2006 erzielte das Unternehmen mit 1455 Mitarbeitenden einen Umsatz von 249 Mio Fr. Das Unternehmen gehört zur Rhenus-Gruppe, einem europäischen Logistikdienstleister, der mit rund 11000 Mitarbeitenden einen Umsatz von 2,3 Mrd Euro erzielt.