Verstehen Sie mehr vom Immobiliengeschäft als Ihre Konkurrenten?
Franz Hidber:Nicht grundsätzlich. Aber verglichen mit anderen Schweizer Immobiliengesellschaften verstehen wir sicher viel mehr vom internationalen Geschäft.
Als einer der wenigen Schweizer Investoren traut sich Züblin zu, auch im europäischen Ausland zu investieren. Immobiliengeschäfte erfordern sehr gute Kenntnisse der lokalen Märkte.
Hidber: Genau. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, wir könnten von Zürich aus diese Expertise an die einzelnen Standorte liefern. Wir haben ein Netzwerk aufgebaut, um die Expertise an Ort und Stelle zu holen.
Wie funktioniert das?
Hidber: Wir sind eine Kooperation mit einer Immobilienmanagementgesellschaft eingegangen, die verschiedene lokale Niederlassungen hat, von denen aus sie unsere Objekte betreut. Wir bezahlen nur eine Basisgebühr für diese Dienstleistung. Ein massgeblicher Teil der Entschädigung ist erfolgsabhängig.
Wie können Sie die Leistung denn messen?
Hidber: Erstens akzeptieren wir nur Objekte, die unseren Standards entsprechen. Zweitens muss die Immobilie Wertschöpfungspotenzial haben, das ausgenützt werden kann. Auf der Wertschöpfung zahlen wir eine Entschädigung, und zwar in der Regel erst, nachdem diese auch realisiert wurde.
Sie kaufen also das Know-how für Ihre Auslandsgeschäfte also fast vollständig ein?
Hidber: In der Zürcher Holding sind wir nur neun Personen, von der Empfangsdame bis zu den Mitarbeitern, die Züblins Immobilienportefeuille in der Schweiz betreuen. Wir sind sehr schlank. Für das Auslandsgeschäft geben wir nur die Standards vor und treffen Investitionsentscheide und führen ein sehr strenges Controlling.
Immer wieder hört man, dass ausländische Investoren Objekte kaufen, die Immobilienprofis vor Ort als zu teuer betrachten. Jüngst etwa im österreichischen Markt. Können Sie Fehler im Auslandsgeschäft wirklich ausschliessen?
Hidber: Pannen können immer passieren. Rückblickend auf fünf Jahre Erfahrung sind uns im Ausland bisher keine Fehler unterlaufen. Ich bin überzeugt, dass wir die ausländischen Immobilien mindestens so gut im Griff haben wie jene in der Schweiz. Wir lassen jede Immobilie durch international renommierte Dritte bewerten.
Sind die Transaktionskosten und der Verwaltungsaufwand für ausländische Objekte nicht viel höher?
Hidber: Nein, diese sind in der Regel sogar tiefer als in der Schweiz.
Wieso sind Sie im Gegensatz zu allen anderen kotierten Immobiliengesellschaften überhaupt international tätig?
Hidber: Erstens wächst die Schweizer Wirtschaft kaum noch, was eine schlechte Voraussetzung für Immobiliengeschäfte ist. Zweitens sind die Immobilienzyklen der einzelnen Volkswirtschaften sehr unterschiedlich, was wir als zusätzliche Diversifikationsdimension ausnützen wollen. Wir möchten ein Klavier haben, auf dem wir alle Tasten spielen können.
Offenbar verstehen aber die Anleger Ihr Geschäftsmodell nicht. Obwohl Züblin keine Entwicklungsrisiken eingeht und eine stolze Dividende zahlt, wird Ihre Aktie mit einem Abschlag von einem Drittel bestraft.
Hidber: Es ist richtig, dass viele Investoren die Vorteile einer europaweiten Diversifikation nicht verstehen. Es gibt auch einige professionelle Anleger, die das Ausland mit einem getrennten Anlagevehikel abdecken möchten. Abschläge sind bei Immobiliengesellschaften zurzeit eine generelle Erscheinung.
Trotzdem: Gemessen am Risikoprofil haben die Züblin-Aktien einen sehr hohen Discount.
Hidber: Wir haben ein weiteres Problem. Unsere Grösse ist suboptimal. Zudem sind wir noch zu einseitig auf Schweizer Investoren ausgerichtet.
Institutionelle Anleger kaufen Wertschriften aus der ganzen Welt. Im Bereich Immobilien investieren sie in der Regel nur in der Schweiz und womöglich noch auschliesslich in Zürich. Ist das nicht unprofessionell?
Hidber: Das ist nicht nur ein ängstliches, sondern auch ein sehr risikobehaftetes Verhalten. Neben Zürich, Genf und Basel gibt es in der Schweiz kaum Alternativen für Geschäftsimmobilien. Wenn ich nur in drei Regionen investieren könnte, hätte ich ein sehr ungutes Gefühl.
Woher kommt diese Selbstbeschränkung der institutionellen Anleger?
Hidber: Das ist auch ein psychologisches Problem. Während die Investoren ausländische Aktien fast unbesehen kaufen, möchten sie Immobilien mit den eigenen Augen sehen. Sie verlassen sich auch ungern auf die Expertise ausländischer Prüfer, denen sie sich ausgeliefert fühlen.
Europaweit verlaufen die Aktienmärkte fast synchron. Die landesspezifischen Zyklen sind weitgehend verschwunden. Gleichen sich nicht auch die Immobilienzyklen der europäischen Länder immer mehr an? Der Diversifikationseffekt wird doch kleiner.
Hidber: Es gibt eine gewisse Annäherung. Ausserdem verlaufen die Zyklen nicht mehr so ausgeprägt wie es in der Vergangenheit der Fall war. Aber es gibt noch eine andere Stufe, die uns gute Diversifikationsmöglichkeiten eröffnet: Die einzelnen Wirtschaftsregionen unterscheiden sich stark. Der Finanzplatz Frankfurt zum Beispiel hat einen anderen Zyklus als der Technologiestandort München.
Wenn sie Immobilien kaufen wollten, die wirklich in einer anderen Phase des Zyklus stehen, müssten Sie doch in Tschechien, Ungarn oder Polen suchen. Ist Mitteleuropa kein Thema für Sie?
Hidber: Bei jenen Ländern, in denen wir heute Immobilien halten Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Holland handelt es sich nicht um eine abschliessende Liste. Es braucht aber verschiedene Voraussetzungen, damit wir in einem neuen Land tätig werden. Zum Beispiel Wirtschaftswachstum, Stabilität und nicht zu viele Regulierungen. Wegen einem Einzelobjekt mit Superrendite gehen wir nicht in ein neues Land. Mitteleuropa ist durchaus ein Thema für uns. Solange unsere Vorstellungen betreffend Risikoprofil für ein Land nicht erfüllt werden, kommt ein neues Land nicht in Frage.
Es gibt ein erstaunliches Phänomen: In vielen europäischen Städten sinken die Mietzinse, während die Leerstände steigen. Trotzdem bleiben die Preise stabil, weil sehr viel Neugeld angelegt werden muss. Gibt Ihnen das nicht zu denken?
Hidber: Das ist tatsächlich einmalig. Es gibt zu viel Geld, das angelegt werden muss. Die bei den Anlegern beliebten Immobilienfonds können den Zeitpunkt, wann sie Neugelder entgegennehmen, halt nicht wählen. In Deutschland sind alleine in diesem Jahr 14 Mrd Euro in offene Immobilienfonds geflossen. Diese Nachfrage nach Immobilien ist preistreibend.
Eine sehr ungesunde Entwicklung.
Hidber: Sehr. Immobilienaktiengesellschaften haben dieses Problem allerdings nicht. Wir können den Zeitpunkt für Kapitalerhöhungen selbst wählen.
Auch Sie wollen wachsen. Mit 1,3 Mrd Fr. ist Züblins Porfolio zu klein, um europaweit wirklich gut zu diversifizieren.
Hidber: Ja, das ist eindeutig zu klein. Von vielen Opportunitäten können wir deshalb nicht profitieren.
Allreal plant eine Kapitalerhöhung. Eine solche bräuchte wohl auch Züblin. Sie haben einen hohen Fremdfinanzierungsgrad. Aus dem Cashflow alleine können Sie Ihr Portfolio nicht zügig ausbauen.
Hidber: Wir müssen über den Kapitalmarkt gehen. Letztes Jahr haben wir einen Test gemacht, indem wir eine Wandelanleihe über 100 Mio Fr. ausgegeben haben. Die ist sehr gut gelaufen. Wir wollen aber nicht auf Vorrat Kapital einsammeln. Wir möchten den Anlegern kommunizieren, wie wir das neue Geld konkret investieren. Wir wollen absolut transparent sein.
Zur Person
Franz Hidber, Jahrgang 1934, von Mels in Wollerau, ist seit 1998 Präsident des Verwaltungsrats und CEO der Züblin Immobilien Holding. Der Ökonom, der in St. Gallen studierte und promovierte, hat lange Erfahrung im Immobiliengeschäft: Er war u.a. Leiter von Zschokke in der Region Zürich und Delegierter des Verwaltungsrats der Presto, einer Gesellschaft für Immobilienpromotion.