Die Saison der Bilanzmedienkonferenzen geht zu Ende. Das Fazit der Schweizer Industrieunternehmen: 2006 war ein Rekordjahr, auch hinsichtlich der Rohstoffpreise. Neben den Energie- haben sich vor allem die metallischen Rohstoffe wie Stähle, Aluminium, Kupfer und Nickel verteuert und drückten auf die Margen. Für 2007 gehen die Unternehmen von erneut steigenden oder auf hohem Niveau stagnierenden Preisen aus. Das zeigt eine Umfrage der «Handelszeitung» bei führenden Betrieben.

Die Klagen der Schweizer Industrie haben jetzt den Branchenverband Swissmem aufgeschreckt. Johann Schneider-Ammann, Swissmem-Präsident und FDP-Nationalrat, dringt im Gespräch mit der «Handelszeitung» auf eine nationale Debatte über die «strategische Rohstoffversorgung». Zudem will er mit dem Bundesrat Handlungsoptionen ausloten.

Angeheizt wird Schneider-Ammanns Vorhaben von den jüngsten Ereignissen in Deutschland. Der Bund Deutscher Industrie (BDI) rief vergangene Woche die Regierung dazu auf, Handels- und Wettbewerbsverzerrungen zu eliminieren, Abkommen mit wichtigen Förderländern zu intensivieren und so den Unternehmen einen langfristigen Zugang zu wichtigen metallischen Rohstoffen zu sichern. Bundeskanzlerin Angela Merkel, die als Gastrednerin bei der BDI-Rohstofftagung auftrat, signalisierte Unterstützung.

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*Mit dem Bundesrat*

Das lässt Swissmem aufhorchen, schliesslich ist die hiesige Industrie zu 100% von Metall-Importen abhängig. «Bisher war das Thema eine Herausforderung für jede einzelne Firma», sagt Swissmem-Präsident Schneider-Ammann; sprich: Eine Sache des freien Marktes. «Aber offensichtlich regt sich nun an ‹Konkurrenzstandorten› die Politik», beobachtet er. «Dies zwingt uns, im Firmenverbund wachsam zu werden und Szenarien so zu entwickeln, dass der Standort Schweiz per saldo nicht verliert, sondern gewinnt.» Schneider-Ammann fordert nun konzertierte Aktionen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft und dem Eidgenössischen Wirtschaftsdepartement (EVD). Auch den Bundesrat will er einbinden, um das Aussenministerium mit im Boot zu haben: «Ich erwarte, dass sich der Bundesrat engst mit uns als Rohstoffverarbeiter abstimmt.» Einer Task-Force «Rohstoffe» jedenfalls sei er nicht verschlossen. «Entscheidend dabei ist die unkomplizierte und zielführende Abstimmung zwischen den Beteiligten.»

*Preise stiegen um 37 Prozent*

Die Importstatistiken sprechen eine deutliche Sprache. Laut Oberzolldirektion wurden seit 2003 pro Jahr im Schnitt 4 Mio t Metalle und Metallwaren importiert. Der Gesamtwert der Güter stieg aber von 9,7 Mrd Fr. 2003 um über 37% auf 15,5 Mrd Fr. im vergangenen Jahr. Kosten, die Schweizer Unternehmen mit Sparmassnahmen, Hedging und Preiserhöhungen bei den Kunden kompensieren mussten.Während sich Swissmem jetzt an das Thema herantastet, kann der BDI bereits mit Fakten aufwarten. Wegen der Preis- und Kosteneffekte, welche die Rohstoffverteuerung verursachte, ist das deutsche Bruttoinlandsprodukt seit 2001 um 0,4 % tiefer ausgefallen. Zudem sind seither rund 140000 Arbeitsplätze wegen Sparmassnahmen verloren gegangen.

Zwar betont der BDI, dass die Beschaffung metallischer Rohstoffe in erster Linie Sache der Unternehmen bleibe. Doch die internationalen Märkte seien zunehmend von Konzentrationsprozessen sowie von gezielten handels- und wettbewerbsverzerrenden Eingriffen gekennzeichnet. Deshalb müsse die Politik handeln, wo die Möglichkeiten der Industrie erschöpft seien. Die Trends sorgen für Unruhe. China beispielsweise wird schon in einigen Jahren die Weltproduktion von Eisenerz, aus dem Eisen und Stähle erzeugt werden, sowie von Bauxit, aus dem Aluminium gewonnen wird, massgeblich beeinflussen. 2006 führten kartellähnliche Strukturen beim Handel mit Eisenerz zu Preissteigerungen von 50%: Die drei Gesellschaften CVRD (Brasilien), Rio Tinto (britisch-australisch) und BHP Billiton (britisch-australisch) decken 71% des Welthandels ab.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Vorkommen wichtiger Rohstoffe auf wenige, teilweise politisch instabile Länder verteilt sind. So besitzen China, Indonesien und Peru 82% des Zinn-Vorkommens – das Metall wird unter anderem für Leiterplatten und elektronische Bauteile verwendet. China, Australien und die USA verfügen über 66% aller Titan-Reserven. Den Rohstoff benötigt die Auto-, Flugzeug- und Schifffahrtsindustrie. China, Peru und Australien fördern über 50% aller Zink-Vorkommen. Das Metall dient als Korrosionsschutz und wird für Legierungen benötigt.

Zwar beziehen hiesige Betriebe die Metalle meistens von verarbeitenden Betrieben wie Giessereien. Hier ist Deutschland mit rund 50% der Hauptlieferant, gefolgt von Italien, Frankreich und Österreich. Trotzdem sind laut Schneider-Ammann gezielte Beziehungen mit bedeutenden Rohstoffländern wichtig. «Im Rahmen der bi- und multilateralen Abkommen sind unsere Beziehungen zu den Förderländern sorgfältig zu pflegen», betont er.