Eigentlich waren die 250 Partner der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants im Hilton-Hotel am Frankfurter Flughafen zusammengekommen, um die Unternehmensstrategie zu besprechen. Stattdessen mussten sie einen neuen Chef wählen. Der bisherige CEO Martin Wittig, der in Herrliberg ZH wohnt und nebenher deutscher Honorarkonsul in der Schweiz ist, trat überraschend zurück. Eine «nicht aufschiebbare medizinische Behandlung» nannte Wittig als Grund. Welche das ist, will Roland Berger nicht kommentieren. Bekannt ist: Vor fünf Jahren litt Wittig an Blutkrebs. Inzwischen befindet sich der 49-Jährige in einer Klinik in den USA zur Behandlung. Nach der Genesung soll Wittig Chairman des Zürcher Office werden – ein Papierposten ohne Einfluss.

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Wittigs Rücktritt kommt zu einer Zeit des Gegenwindes. «Er führte mit Befehl und Gehorsam, es fehlte ihm die Akzeptanz», sagt ein Kadermann aus Deutschland. Die Wachstumsziele wurden nicht erreicht, die Margen sind im Keller und die Auslastung der Consultants unbefriedigend. Das Zürcher Büro, einst 70 Mitarbeiter stark, ist um rund ein Viertel geschrumpft. Den meisten Umsatz soll es mit Finanzdienstleistern machen – hauptsächlich aus dem Ausland.

Wittigs Nachfolger ist sein Vorgänger: Burkhard Schwenker hatte den CEO-Posten bereits von 2003 bis 2010 inne. Eine Kompromiss- und wohl auch Interimslösung: Die deutschen Partner wollten Bernd Brunke als neuen Chef, die Franzosen Charles-Edouard Bouée. Beide sitzen im fünfköpfigen Executive Committee. Bouées Vorteil: Frankreich ist einer der wenigen erfreulichen Märkte für Roland Berger, und er hat den Zukunftsmarkt China aufgebaut.

Der Zeitpunkt des Wechsels ist ungünstig, fällt er doch in die Verkaufsverhandlungen mit drei Wirtschaftsprüfern: PwC, Ernst & Young sowie Deloitte. Alle drei sind deutlich grösser als die Strategieberater mit ihrem geschätzten Jahresumsatz von 420 Millionen Euro und 2700 Mitarbeitern in 36 Ländern.

Interesse am Verkauf hätte auch Wittig: Er hatte vor Jahren von Firmengründer Roland Berger, als dessen Protégé er gilt, in grossem Stil Anteile gekauft.