Er malt Kästchen auf ein Blatt Papier, wenn er Probleme lösen oder erklären will. Er zirkelt ein Kästchen ab, wenn er ein Problem isolieren will, mit einem rasant gezeichneten Halbkreis. Ein Strich. Logisch. Schnell. Fertig. Rolf Watter hat es weit gebracht. Kaum ein Schweizer Wirtschaftsanwalt hält mehr bedeutende Verwaltungsratsmandate. Er ist der Mister VR unter den Zürcher Juristen.

Watter malt derzeit wieder Kästchen. Nobel Biocare, der Zahnimplantate-Fabrikant, ist bereit für eine Übernahme, und er ist dessen Verwaltungsratspräsident. Pivate-Equity-Investoren und Konzerne aus der Branche prüfen bereits die Bücher, suchen nach versteckten Problemen oder schlummernden Reserven und Chancen. Ein schwieriger Fall für den VR-Präsidenten Watter, ein einfacher Fall für Wirtschaftsanwalt Watter. In der Causa Nobel Biocare gibt es nicht viele Kästchen zu malen. Nur elf Standorte hat der Konzern weltweit. Die Produktion in Schweden, Israel, Japan, Kanada und den USA, Verkaufseinheiten, Headquarter. Keine komplexen Finanzierungs- und Holdingstrukturen. Keine Mickymaus-Firmen auf Jersey oder den Bahamas. Watter ist in komplexeren Fällen geübt. Er könnte zur Tat schreiten. Eigentlich.

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Doch im Fall Nobel Biocare ist die Lage kritisch. Seit dem Mai 2007, als er in den Verwaltungsrat des Unternehmens eintrat, ist der Aktienkurs auf ein Fünftel eingebrochen. Der Konzern war an der Börse einmal elf Milliarden Franken wert, heute sind es nur noch rund zwei Milliarden. In sieben Jahren sind fast neun Milliarden Aktionärsfranken verbrannt worden. Wie geht Watter mit diesem, mit seinem Krisenfall um?

No Bullshit

Rolf Watter leugnet nichts. Der 56-jährige Konzernlenker ist kein Mann der Business-Bullshit-Sprüche. Er ist Professor der Rechte und trotzdem kein Advokat des Juristen-Kauderwelsch. Er zählt nicht zu den Männern, die allein schon durch ihre Körpergrösse glauben, alles richtig zu machen. Er hat immer gekämpft, sechs Tage in der Woche. Noch nie war das anders. Ein Termin, 45 Minuten. Der nächste Call wartet. So geht sein Leben. Er muss niemandem beweisen, dass er viel zu tun hat.

Wenn er die Ehemaligen zum Alumni-Treffen in seiner Sozietät Bär & Karrer begrüsst, dann greift er zur Bratwurst, während sich Ex-Partner Felix Ehrat, heute Novartis-Chefjurist, für alle deutlich erkennbar, mit dem Chauffeur vorfahren lässt. Das braucht er nicht. «Für mich ist es ein Phänomen, wie ruhig und gelassen er immer bleibt», sagt ein Kollege, «ich habe ihn noch nie anders als sachlich erlebt. Man hat manchmal sogar das Gefühl, dass er sich langweilt.» Eine grosse IWC am Handgelenk, mehr Status fällt nicht auf. Er mag es währschaft.

Aber da ist auch der «Riesen-Ehrgeiz», von dem die Kollegen sprechen. Der hat ihn tonnenweise Fachartikel und Kommentare zum Unternehmensrecht schreiben lassen. Er hat den Aufstieg zu einem der wichtigsten Partner bei Bär & Karrer begleitet und ihn VR-Mandate sammeln lassen wie kaum einen anderen.

Ausser bei Nobel Biocare ist Watter Verwaltungsratspräsident der PostFinance, Vizepräsident bei einem Private Equity und Hedge Fund der UBS; er sass in den Verwaltungsräten beim Versicherer Zurich, beim Agrochemiekonzern Syngenta, beim Bodenbelagshersteller Forbo, beim Kabelnetzbetreiber Cablecom, bei Centerpulse (der ehemaligen Sulzer Medica), bei Feldschlösschen.

Immer wieder geht es dort um sein juristisches Spezialfach. Unternehmen fusionieren oder kaufen, Mergers & Acquisitions, das ist sein Lebenselement. Fälle, bei denen mit schnellen Strichen auf dem Papier die Kästchen zusammengefügt oder separiert werden, je nachdem, wo man gerade steht – auf der Käufer- oder der Verkäuferseite: hier abgeben, dort behalten, alles behalten oder verkaufen. Das ist seine Welt. Wer Watter holt, weiss, was er bekommt. Bei Feldschlösschen kam er in den Verwaltungsrat, unmittelbar nachdem die Brauerei an Carlsberg verkauft worden war. Cablecom: wurde von Liberty Global geholt. Centerpulse: verkauft an Zimmer. Nun der Verkauf von Nobel Biocare.

Watter ist nicht der Springertyp – husch rein und wieder raus. Wie bei der Zurich bleibt er oft, bis er die maximal vereinbarten Mandatsjahre erreicht hat. Und bei Nobel Biocare ist er nun schon sieben Jahre – seit 2011 im Präsidium.

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