Die sechsjährige Regentschaft von ABB-Chef Ulrich Spiesshofer endete letzten Herbst abrupt. Und hinterliess wenig Begeisterung. Unter seiner Ägide nahmen Firmenwert und Anlegergunst kontinuierlich ab, was irgendwann auch dem Verwaltungsrat nicht verborgen blieb. Die Belegschaft atmete derweil hörbar auf, als man sich endlich auf seinen Abgang geeinigt hatte. Der Konzernchef, ein Meister der Präsentationen und der Ankündigungen, hatte viel zu lange alles dominiert und bestimmt.
Nun wird mit dem Schweden Björn Rosengren eine Spitzkehre vollzogen. Macht und Kompetenzen werden an die Kundenfront delegiert, das Headoffice in Zürich-Oerlikon radikal zurückgefahren und die Konzernstruktur aufgebrochen.
Indikatoren sanken kontinuierlich
Denn das ist das Problem: ABB ist zwar mit seinen Produkten in attraktiven Wachstumsmärkten engagiert – effiziente Stromversorgung, Robotik, nachhaltiger Verkehr, Fabrikautomation –, doch man stand sich selber im Weg. Mikromanagement vom Chef, hyperkomplexe Matrix-Organisation, Bürokratie, Kompetenz-Wirrwarr. Der Negativtrend der letzten Jahre lässt sich leicht daran ablesen, dass alle Indikatoren, welche die wertschöpfende Wirkung von Investitionen messen (CAGR, ROCE), kontinuierlich sanken.
Deshalb setzt Rosengren zur Radikalkur an. Und stellt die Stellschrauben so, wie er es bereits bei seinen früheren Stationen – beim finnischen Industrieriesen Wärtsilä und beim schwedischen Minenkonzern Sandvik – mit Erfolg vorexerzierte.
ABB ist freilich eine andere Hausnummer: Der Umsatz ist um ein Mehrfaches grösser, Belegschaft und Geschäftsfelder ebenfalls. Zudem ist die Zahl der Konkurrenten viel breiter und aggressiver. Was ihm bei seinem Husarenritt fürs Erste eine gewisse Sicherheit gibt: Die ABB-Grossaktionäre aus Schweden stehen hinter ihm. Logisch: Sie alle setzen ihre Hoffnung auf eine Trendwende auf ihn.