Facility Management (FM) und Integrale Facility Services (IFS) sind zurzeit die beliebtesten Begriffe der Branche. Ihren genauen Aufgabenkreis endgültig zu definieren, fällt selbst den Fachleuten schwer. Diskussionen laufen auf Hochtouren. Die «Handelszeitung» hat vier Fachleute zum Roundtable-Gespräch eingeladen: Rolf Burri, Facility Manager bei Hotelplan AG; Peter Lehmann, CEO Vebego Services AG; Professor Thomas Wehrmüller, Leiter Fachabteilung Facility Management an der Hochschule Wädenswil; Karl Enzler, VR-Präsident der Enzler Reinigungen AG.
Was sind für Sie in der alltäglichen Praxis die Kernaufgaben des Facility Management?
Rolf Burri: Als Leiter Facility Management bin ich verantwortlich für den Betrieb, die Verwaltung und Instandhaltung des 2003 erstellten Neubaus von Hotelplan. Auch die Internen Dienste fallen in meinen Arbeitsbereich, damit die rund 600 Mitarbeiter im Haus – von denen jährlich bis zu 20% intern umziehen – stets einen einwandfreien Arbeitsplatz vorfinden.
Wie formulieren Sie die Kernaufgaben Ihrer Studienausrichtung?
Thomas Wehrmüller: Unter Facility Management verstehe ich das ganzheitliche Management der Gebäude, Einrichtungen und Dienstleistungen einer Firma. Ganz wichtig ist mir dabei, dass dies zur Unterstützung des unternehmerischen Kerngeschäfts gehört. Im Weiteren unterscheiden wir in der Fachabteilung die folgenden Business-to-Business-Schwerpunkte: Das Immobilienmanagement lehrt den optimalen Einsatz der Immobilie über ihren ganzen Lebenszyklus, während das Hospitality Management seinen Schwerpunkt mehr personenbezogen auf die Dienstleistungen für optimale Wohn- und Arbeitsplatzverhältnisse gelegt hat. Drittens sind die Consumer Affairs auf die Ansprüche und benötigten Dienstleistungen der privaten Verbraucher ausgerichtet.
Welche Leistungen im Facility Management erbringen Sie als Dienstleister?
Peter Lehmann: Mit schweizweit 5000 Mitarbeitern liegt unsere Kernkompetenz als Gebäudereiniger unter anderem in der Organisation und im Einsatz von Mitarbeitern am Ort des Kunden. Wir bieten kein integrales Facility Management an. Neben der fachgerechten Reinigung übernehmen wir auch Aufgaben aus dem infrastrukturellen Facility Management, die von ausgebildeten Hauswarten ausgeführt oder überwacht werden, wie zum Beispiel Parkplatzbewirtschaftung, Schneeräumung, Umgebungspflege, Umzugs- und Entsorgungsmanagement, Kontrolle von Heizung, Klima und Lüftung, Beleuchtungskontrolle usw.
Karl Enzler: Wir sind ein Reinigungsunternehmen, welches mit seiner verteilten und flächendeckenden Organisation auch ausserhalb der normalen Arbeitszeit Dienstleistungen in und an Gebäuden erbringen kann. Wir begleiten ein Gebäude zwar durch seinen Lebenszyklus, bezeichnen uns jedoch nicht als Facility Manager. Facility Manager müssen Gebäudegeneralisten sein. Unsere Fachkompetenz liegt in der flexiblen Organisation von Hilfskräften und in der spezialisierten Reinigung. Dies geschieht mit unseren 2000 Mitarbeitern, davon 70% Hilfskräfte aus 44 Nationen. Wir sind so organisiert, dass wir bei jedem Kunden täglich auf seine Wünsche eingehen können. Zudem machen wir spezialisierte Reinigungen von Hallenbädern über Industriebetriebe und Industrieanlagen bis zu Hotels und Spitälern.
Burri: Ich möchte als Facility Manager, dessen Aufgabenbereich hausintern angesiedelt ist, auf eine alltägliche Problematik zu sprechen kommen. Ich habe derzeit drei Personen für den Betrieb dieses komplexen Neubaus zur Verfügung. Einen Mann setze ich als «Hauswart» ein und zwei Elektriker als Haustechniker. Ich brauche für die Leute praxisorientierte Weiterbildungsmodule, die Inputs liefern: Einerseits, wenn eine Pumpe Lärm macht oder eine Lüftung nicht läuft, aber auch, wenn es gilt, den Energieverbrauch zu optimieren und CO2 zu reduzieren.
Wehrmüller: An einer Berufsschule für Haustechniker gibt es bestimmt entsprechende Ausbildungsblöcke zu Ihrer Problematik. Wir sind eine praxisorientierte Fachhochschule, die neben Managementkompetenzen auch technisches Know-how vermittelt, gerade im Energiesparen. Wir haben einen Kurs Energiemanagement, und ich verweise auf unser breites Weiterbildungsangebot auch im Bereich des nachhaltigen Betriebes von Gebäuden.
Enzler: Da muss ich Ihnen ein Feedback aus dem Berufsalltag geben: Ich erlebe die Facility Manager im Alltag meist als reine Kostenoptimierer, deren Interesse an einer technischen oder qualitativen Optimierung hintansteht.
Wehrmüller: Das ist ein viel zu kurz gegriffener Wirkungsgrad. Ich betone, dass Facility Manager das Kerngeschäft bestmöglich unterstützen sollten. Ein Mehrwert für die Firma resultiert daraus, wenn die Arbeitsprozesse im Kerngeschäft effizienter laufen. Deshalb wehre ich mich vehement gegen die Berufsdefinition «Hauswart», das vermittelt einen falschen Eindruck …
Burri: … ja, aber wir betreiben und organisieren in der Praxis das Gebäude …
Wehrmüller: … korrekt, doch die Leistungspalette ist, ohne den Hauswart in irgend einer Weise abzuwerten, umfassender. Neben der technischen Seite des Gebäudemanagements gehören auch die kaufmännische Gebäudebewirtschaftung und die Weiterentwicklung der Immobilie dazu, und es muss durch die Organisation von intelligenten Dienstleistungen eine optimale Verbindung der Faktoren Mensch und Infrastruktur erreicht werden. Zudem bezeichne ich den Facility-Manager-Job hauptsächlich als Kommunikationsjob.
Burri: Da stimme ich mit Ihnen voll überein.
Der Facility Manager als Kommunikator, können Sie dieser Aussage beipflichten?
Lehmann: Ja. Gute Kommunikation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für das Erbringen von Dienstleistungen. Dies gilt sowohl für die Reinigung wie für alle anderen Tätigkeiten aus dem Bereich des Facility Management.
Aber was unternehmen Sie in der Aus- und Weiterbildung Ihrer Mitarbeiter und um dem Kundenbedürfnis «Alles aus einer Hand» entgegenzukommen?
Lehmann: Die fachtechnische Ausbildung und Instruktion erfolgt bei uns firmenintern. Wir beschäftigen heute schweizweit rund zehn Mitarbeiter mit abgeschlossener Hauswartschule. Damit wollen wir mögliche Synergien im Bereich Hauswartung und Reinigung nutzen. Im Rahmen von Service Level Agreements – abgekürzt SLA – sind auch die Kontrollbedürfnisse seitens des Auftraggebers zu überprüfen. Grundsätzlich ist ja der Auftragnehmer für die tägliche Kontrolle seiner Leistungen zuständig. Wenn nun im Rahmen des internen oder externen Facility Management parallel dazu weitere interne Kontrollstellen aufgebaut werden, so stellt sich, bei allem Verständnis für nötige Kontrollen, die Kosten-Nutzen-Frage. Beim Eingehen eines Vertrages ist der Auftragnehmer dafür verantwortlich, dass die vereinbarten Leistungen auch geliefert werden. Diese Leistungsvereinbarung sollte im Rahmen eines regelmässigen Reviews, quartalsweise oder eventuell monatlich, überprüft und gemeinsam besprochen werden.
Enzler: Für uns hat sich die Tätigkeit in den vergangenen Jahren insofern verändert, dass gängige Bürozeiten nicht mehr wie früher von 8 bis 17 Uhr dauern, sondern von 6 bis 22 Uhr. Um für den Kunden Nachtarbeitszeiten und entsprechende Kosten zu vermeiden, müssen wir, ohne zu stören, oft in Anwesenheit des Auftraggebers arbeiten. Das verlangt von unseren Mitarbeitern neue Kompetenzen. Wir müssen ihnen nicht nur Reinigungstechnik, sondern auch ein Dienstleistungsverständnis vermitteln, um vor Ort auf die Kundenwünsche einzugehen und bedürfnisgerechter und nicht nur nach Plan zu arbeiten. Unser Personal vor Ort muss sich auch bei Anregungen und allfälligen Reklamationen richtig verhalten und sollte mit dem Personal des Kunden kommunizieren können.
Burri: Wie wichtig rudimentäre Deutschkenntnisse sind, sehe ich oft, und zwar auch, um Missverständnisse zu vermeiden. Wie leicht wird bei fehlendem Deutsch eine Bitte, dieses und jenes zu erledigen, als ungerechtfertigte Reklamation aufgefasst und führt zu Problemen.
Enzler: Genau aus diesem Grund werden bei uns die Ausbildungen nicht mehr wie früher in sieben Sprachen angeboten, sondern nur noch in Deutsch. Wer sprachlich nicht folgen kann, den können wir nicht mehr ausbilden. Es nützt selten etwas, wenn ein Mitarbeiter einen Kundenwunsch nur in Portugiesisch annehmen oder nur in Kroatisch eine Reklamation behandeln kann. Der Kunde verlangt verständlicherweise diesen Verständigungsgrad.
Was sehen Sie an der Schnittstelle zwischen Auftraggeber und Dienstleister für Verbesserungsmöglichkeiten?
Wehrmüller: Der Dienstleister muss seine erbrachten Leistungen dem Kunden gegenüber auch marketingmässig gut vertreten. Der Facility Manager sollte neben der Kostenoptimierung die zusätzlichen Qualitäten und Werte, die er ermöglicht, besser zur Geltung bringen.
Enzler: Wir sind technisch keine sehr innovative Branche. Jetzt müssen wir an dieser Schnittstelle mit einer neuen Denk-richtung den Dienstleistungsgedanken erhöhen. Wir arbeiten, während das Büropersonal arbeitet, und damit steigt die Zufriedenheit, denn es wird jedem deutlich vor Augen geführt: Jener putzt und reinigt für mich und meine Bedürfnisse.
Lehmann: Wichtig scheint mir vor allem, das Verständnis für qualitativ gute Leistung und die damit zusammenhängenden Kosten zu erhöhen. Dadurch können die Kundenzufriedenheit auf allen Stufen verbessert und der erwähnte Kontrollaufwand reduziert werden. Insgesamt fallen so keine höheren Kosten an.
Enzler: Qualität muss man produzieren und nicht nachträglich kontrollieren. Das hat man schon vor Jahrzehnten in der Fertigung erkannt. Für jede relativ teure Leistungseinheit «Kontrolle» kann viel gereinigt werden. Wenn klare Qualitätsanforderungen definiert sind und entsprechend vergütet werden, kann man auch sauber arbeiten. Leider werden die Leistungsverzeichnisse abgebaut und die Flächenleistungen pro Reiniger gesteigert, bis die Gebäudenutzer unzufrieden sind. Anschliessend will man durch vermehrte Kontrollen die Benutzer beruhigen, anstatt die Reinigungstätigkeit erhöhen.
Was verlangt der Markt im Bereich des Outsourcing und des Integralen Facility Management im Allgemeinen?
Enzler: Von einem guten Dienstleister erwartet man eine gute Ansprechperson. In unserer Organisation ist dies der Objektverantwortliche vor Ort, der den Endkunden kennt, mit ihm kommuniziert und seine Bedürfnisse direkt umsetzt. Nicht Prüfpläne, ISO-Norm und Prüf-Kadenz stellen den Kunden zufrieden, sondern ein rasches Eingehen auf seine Wünsche und eine gute Verständigung.
Lehmann: Um die Kundenzufriedenheit sicherzustellen, müssen gerade bei organisatorischen Änderungen auch die Raumbenutzer über Änderungen in den eingekauften Leistungen informiert werden, sonst sind Beanstandungen programmiert. Während es früher mehr darum ging, ein einmal definiertes Leistungsverzeichnis strikte einzuhalten, fokussiert man heute stärker auf das zu erzielende Resultat. Das erfordert mehr Flexibilität und zeitintensive Verständigung auf allen Ebenen. Ausgangspunkt ist es, die Qualitätserwartungen des Kunden genau zu kennen und sicherzustellen, dass diese auf allen Stufen verstanden und umgesetzt werden.
Burri: Ich sehe, dass die Ursachenforschung im Alltag bei Problemen der grösste Zeitfresser ist. Und oft brauche ich für die Lösung externe Leute, aber da bin ich auf deren Fachkompetenz und vor allem deren Vertrauenswürdigkeit angewiesen. Oft wird die Verantwortlichkeit weitergeschoben, obwohl dem Betroffenen seine Zuständigkeit eigentlich bewusst wäre.
Wehrmüller: Wir hatten bei der Konzeption des Facility-Management-Studienganges bereits eine Vorreiterrolle übernommen, indem wir die vorhandenen Marktbedürfnisse aufnahmen. Kommunikation, Sozialkompetenz, aktives Zuhören usw. stellten wir ins Zentrum für den Dienstleistungserbringer. Selbstverständlich informieren wir uns weiter systematisch über die sich wandelnden Bedürfnisse. Ausserdem planen wir im Facility Management neu auch einen forschungsorientierten Master-Degree anzubieten.
Was sehen Sie für zukünftige Trends und Entwicklungen?
Lehmann: Das Facility-Management-Konzept wird sich je länger, je mehr durchsetzen. Es geht im Wesentlichen darum, ein Paket mit den präzise definierten Leistungen zu schnüren, diese zu managen und allfällige Synergien zu nutzen. Ob dies durch eine interne oder externe Organisationen geschieht, ist nicht entscheidend. Das Outsourcing des Facility Management und damit die Konzentration auf das Kerngeschäft können für ein Unternehmen auch strategische Bedeutung haben, wenn damit beispielsweise die Produktivität im Kerngeschäft verbessert wird. Outsourcing ist auch dann richtig, wenn die Fachkompetenz im eigenen Haus nicht vorhanden ist.
Enzler: Die Gebäude werden in Zukunft noch komplizierter und anspruchsvoller; dadurch steigen die technischen Anforderungen an das Gebäudemanagement noch mehr. Ich sehe daher, dass der auf FM spezialisierte Mitarbeiter mit externen Detailspezialisten zusammenarbeiten wird.
Sind die Fachhochschulen demnach noch mehr gefordert, müssen sie noch mehr abdecken?
Wehrmüller: Wir bilden gerne noch mehr Facility Managerinnen und Manager aus. Die Nachfrage nach den heute jährlich 50 bis 60 Abgängern ist enorm gross, und wir streben 100 Abgänger an. Wir wollen auf breiter Ebene kompetente Facility Manager ausbilden, die dem stets steigenden Professionalisierungsdruck gewachsen sind.
Ist die FM-Branche heute im Umbruch? Und was sehen Sie für zukünftige Trends?
Burri: Zentral ist die Kunde-Verkäufer-Beziehung auch zukünftig. Wenn diese funktioniert, ist alles o.k., wenn nicht, ist kaum etwas zu retten. Diese neuen Häuser sind in technischer Hinsicht oft wie Prototypen. Deshalb versuche ich, in partnerschaftlicher Zusammenarbeit das Problem innert nützlicher Frist zu beheben.
Lehmann: In den letzten 30 Jahren hat die Reinigungsbranche in ihrem Ansehen deutliche Fortschritte gemacht, und die Akzeptanz bei den Partnern – auch für weitere Dienstleistungen innerhalb des FM – ist kontinuierlich gestiegen. Reinigung ist eine kostenintensive Leistung. Es besteht die Gefahr, dass durch zum Teil exzessive Minimierung der Reinigungskosten andernorts Kosten anfallen, die zu insgesamt höheren Belastungen und Ausgaben führen. Dem müssen wir Rechnung tragen.
Wehrmüller: Und gerade wenn der Gebäudereiniger sich gewohnt ist, gut mit den Kunden zu kommunizieren, eröffnet ihm diese Eigenschaft den Zugang zu einem erweiterten Dienstleistungsmarkt. Dazu gibt es auch diverse berufsbegleitende Weiterbildungsangebote.
Enzler: Als People Manager haben wir aufgrund unseres bunt zusammengewürfelten Personals grosse Kompetenz. Die Branche ist im Umbruch, aber noch nicht sehr attraktiv. Dennoch brauchen wir gute Leute. Das Einstiegsniveau für unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, darauf möchte ich die Fachhochschule dringend hinweisen, darf allerdings nicht zu hoch sein.
Wehrmüller: Es gibt gute Weiterbildungsmöglichkeiten auf verschiedenen Ebenen, die den Leuten in der Branche attraktive Perspektiven bieten: Auf der berufsbegleitenden Schiene einen Fachausweis, eine höhere Fachprüfung, einen Master of Advanced Studies in Facility Management und ein Vollzeitstudium mit einem Bachelor- oder einem Master-Abschluss.
Burri: Ich brauche keine Titel, sondern Handwerker mit Kompetenz und vielseitigem Wissen, die in der Praxis bestehen können. Integrale Sichtweise ist gefordert.
Lehmann: Auf der Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, in der sich die Partner gegenseitig akzeptieren und gemeinsam Lösungen erarbeiten, wird sich das Facility-Management-Konzept auch in Zukunft erfolgreich weiterentwickeln.