Der Aktienkurs von Ascom schnellte um 5% in die Höhe, sobald die Nachricht vom Chefwechsel bekannt wurde. Rudolf Hadorn, der bisherige Finanzchef, folgt auf Juhani Anttila, der sich nach einem Doppelmandat als Chairman und CEO wieder in den Verwaltungsrat zurückzieht. «Das freute mich natürlich», sagt Rudolf Hadorn. «Das bedeutet, dass ich das Vertrauen der Shareholders und der Analysten geniesse, es bedeutet, dass unsere Arbeit positiv wahrgenommen wurde, und», nach einigem Zögern, «es verpflichtet natürlich auch, zu liefern, was der Vertrauensvorschuss von einem erwartet.»

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Wir sind im Chefbüro des Zürcher Standortes der Ascom in Dübendorf: Ein Eckzimmer, keine Pflanzen, keine Bilder, kein Schnickschnack, hier wird nicht repräsentiert, hier wird gearbeitet. Rudolf Hadorn ist seit rund anderthalb Jahren bei Ascom und hat als CFO den ganzen Umbruch des Unternehmens mit vorangetrieben. Er hat die Liquidität in Ordnung gebracht und die Nettoverschuldung in eine Netto-Cash-Situation verwandelt, er hat die Bilanz gestärkt, indem er die Eigenkapitalposition erhöht hat und die Verwundbarkeit in diesem Bereich in Vertrauen auch seitens der Banken verwandelt hat, und er hat mitgeholfen, Schritte zur Optimierung der Ertragslage einzuleiten, wobei, so sagt er sofort: «Da gibts weiterhin noch viel zu tun.»

Dass einer als Finanzer einen Technologie-Konzern zu führen imstande ist, daran zweifelt bei Ascom keiner. Hadorn hat sich schon früher bei Krone als Sprecher der Geschäftsleitung weit über die reinen Belange des Finanzwesens hinweg engagiert. «Natürlich hat man dabei immer die Finanzen im Auge, aber nicht nur: Es gilt, immer einen integralen Ansatz zu suchen.» Auch bei General Motors und ihrem internationalen Konzern mit seinen Strukturanpassungen, Startups oder beim Aufbau von ganzen Vertriebsbereichen hat Hadorn weit über seine Kernkompetenz hinaus dazu gelernt.

Zurück ins heimische Bern

Mit dem Engagement bei Ascom kehrt im Grunde ein «verlorener Sohn» in die Schweiz zurück. Das Geschlecht Hadorn hat Berner Wurzeln, er selber ist im Berner Oberland aufgewachsen, in Thun ins Gymnasium gegangen, dann nach St.Gallen an die HSG.

Dann zog es Hadorn aber sehr schnell zu General Motors. GM waren die Ersten, die den Fall des eisernen Vorhanges als grosse Chance packten, und Hadorn zog mit ihnen nach Ungarn. «Das war eine tolle Aufgabe», erinnert er sich, «aus dem Nichts ein Auto- und Motorenwerk aufzubauen», und er erzählt, wie sie damals ganz junge Studenten von der Uni holten, wie sie mit Pioniergeist die grossen Herausforderungen angingen und welche positive Beachtung die Investition in dem Land hatte. «Noch heute habe ich manchmal Kontakt mit den jungen Leuten von damals», erzählt er, «und sie haben ansehnliche Karrieren gemacht.»

Gewohnt hatte Hadorn damals als Geschäftsführer Opel Austria in Wien, «und diese Stadt», so sagt er, «hat mich zum begeisterten Städter gemacht.» Überhaupt hat er Österreich als «sehr wettbewerbsfähig» erlebt, als eine Gesellschaft, die unter anderem ihre Autozulieferindustrie aufgebaut hat, die auch ihre Hotellerie und ihren Tourismus durch ein konsequentes «complete offering» auf hohem Stand hält.

Noch mehr begeistert hat ihn allerdings der Standort seines nächsten Arbeitgebers, der Krone GmbH, Berlin. «Berlin hat uns alle fasziniert, die ganze Familie», sagt er noch heute. «Berlin ist eine sehr schnelle, aber auch sehr offene Stadt. Es zählt nicht die Herkunft, es zählt das Argument. Man spürt diesen Umbruch, diesen Aufbruch in Architektur, Kultur und im Business. Trotz schwierigem Umfeld geht es hier vorwärts.» Es ist dieser wiedererwachte Mythos Berlin, von dem sich Hadorn anstecken liess. «Wenn Sie unter dem Brandenburger Tor stehen», sagt er, «dann spüren Sie die Mischung von Geschichte und Aufbruchstimmung.» Eine solche Aufbruchstimmung möchte Rudolf Hadorn auch der Schweiz gönnen. Es haben in den letzten Jahren viele Firmen, die den Begriff Schweiz oder Swiss in ihrem Namen trugen, im Ausland Erstaunen ausgelöst. «Man hat festgestellt, dass sich in der Schweiz so viel bewegt, aber nicht alles zum Guten», sagt Hadorn.

Immer wieder umziehen

Jedesmal, wenn Hadorn im Laufe seiner internationalen Karriere die Stelle wechselte, musste seine Familie mitziehen. Hadorn ist seit 14 Jahren verheiratet. Seine Frau ist Pianistin, verzichtet aber der drei Kinder wegen auf eine eigene Karriere. «Wir sind im Schnitt alle anderthalb Jahre umgezogen, und das war manchmal schwer für die Familie. Sie musste enorm viel Verständnis aufbringen. Aber wir sind zum Glück alle gesegnet mit einer gesunden Neugier, und wir schaffen es, in jedem Umfeld neue Kontakte zu knüpfen.»

So hat die Familie Hadorn mit ihren drei Söhnen im Alter von 8, 11 und 14 Jahren eine Spur von Freundschaften durch halb Europa gezogen. Seit Vaters Engagement bei Ascom herrscht allerdings Ruhe. Die Familie hat sich in Thalwil niedergelassen. «Immerhin ein positiver Effekt dieser steten Reiserei», sagt Hadorn, «ist, dass die Familie vollkommen zusammenhält.»

Der Alltag des Rudolf Hadorn verläuft, wie es sich für einen Finanzer gehört, in klaren Bahnen. «Montag bis Freitag gehören dem Job, what ever it takes, das Wochenende halte ich strikte frei, es gehört der Familie.» Samstags engagiert sich Familie Hadorn in einer protestantischen Freikirche, sonntags unternimmt sie Ausflüge, fährt Ski, geht Wandern. Offen legt er sein Engagement in der Kirche dar. Das zeugt von Mut und Selbstbewusstsein in seiner Position. «Glaube und Business funktionieren sehr gut zusammen», sagt Rudolf Hadorn. «Die gemeinsamen Werte sind wichtig: Ehrlichkeit zu sich und zu andern, Bescheidenheit ist zentral, aber auch die Grundhaltung, dem andern nicht schaden zu wollen, sondern ihm helfen zu wollen.»

Gegen kurzfristiges Denken

Fairness ist ein Wort, das Rudolf Hadorn oft benutzt. Nun ist aber Rudolf Hadorn von einigen Beobachtern schon als «Haudegen» tituliert worden, wie verhält es sich denn damit? «Haudegen nennt man mich vielleicht wegen meiner offenen, direkten Art», meint er. «Ich sage klar und deutlich, was ich denke, und handle auch danach. Ich bin zielorientiert und klar im Ansatz, und ich kämpfe für meine Ziele. Mag sein, dass man mich deshalb als hart wahrnimmt.»

Den Zusammenhang zwischen den gemeinsamen Werten sieht Hadorn darin, «dass Resultate sehr wichtig sind, sie aber in einer gewissen Relation stehen müssen. Ein Ziel, das nur der kurzfristigen Gewinnmaximierung dient, ohne Nachhaltigkeit, ohne Substanz unter der Oberfläche, das alleine genügt mir nicht.» So sieht Rudolf Hadorn hinter dem Unternehmen, das er leiten wird, die Share- und die Stakeholder, für die es den Unternehmenswert zu maximieren gilt, damit die operative Leistungskraft wieder erlangt wird.. Natürlich hat es ihn gefreut, dass die Börse mit 5% Preiserhöhung für die Ascom-Aktie auf seine Ernennung reagiert hat. Aber es freut ihn auch, dass die Mitarbeitenden wieder Mut schöpfen. «Wenn ich mich morgens am Kaffeautomaten anstelle, dann spüre ich, dass bei Ascom wieder Aufbruchstimmung herrscht. So ein der Mitarbeiter sagt oft mehr als tausend Worte. Es sind nicht nur der Kapitalmarkt und Banker, die wieder an uns glauben, wir selber sind wieder von uns überzeugt.» Allerdings, so relativiert er: «Wir sind noch nicht am Ziel. Gewisse Strukturen müssen optimiert werden. Und es werden noch Stellen abgebaut. Aber immerhin, Ascom hat wieder eine faire Chance.»

Profil: Steckbrief

Name: Rudolf Hadorn

Funktion: Design. CEO Ascom, Bern

Geburtsdatum: 13. Februar 1963

Wohnort: Thalwil ZH

Familie: Verheiratet, drei Söhne

Transportmittel: Mercedes E-Kl. 4x4

Karriere:

1989-2000 General Motors/Opel: Versch. intern. Leitungsfunktionen im Finanzbereich, zuletzt als CFO und Geschäftsführer Opel Austria, Wien

2000-2002 Krone GmbH Deutschland, Berlin: Sprecher der Geschaftsführung und CFO der Krone-Gruppe

Seit 1. 11. 02 CFO Ascom, Bern

Firma:

Ascom ist ein internationaler Technologie-Lösungsanbieter in den Bereichen Transport Revenue (Gebühreneinzugs-, Toll- und Parking-systeme), Security Solutions, Network Integration und Wireless Solutions und wickelt dort komplexe Projekte ab. Die Angebotspalette der Ascom reicht von der Analyse und Beratung über Systemdesign und -integration, Projektmanagement, Engineering und Realisierung bis hin zu Wartung und Support. Das Unternehmen unterhält Niederlassungen in 23 Ländern und beschäftigt weltweit rund 5000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.