Erstmals seit langer Zeit geht es in den grossen Wirtschaftsregionen gemeinsam aufwärts. So wuchs laut einer Schätzung des Statistikamts Eurostat das Bruttoinlandprodukt (BIP) der 19 Euro-Staaten im ersten Quartal um 0,5 Prozent zum Vorquartal - und damit mehr als doppelt so stark wie in Amerika. Im Vergleich zum Vorjahresquartal erhöhte sich das BIP im gemeinsamen Währungsraum zu Jahresbeginn um 1,7 Prozent. Von der schweren Rezession, die der Euro-Zone während der Euro-Krise im Jahr 2012 durchlaufen hat, ist zurzeit so gut wie nichts mehr zu sehen.
Auch die Schweiz meldet überraschend starkes Wachstum - was zu der Frage führt: Wenn die Wirtschaft so gut läuft, wie lange kann das Geld dann noch so billig bleiben? Wann kommt sie, die Zinswende?
Während die Amerikaner - wenn auch in kleinen Schritten - sie schon hinter sich haben, scheint sie in Europa und der Schweiz noch nicht in Sicht. Aus Sicht von KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm lässt sich diese unterschiedliche Entwicklung gut erklären, wie er am «Bilanz»-Business-Talk sagt:
Seiner Meinung nach wird es mindestens ein bis 1,5 Jahre dauern, bis die Zinswende tatsächlich eintritt: «Vorerst werden die jetztigen Massnahmen - die quantitaiven Lockerungsprogramme - durchgeführt. Erst wenn das beendet ist, können wir über einen ersten Zinsschritt reden.
Zinswende hin oder her - aus Sicht von Economiesuisse-Präsidentin Monika Rühl ist die Schweiz für ausländische Investoren schon jetzt aus einem anderen Grund unattraktiver geworden:
«In den letzten 10 Jahren haben wir 50 Prozent weniger Firmen, die in die Schweiz gekommen sind. Und damit 70 Prozent weniger neue Arbeitsplätze, die durch solche Ansiedlungen geschaffen werden», so Rühl am Business-Talk weiter. Der Hauptgrund liege in der herrschende Unsicherheit, die die vielen Initiativen mit sich bringen. «Potentielle ausländische Investoren wissen nicht mehr wofür die Schweiz steht. Wir haben uns immer als ein poltisch stabiles System mit einer hohen Rechtssicherheit positioniert. Aber ich glaube, dass diese Rechtssicherheit nicht mehr als ganz gegeben wahrgenommen wird.»
Bekräftigt sieht Rühl sich in ihrer Argumenation durch die Initiaten die jetzt noch anstehen - wie die Konzernverantwortungsinitiative oder die Selbstverantwortungsinitiative. Gerade letzteres «stellt unser sämtliches Wirtschaftshandelsnetz infrage. Es ist ein fundamentaler Angriff auf den Wirtschaftsstandort Schweiz und auf die Glaubwürdigkeit der Schweiz als Handelspartner», so die Economiesuisse-Präsidentin weiter.
Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, sieht das anders: «Unternehmer leben in der Schweiz mit sehr geringen politischen Unsicherheiten im Vergleich zu anderen Ländern. Vielmehr hat die Schweiz mit dem überbewertete Franken und ihrer Kostenstruktur einen sehr grossen Nachteil», sagt Lampert am Business-Talk.
Aus seiner Sicht agiert die Nationalbank nicht aktiv genug und er verrät, wo er den Kurs künftig gerne sehen möchte:
Der BILANZ-Business-Talk wird am Sonntag, 07. Mai 2017, 13.10 Uhr auf SRF 1 ausgestrahlt.
Wiederholungen:
- Sonntag, 07. Mai 2017: 18:25, SRF Info
- Montag, 08. Mai 2017: 08:10, 09:05, 11:30 Uhr, SRF Info
- Samstag, 13. Mai 2017: 13:10 Uhr, SRF 1, 17.:10 Uhr SRF Info