Aufgrund von Salmonellen-Fällen in mehreren Ländern muss der Süsswarenhersteller Ferrero die Produktion in einer Fabrik in Belgien vorerst stoppen. Die Aufsichtsbehörde Afsca kündigte am Freitag an, die Produktionslizenz für die Fabrik in Arlon in Folge von Ermittlungen zu entziehen.
Ferrero habe in den Ermittlungen nicht ausreichend Informationen geliefert, so die Mitteilung. Alle Produkte aus dem Werk müssen demnach zurückgerufen werden, unabhängig von ihrem Produktionsdatum.
Produkte auch in Schweizer Regalen
Dies umfasst laut der Mitteilung alle Kinder Surprise, Kinder Mini Eggs, Kinder Surprise Maxi und Schoko-Bons, die in Arlon gefertigt wurden. Afsca bat auch alle Vertriebsfirmen, die entsprechenden Produkte aus dem Einzelhandel zu nehmen. Dies betrifft auch Detailhändler in der Schweiz (siehe Bildergalerie).
Das Werk in Arlon dürfe erst wieder öffnen, wenn alle Regeln und Anforderungen der Lebensmittelsicherheit erfüllt seien.
In den letzten Wochen seien über 100 Salmonellen-Fälle in Europa identifiziert worden, die daraufhin mit der Produktionsstätte in Arlon in Verbindung gebracht worden seien, schrieb Afsca.
Ferrero hatte zuvor bekanntgegeben, dass Salmonellen bereits am 15. Dezember 2021 in dem Werk entdeckt wurden. Salmonellen seien in einem Sieb am Auslass von zwei Rohstofftanks festgestellt worden und die daraus gefertigten Produkte seien daraufhin zurückgehalten worden. Der Filter sei ausgetauscht und Kontrollen der unfertigen und fertigen Produkte seien gesteigert worden, so Ferrero.
Warum Ferrero nicht schon damals die bereits im Umlauf befindlichen Produkte zurückrief, geht aus der Mitteilung nicht hervor. In den vergangenen Tagen hat das Unternehmen in etlichen Ländern Produkte seiner «Kinder»-Süsswarenserie zurückgerufen – nun auch in den USA, wie aus einer Unternehmensmitteilung hervorgeht, die die US-Lebensmittelbehörde FDA am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichte.
Reine Vorsichtsmassnahmen, sagt das Unternehmen
Es sind nur reine Vorsichtsmassnahmen, wie das Unternehmen mehrfach betonte. Obwohl keines der «Kinder»-Produkte positiv auf Salmonellen getestet worden sei, nehme Ferrero die Angelegenheit sehr ernst, «denn der Schutz der Verbraucher hat für uns oberste Priorität». Doch allein der Verdacht eines Salmonellen-Befalls könnte Spuren in den Supermarktregalen hinterlassen – zumal das Ostergeschäft bei Süsswarenherstellern als lukrativ gilt.
Heftige Kritik an dem Unternehmen übte indes die Verbraucherorganisation Foodwatch. «Wenn so ein Fehler passiert, muss die Bevölkerung sofort gewarnt werden», sagte Andreas Winkler von Foodwatch am Freitag. Seiner Ansicht nach sind Eigenverantwortung und Eigenkontrollen der Hersteller nicht ausreichend, notwendig seien «Transparenzpflichten für Behörden, damit Fälle wie Ferrero umgehend öffentlich gemacht werden müssen.»
Aber was war überhaupt der Auslöser für die vielen Rückrufe der vergangenen Tage? Zu Beginn der Woche waren zunächst in Grossbritannien und Frankreich Fälle von Salmonellen-Erkrankungen bekannt geworden. In Grossbritannien waren vor allem kleine Kinder an einer Salmonellen-Infektion erkrankt, wie die Nachrichtenagentur PA am Montag meldete. Kurz darauf rief Ferrero einige Chargen an Kinder-Überraschungseiern zurück. Die Lebensmittelsicherheitsbehörde teilte mit, der Rückruf habe «eine mögliche Verbindung zu einem Salmonellen-Ausbruch».
Auch in Frankreich hatte Ferrero zu Wochenbeginn nach 21 Infektionsfällen Produkte zurückgerufen, wie die Gesundheitsbehörden in Paris mitteilten. Nach deren Angaben handelt es sich genetisch um dieselben Salmonellen, die für einen Ausbruch von Salmonellen-Erkrankungen in Grossbritannien und Irland verantwortlich sind. Hergestellt werden die betroffenen «Kinder»-Schokoprodukte alle demnach in besagter Fabrik im belgischen Arlon.
Durch die Zusammenarbeit mit Lebensmittel- und Gesundheitsbehörden in Europa habe Ferrero neue Daten erhalten, die eine Übereinstimmung zwischen den in Europa gemeldeten Salmonellenfällen und dem eigenen Werk in Arlon zeigten, hiess es nun von dem Unternehmen.
105 Fälle von Salmonellen
Am Donnerstag weitete Ferrero seinen Produktrückruf in Deutschland auch auf einige Weihnachtsartikel aus. Es handelt sich unter anderem um spezielle Überraschungseier und Adventskalender, jeweils mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 20. April 2022, wie aus einer am Donnerstag im Portal lebensmittelwarnung.de veröffentlichten Übersicht hervorgeht.
In Europa nahmen die EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA und die EU-Gesundheitsbehörde ECDC Untersuchungen auf. Die beiden Behörden hatten am Mittwoch von 105 bestätigten Salmonellenfällen und 29 Verdachtsfällen gesprochen, die meisten davon bei Kindern im Alter von unter zehn Jahren. Bestimmte Schokoladenprodukte seien als wahrscheinlicher Infektionsweg identifiziert worden.
«Eine Salmonellen-Erkrankung äussert sich innerhalb weniger Tage nach der Infektion mit Durchfall und Bauchschmerzen, manchmal mit Erbrechen und leichtem Fieber», teilt die Verbraucherzentrale mit. Bei Gesunden klingen die Beschwerden demnach in der Regel nach einigen Tagen wieder ab. In bestimmten Fällen könne es jedoch zu schweren Krankheitsverläufen kommen, insbesondere bei Säuglingen, Kleinkindern, alten Menschen und Menschen mit geschwächtem Abwehrsystem.
(sda/me)