Herr Schönenberger, einmal mehr haben Sie vor Weihnachten aggressive Preiskampagnen gefahren. Mussten Sie die Jahresbilanz noch etwas schönen, um keinen zu grossen Kundenrückgang zu verbuchen?
Andreas Schönenberger*: Nein, wir haben bereits in den letzten Jahren ähnliche Kampagnen durchgeführt. Mit Salt ist generell mehr Dynamik in den Markt gekommen, wir haben Strukturen aufgeweicht. Und mein Ziel ist klar, Kunden zu gewinnen.

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Man hört aber, sie hätten 2016 Kunden verloren – wie schon im Jahr zuvor. Wo stehen Sie per Jahresende?
Wir möchten die Vorteile unserer privaten Aktionärsstruktur aktiv nutzen und kommunizieren entsprechend nur einmal jährlich den Geschäftsgang. Heute kann ich Ihnen lediglich sagen, dass wir mit dem für uns wichtigen Postpay-Segment sehr zufrieden sind.

Seit der Übernahme durch Xavier Niel ist Salt sehr uneinheitlich am Markt aufgetreten. Mal mit luxuriösen Sorglos-Paketen, dann wieder mit Billig-Abos. Keiner weiss so recht, wofür die Marke steht. Können Sie uns erklären, wie Salt positioniert ist?
Unsere Marke steht für gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bei gleichzeitig hoher Qualität.

Das ist die eierlegende Wollmilchsau. Tolle Qualität und trotzdem billig. Wie soll das gehen?
Nein, das ist nicht so. Wir haben viele Kernaufgaben ins Unternehmen zurückgeholt, welche früher ausgelagert waren. Wir sind überzeugt, dass wir Qualität günstiger erbringen können, und das werden auch unsere Kunden besser spüren. Das hat vor kurzem auch ein Bericht des «Kassensturz» gezeigt.

Gleichzeitig sind sie im wichtigsten Netztest der Zeitschrift «Connect» auf den letzten Platz zurückgefallen. Sunrise, der frühere Billiganbieter, hat dagegen alle überholt. Das müsste Ihnen zu denken geben.
Das Niveau ist bei allen hoch. Unser Rating ist «sehr gut» – gleich wie Swisscom. Die Platzierung ist zweitrangig.

Jetzt beschönigen Sie aber. Ihre Vorgängerfirma Orange hatte einst den Anspruch, mit dem Qualitätsführer mitzuziehen. Haben Sie nach der Übernahme zu stark bei der Infrastruktur gespart, um die Preissenkungen zu ermöglichen?
Nein, wir investieren weiterhin. Wir haben 2015 unsere Unternehmung restrukturiert. Das hat uns die Preissenkungen erlaubt.

Wie viel Kosten haben Sie rausgenommen?
Das werden wir mit dem Jahresabschluss kommunizieren.

Sie verkaufen ihre Abos den Neukunden zur Hälfte des Preises, den die Bestandskunden bezahlen. Verärgern Sie da nicht genau die Leute, die ihnen seit Jahren treu sind?
Interessanterweise höre ich das immer wieder. In anderen Branchen ist das doch gang und gäbe. Wenn Sie eine Hypothek abschliessen, erhalten Sie diese heute auch viel billiger als noch vor ein paar Jahren.

Wieso sind SIM-Karten eigentlich so teuer? Seit neustem verlangen Sie 49 statt 40 Franken. Was rechtfertigt einen Preisaufschlag bei einer so alten Technologie?
Wir wollen transparent sein und knüpfen die Kosten, die das Aufsetzen eines neuen Kunden verursacht, an den Preis der SIM-Karte. Wingo belastet zum Beispiel zusätzlich eine Aktivierungsgebühr.

Das sind die Kosten für einen neuen Kunden? Müssten Sie diese nicht vielmehr als Investition in die Kundenbeziehung sehen?
Nein. Wir haben sehr attraktive Preise. Ich finde es besser das zu trennen, und transparent zu sein.

Im Sommer haben Sie den Vertrag mit Mobile Zone, einem der wichtigsten Vertriebskanäle für Handy-Abos, auslaufen lassen. Das sorgte für Kopfschütteln in der Branche.
Wir haben unsere Vertriebsstrukturen überprüft und allen Partnern neue Verträge angeboten. Mobilzone hat entschieden unseren neuen Vertriebspartnervertrag vorerst nicht zu unterzeichnen.

Verträge mit tieferen Kommissionen.
Falsch! Die Kommissionen waren gleich hoch.

Mobilezone sprach von schlechteren Konditionen.
Dies stimmt nur bedingt. Die Auszahlung eines kleinen Teils der monatlichen Kommission soll während sechs Monaten zurückbehalten und dann ausbezahlt werden, wenn klar ist, dass die vertraglichen Voraussetzungen für den Kommissionsanspruch erfüllt sind. Diese Voraussetzungen sind unverändert und entsprechen Schweizerischem Agenturrecht. Früher wurde ausbezahlt und dann zurückgefordert. Es geht uns um Qualitätsanforderungen und administrative Vereinfachungen. 

Wie viel Neugeschäft haben Sie dadurch verloren?
Das kann ich nicht sagen. Wir haben aber nach alternativen Absatzkanälen gesucht. Unter anderem haben wir beschlossen, den Online-Kanal stärker zu nutzen. Das liegt mir, ich war ja lange Chef von Google Schweiz. Daneben haben wir weiter in das eigene Vertriebsnetz investiert, etwa mit einem zusätzlichen Geschäft in Bern. Ich glaube an das Konzept «Bricks and Clicks».

Salt ist seit langem als einziges Telekom-Unternehmen nicht im Festnetz tätig. Dieses scheint aber wieder an Bedeutung zu gewinnen, wenn man etwa sieht, wie erfolgreich Swisscom ein Fernseh-Angebot aufgebaut hat. Ist das Festnetz für Sie noch immer Tabu?
Wir konzentrieren uns weiter auf Mobile. Wir sehen da auch noch Wachstum.

Wo genau wachsen Sie?
Wir sind sehr zufrieden mit dem Wachstum im für uns wichtigen Postpay-Segment.

Aber wo genau? Beim Umsatz? Bei der Kundenzahl? In den letzten Jahren hatten Sie da überall Verluste zu vermelden.
Wir sind mit der Marktdynamik in unserem Zielkundensegment sehr zufrieden. Mehr will ich dazu nicht sagen.

Wäre es nicht naheliegend, fürs Festnetz eine Partnerschaft einzugehen? Sie sind ja seit Jahren so etwas wie verlobt mit UPC, die Ihr Netz für ihr eigenes Mobilfunk-Angebot nützt.
Für den Moment ist es so, wie es ist.

Die Reorganisation des Netzes hat bei Ihnen verschiedentlich Pannen ausgelöst. Einmal funktionierte das Roaming im Ausland nicht mehr. Dann hatten zahlreiche Kunden ausgerechnet während eines Matches der Fussball-Nationalmannschaft keine Datenverbindung. Wurden die teuren, alten Systeme zu schnell abgestellt?
Wir haben die IT und den Netzbetrieb zurückgeholt. Das ist immer eine Herausforderung. Nun haben wir das Knowhow aber intern, was ein Vorteil für den Netzbetrieb darstellt. Die Themen, die Sie ansprechen, sind gelöst. Sie hatten auch nichts mit der Restrukturierung zu tun.

Sie haben im Verlauf des vergangenen Jahres viele Stellen gestrichen. Können Sie da mal ein Fazit ziehen? Wie viele Mitarbeiter hatte die alte Orange zu viel?
2015 hatten wir von 893 auf 833 reduziert. Zu den Zahlen von 2016 äussere ich mich noch nicht. Das kommunizieren wir im Frühling.

Vor kurzem sind offenbar im Waadtland erneut 20 Stellen gestrichen worden. Von so was vernimmt man nur über informelle Kanäle.
Wir reden gerne im Frühling darüber. Nur so viel: wir haben das Geschäft mit Firmenkunden und das mit Privatkunden zusammengeführt. Das macht Sinn, denn gerade das KMU-Geschäft ähnelt dem Geschäft mit Privatkunden sehr stark.

Sie haben eine Niederlassung in Frankreich gegründet, die für die Schweiz tätig ist. Wie viele Stellen wurden ins Ausland verlagert?
Das war hauptsächlich der Ersatz für frühere Outsourcing-Verträge, bei denen die Arbeit durch unsere ehemaligen Netzwerkpartner etwa in Rumänien gemacht wurde.

Als Sie ankündigten, sie würden Outsourcing zurückholen, haben ihre Angestellten das anders verstanden.
Das eine ist die Frage nach dem Ort, das andere die nach der Eigentümerschaft. Dass dieses Geschäft nun bei uns läuft, ist auf jeden Fall ein zentraler Vorteil.

Der Standort in Frankreich wird auch für andere Firmen ihres Eigentümers Xavier Niel genutzt. Dieser besitzt weitere Telekom-Firmen, etwa in Frankreich und Monaco. Gibt es da Überlegungen, verstärkt zusammen zu arbeiten?
Nein. Wir sind eine völlig eigenständige Unit. Der Markt Schweiz ist separat und wird nur von Salt bearbeitet.

Sie haben heute in der Schweiz zwei Konkurrenten: Die etwas grössere Sunrise und die übermächtige Swisscom. War es ein Fehler, dass die Wettbewerbskommission damals die Fusion zwischen Salt-Vorgängerin Orange und Sunrise verhindert hat? Keiner von Ihnen scheint der Swisscom einzeln etwas anhaben zu können.
Es ist schon so, dass die Marktanteile in der Vergangenheit zementiert waren. Mit unserer neuen Eigentümerschaft und der damit verbundenen Philosophie haben wir aber eine Chance, diesen Markt etwas zu dynamisieren.

Können Sie das auch?
Wir sind zuversichtlich.

Es gab Diskussionen darüber, dass die zwei Kleinen das Netz zusammen betreiben könnten, um gegenüber der Swisscom schlagkräftiger zu werden. Ist das noch ein Thema?
Zu dem Thema läuft bei uns ein Pilot-Test im Network Sharing. Wir sehen da durchaus einen Nutzen. Ein definitiver Entscheid ist aber noch nicht gefällt.