Als gestern bekannt wurde, dass der ägyptische Unternehmer und Andermatt-Investor Samih Sawiris den deutschen Reisekonzern FTI ganz übernehmen wolle, ging eine Welle aus Erstaunen und Bewunderung durch die paneuropäische Reise-Szene.
«Die Welt» hatte als erste berichtet, dass die Luxemburger Beteiligungsgesellschaft SOSTNT, hinter der Sawiris steht, beim deutschen Bundeskartellamt die Mehrheitsübernahme der FTI-Dachgesellschaft annonciert hatte.
«Es gibt diese Anmeldung»
«Es gibt diese Anmeldung beim deutschen Bundeskartellamt», bestätigt Samih Sawiris gegenüber HZ. Eine Zustimmung des Bundeskartellamtes würde ihm die Möglichkeit geben, zu einem späteren Zeitpunkt die Mehrheit an FTI zu übernehmen.
Ziel von Sawiris ist es, gemeinsam mit den Banken und der öffentlichen Hand für FTI eine Zukunft zu bieten.
«Einstieg bei FTI eine meiner besten Entscheidungen»
Seit 2014 hält der ägyptische Unternehmer und Investor ein Drittel an der deutschen Reisegruppe, die mit 4.2 Milliarden Euro Umsatz und 12'000 Angestellten hinter TUI und DER Touristik als drittstärkste Touristik-Kraft Europas gilt. Das Kürzel «FTI» stand bei Firmengründung 1983 für «Frosch Touristik GmbH».
Ende 2019 sprach Sawiris in Zürich an einem Event des Branchenverbands der Swiss Travel Communicators erstaunlich offen über sein bisheriges FTI-Engagement. Die Beteiligung an der Firma nannte er «eine meiner besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe. Wir haben mit diesem Engagement zwei- bis dreimal mehr verdient als was uns die Beteiligung gekostet hat», notierte das Reiseportal «Travelnews».
FTI als Retter im Arabischen Frühling
2014 stützten zwei Schwache einander: FTI war wegen der politischen Wirren in Finanznöte geraten und profitierte vom Einsteig Sawiris'. Der Tourismus-Unternehmer seinerseits war froh, dass der Reiseveranstalter FTI für einen stetigen Gästestrom in seine Resorts sorgte, etwa ins ägyptische El Gouna.
Sawiris erklärte es an dem Zürcher Touristik-Event so: «Es ist ja auch logisch: Wenn Sie jemand rettet, dann sind Sie ihm dankbar, und die Dankbarkeit zeigte sich, indem FTI mit voller Kraft El Gouna mit Klienten füllte in einer Zeit, wo es nach dem Arabischen Frühling überall Ärger gab.»
Grosse Teile der Wertschöpfung kontrollieren
Gelingt Sawiris nun die Übernahme des ganzen FTI-Konzerns, kann er noch stärker auf Ziele und Gästeströme des Unternehmens einwirken. Und damit die ganze Wertschöpfungskette beherrschen.
Sawiris sässe gewissermassen am Anfang und am Schluss der touristischen Nahrungskette, vom Apéro (der Buchung im Netz oder im Reisebüro) über den Flug und den Airport-Transfer bis zum Dessert (Begrüssungs-Cocktail im Hotel, Unterkunft). Oft genug werden das dann unter anderem wohl auch Resorts seiner Gruppe sein.
Zunächst aber braucht es einen grossen Kraftakt, um die Münchner FTI-Gruppe, die sich in Corona-Schockstarre befindet, wieder flott zu machen. Gemäss «Welt» wurde in Deutschland ein Finanzpaket geschnürt, an dem sich der Bund, das Land Bayern und die Gesellschafter beteiligten.
Engagement als Privatperson
Mit der Übernahme der Mehrheit an FTI würde Sawiris ein noch stärkerer Player auf dem europäischen Touristikmarkt. Bereits heute gehören ihm neben dem einen Drittel an FTI auch der einzige deutsche Reiseverkaufs-TV-Sender Sonnenklar.tv sowie 75 Prozent von Europas grösster Reisevertriebsgesellschaft Raiffeisen Touristik Gruppe.
«Eine Übernahme wäre eine Opportunität, mein Tourismus-Portfolio abzurunden» unterstreicht Samih Sawiris. «Klar ist aber schon jetzt: An der seit sieben Jahren erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen FTI und den Orascom Hotels würde sich nichts ändern.»
Das FTI-Engagement unternimmt Sawiris als Privatperson und nicht über seine Orascom Development.