Vier Fünftel der Brillenträger in der Schweiz setzen auf entspiegelte Gläser. Das bringt Vorteile bei der Sicherheit, der Ästhetik und dem Komfort. Entspiegelte Gläser sind zudem wasser- und schmutzabweisend.
Die Technologie für diese Prozesse liefert Satis Vacuum, ein Unternehmen mit 150 Beschäftigten mit Hauptsitz im zugerischen Baar. «Wir wollen weltweit Marktführer sein in der für das Entspiegeln entscheidenden Beschichtungstechnologie», umreisst Urs Meyer das ehrgeizige Ziel. Der 38-jährige promovierte Maschineningenieur ETH ist seit zwei Jahren CEO der Firma, die sich klar auf die Brillenglasindustrie fokussiert.
Hinter dieser Strategie verbirgt sich eine selbst gewählte Beschränkung. Die von Satis Vacuum praktizierte Beschichtungstechnologie ist in der Präzisionsoptik und vor allem in der Telekom-Industrie gefragt. Doch im Gegensatz etwa zum deutschen Konkurrenten Leybold Optics, der seine Aktivitäten ausweitete und dabei auf die Nase fiel, konzentrierte sich Satis Vacuum auf ihr Kerngeschäft.
Erfolgreich mit und im Vakuum
Geschickt besetzte die Firma nomen est omen das Vakuum, das andere, in den IT-Sektor abgedriftete Beschichtungsspezialisten bei den Herstellern von Brillengläsern hinterliessen. Der Name Satis Vacuum ist jedoch nicht aus dieser Entwicklung heraus geboren worden. Vielmehr weist er auf das zentrale Produkt hin: Eine Maschine mit einer integrierten Hochvakuumpumpe. Damit werden computergesteuert feinste Schichten auf die Brillengläser aufgedampft, um die eingangs erwähnten gewünschten Eigenschaften herzustellen. Eine solche Maschine kostet bis über eine Mio Fr. Käufer sind die grossen Brillenglashersteller und die Rezeptschleifereien, wobei in der Branche im Moment ein vertikaler Integrationsprozess im Gange ist und Erstere die Letzteren aufkaufen.
Seit einigen Monaten hat Satis Vacuum einen zweiten Trumpf in der Hand: Eine kleinere Maschine, die auf der so genannten Sputter-Technologie (Kathodenzerstäubung) beruht. Sie braucht weniger Platz und ist günstiger und bedienerfreundlicher gerade richtig für jene kleinen Rezeptschleifereien, wie sie sich neuerdings in Optiker-Ladenketten in Europa und den USA immer mehr ausbreiten. Dort wird den Kunden, die eine Brille bestellen, das One-hour-Konzept angeboten. Kernstück dieser schnellen Bedienung sind die neuen Maschinen von Satis Vacuum. Sie vermögen innert 12 bis 15 Minuten die Gläser zu entspiegeln.
Walmart auf der Kundenliste
Sowieso gelten die USA als Wachstumsmarkt mit grossem Aufholbedarf. Im Gegensatz zu Europa blicken dort erst 20% der Brillenträger durch entspiegelte Gläser. Satis Vacuum zählt inzwischen die Optikerkette des Detailhandelsriesen Walmart zu seinen Kunden. Vor kurzem hat man zudem eine Partnerschaft mit dem Brillenmulti Essilor unterzeichnet. Da könnte natürlich bereits spekuliert werden, die Franzosen würden am liebsten Satis Vacuum gleich schlucken. «Das steht nicht zur Diskussion», stellt Meyer klar.
Satis Vacuum soll ein selbstständig operierendes Unternehmen bleiben, wenn auch im Schosse der Schweiter Technologies in Horgen, die vor fünf Jahren die Firma übernommen hat. «Wir funktionieren operationell weiterhin wie ein KMU, mit allen entsprechenden Freiheiten und Verantwortungen», betont Meyer. Dank Schweiter habe man aber auf strategischer Ebene einen Zugriff auf das Know-how von Top-Leuten. Ohne diese Verbindungen wäre der Weltmarkt für ein KMU dieser Grösse eine Nummer zu gross, ist Meyer überzeugt. Fraglich sei auch, ob man ohne Rückendeckung durch Schweiter den Mut und den langen Atem gehabt hätte, um die neue Sputter-Maschine zu entwickeln. Die Hightech-Geräte werden jetzt in einem Nebengebäude in Horgen montiert, während die grossen Aufdampfungsanlagen seit Jahren schon in Mailand hergestellt werden. Dort sitzt auch die Forschung und Entwicklung mit zwei Dutzend hochkarätigen Spezialisten. Verkaufstöchter in Deutschland, England, in den USA und Singapur und der weltweite Kundenkreis zwingen Meyer, häufig herumzureisen.
Erfolgreicher Turnaround
Am Hauptsitz in Baar sind bloss Management, Marketing und Verkauf angesiedelt. In einem Nebenzimmer hat aber ein wichtiger Mann einen Arbeitsplatz eingerichtet: Schweiter-VR-Präsident Hans Widmer. Das deutet darauf hin, dass die grosse Schweiter die kleine Satis Vacuum inzwischen doch sehr sorgfältig unter ihre Fittiche genommen hat. Widmer, der ehemalige Chef von Bührle (heute Unaxis), erklärt: «Satis Vacuum hatte bei unserer Übernahme vor fünf Jahren ein Nachfolgeproblem. Zudem wäre es für die Firma ohne grösseren Partner immer schwieriger geworden, die globale Ausrichtung konsequent weiterzuziehen.»
Zwei klassische KMU-Probleme werden da also erwähnt, die in der Zwischenzeit gelöst sein dürften. Nach hohen Entwicklungsinvestitionen in den letzten Jahren, welche die Profitabilität belasteten, will Satis jetzt mit der Sputter-Technologie die Ernte einfahren. Der Optimismus ist berechtigt, denn nach einem Verlust von 4,2 Mio Fr. im Jahr 2001 schaute im letzten Jahr wieder ein kleiner Gewinn heraus. Dabei wurden die neuen Maschinen erst im Herbst auf dem Markt lanciert.
Meyer hat auch keine Befürchtungen, Laseroperationen und Kontaktlinsen könnten den Brillengläsern bald schon das Terrain abgraben. «Die Verkaufszahlen bei den Kontaktlinsen stagnieren, während die Brille immer mehr zum attraktiven Modeartikel wird.» Zudem seien die Maschinen aus Baar auch gefragt für die Beschichtung der irisierenden Sonnenbrillen, wie sie von Japan bis Brasilien überall ungemein im Trend liegen.
KMU-PROFIL
Gründung: 1964, seit 1998 im Besitz der Schweiter Technologies AG, Horgen
Hauptsitz: Baar ZG
Produktionen Horgen, Mailand (I),
und Verkaufs Erlensee bei Frankfurt
organisationen (D), Bolton (UK),
in: Groveport (Ohio/USA) und Singapur
Beschäftigte: 150 (wovon 90 in Mailand)
Umsatz 2002: 69,3 Mio Fr.
Gewinn 2002: 1,2 Mio Fr.
Tätigkeit: Produktion von Maschinen für die Beschichtung und Entspiegelung von Brillengläsern inklusive Komplettservice (Verkauf, Schulung, Unterhalt und Qualitätskontrolle)
CEO: Dr. Urs Meyer, Maschinenbauingenieur ETH
Internet: www.satis-vacuum.ch