Die Investoren reiben sich gegenwärtig verwundert die Augen. Die Wertpapiere des auf Textilmaschinen und Antriebstechnologie ausgerichteten Saurer-Konzerns haben in diesem Jahr um über 37% zugelegt. Namentlich im Juni und im Juli explodierte die Nachfrage: Der Aktienkurs stieg im letzten Monat um knapp 16%, im Juli sind es bisher um 9%. Blickt man auf die Handelsvolumen, dann fallen die weit überdurchschnittliche hohe Anzahl Titel auf, die Mitte Monat den Besitzer wechselten. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sich im Hintergrund etwas abspielt: Finanzdienstleister und Investitionsunternehmen kaufen Aktienpakete hinzu. Saurer hat bereits bekannt gegeben, dass der Hedge-Fonds-Betreiber Laxey Partners 7,8% der Aktien und zudem Kaufoptionen auf 5,5% der Aktien von Saurer halte. Laxey liess verlauten, das Unternehmen investiere auf eigene Rechnung und handle nicht im Auftrag eines Investors.

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Laxey wie Victory

Diese Erklärung wird in Anlegerkreisen nicht für bare Münze genommen. Man erinnert daran, dass Laxey mit den Call-Optionen auf den Saurer-Papieren den gleichen Weg beschreitet wie vor Kurzem Victory, die Beteiligungsfirma von Mirko Kovats und Ronny Pecik, bei der Übernahme des Technologiekonzerns Unaxis. Zudem wird auch den Österreichern ein Interesse an Saurer und eine Verbindung zu Laxey nachgesagt. Auch dies ein Gerücht, das sich seit knapp zwei Wochen hartnäckig hält.

Ausserdem sollen hinter den Kulissen verschiedene in- und ausländische Akteure sich mit Aktienpaketen von unter den meldepflichtigen 5% an Saurer beteiligen. Ebenso nimmt man an, dass Saurer dieses undurchsichtige Treiben ernst nimmt und mit Privat-Equity-Spezialisten ein Abwehrdispositiv am Aufbauen ist.

Tatsache ist: Solche Gerüchte fallen an der Börse auf fruchtbaren Boden und gaben den Saurer-Dividenenpapieren mächtig Auftrieb. In den Augen von Laxey Partners sind die Aktien noch immer signifikant unter ihrem fairen Wert entfernt, insbesondere, wenn man nichtbetriebsnotwendige, finanzielle und steuerlich bedingte finanzielle Vermögenswerte mitberücksichtige. Und eine solche Aussage weckt natürlich allerlei Phantasien.

Die Analysten dagegen trauen dem Spiel nicht ganz. Sie weisen zwar darauf hin, dass Saurer über eine starke Bilanz mit viel Liquidität verfüge, viel Cash flow generiere und in beiden Geschäftsbereichen gut positioniert sei. Allerdings wird gerade der Bereich Textilmaschinen mit einigen Fragezeichen versehen.

Und diese Bedenken haben sich am Dienstag bestätigt. Saurer veröffentlichte Halbjahreszahlen, die deutlich unter den Erwartungen des Unternehmens und derjenigen der Analysten fielen. Der Umsatz sank in den ersten sechs Monaten um gut 10 Mio Euro auf 770,5 Mio Euro. Der Gewinn belief sich auf 23,6 Mio Euro nach 37,6 Mio Euro im Vorjahreszeitraum. Der Betriebsgewinn betrug 41,9 Mio Euro. Die Analysten hatten im Durchschnitt einen Reingewinn von 31,8 Mio Euro und einen Ebit von 51,5 Mio Euro prognostiziert.

Sogar eine Gewinnwarnung

Das Unternehmen liess denn auch verlauten, dass bei einem Geschäftsgang auf dem momenten Niveau das Vorjahresergebnis im laufenden Jahr nicht erreicht werden könne, und sprach somit eine Gewinnwarnung aus. Doch die Börse liess sich von diesen Aussichten nicht beirren. Zwar gab der Kurs in den letzten vier Tagen um 7% nach, nachdem er mit 101 Fr. einen Höchststand seit bald fünf Jahren erreicht hatte. Es waren schlechte Halbjahreszahlen erwartet worden, und Anleger nahmen Gewinne mit. Die Aktie stieg im Laufe des Dienstags kurzzeitig um 2%, gab dann aber 1% nach.

Schaut man sich die Halbjahreszahlen etwas genauer an, dann haben sowohl der Hedge-Fonds-Betreiber Laxey Partners als auch die Analysten recht mit ihrer Einschätzung des Saurer-Konzerns: Im Bereich der Antriebssysteme konnte das Unternehmen beim Umsatz (10%) wie beim Ebit (106%) kräftig zulegen. Ein Bereich also, der viel Potenzial birgt und in erster Linie von der anhaltend guten Nachfrage bei den Traktoren, Erdbewegungsmaschinen und Luxussportautos profitiert.

Unsicherheit im Textilbereich

Ungewiss ist indes die weitere Zukunft des Textilbereichs, und auf diesen Punkt verweisen die Analysten. Zum einen besteht in der Branche noch immer viel Unsicherheit über die Auswirkung der Aufhebung der Textilexportquoten. Zum anderen bleibt die Nachfrage im Chemiefasergeschäft in mehreren Segmenten stark gedämpft. Diese Aussichten haben die Investitionslust von Textilherstellern, besonders der chinesischen, stark gebremst. Die stärkere Nachfrage aus Indien und Pakistan konnte den allgemeinen Rückgang im Textilmaschinengeschäft nicht wettmachen.

Stellt sich die Frage, wie sich die Aktien angesichts der Gewinnwarnung und der Übernahmespekulationen weiter entwickeln werden. Solange nichts Neues bekannt wird, und das könne noch Wochen dauern, werden die Kursphantasien den Kurs vorderhand stützen. Die Analysten, die dem Treiben etwas ratlos zusehen, halten sich in dieser Situation lieber an die Fundamentaldaten. So wird die Saurer-Aktie mit «Halten» eingestuft, und die Papiere des Konkurrenten Rieter (mit den Halbjahresergebnissen am 16. August) mehrheitlich bevorzugt.

Saurer In Mio Euro

20042005E2006E2007E

Umsatz1614155215601610

Betriebsgewinn (Ebit)11498105116

Ebit-Marge (in %)7.56.36.87.2

Reingewinn69616775

Gewinn pro Aktie (in Fr.)7.106.407.107.90

KGV10151412

Dividende (in Fr.)2.302.602.90

E = geschätzt; KGV = Kurs-gewinn-verhältnis

Quelle: Lombard Odier Darier Hentsch



Tipp

Zwar ist der Bereich Antriebssysteme von Saurer zukunftsträchtig, das Hauptgeschäft Textilmaschinen enttäuscht aber. Zugleich ist auch Saurer in denSog von Übernahmegerüchten bei Schweizer Firmen geraten. Aus diesem Mix ergibt sich: Saurer-Aktien sind nur ein Kauf für risikobewusste Anleger, die auf einen schnellen Gewinn durch eine Übernahme der Firma hoffen. (pi)