Bestellt hatte das Parlament die Bahnreform 2 auf Anfang 2002, doch bis heute hat sie der Bundesrat noch immer nicht in die Vernehmlassung geschickt. Mit dem Projekt sollen die so genannten Privatbahnen den SBB gleichgestellt werden, die bei der ersten Bahnreform massiv entschuldet wurden. Heute sind die kleinen, meist kantonalen Bahngesellschaften auf dem Kapitalmarkt oft benachteiligt, weil sie im Gegensatz zu den SBB nicht über eine faktische Staatsgarantie verfügen. Zudem sind sie beim Bund relativ stark verschuldet und kaum in der Lage, die hohen Investitionen in die Sicherheit zu tätigen.
Die verbummelte Zeit läuft für die SBB. So schluckten sie die Mittelthurgaubahn, als diese ihrem ungestümen Expansionsdrang zum Opfer fiel und 2002 in der SBB-Tochter Thurbo aufging. Auch die Martigny-Orsière-Bahn lehnte sich bei der Staatsbahn an. Nun suchen die SBB die Zusammenarbeit mit dem Regionalverkehr Mittelland (RM), dessen Netz sich vom Jura über den Oberaargau, das Emmental bis ins Luzerner Hinterland spannt.
Brisant: RM verhandelt derzeit offiziell mit der einzigen gewichtigen SBB-Konkurrentin, der Lötschbergbahn (BLS). Da die Politik die Liberalisierung vorantreibe, sei es «unklug, wenn gleichzeitig der Marktführer alles aufkauft», kritisiert BLS-Sprecher Hans-Martin Schaer. «Man muss schon aufpassen, dass es bis dann noch konzessionierte Transportunternehmen gibt.»
Sollte es den SBB gelingen, RM unter ihre Fittiche zu nehmen, rollt auf dem Schweizer Normalspurnetz nur noch eine grössere unabhängige Privatbahn: die Südostbahn.