Frauen in den obersten Führungsetagen sind Exotinnen: Lediglich 3% aller börsenkotierten Firmen werden von Frauen geführt. Und nur 8% der Verwaltungsräte sind weiblich. Nicht anders ist es bei den Spitzenanwälten. Zwar sind inzwischen 21% der Mitglieder im Schweizer Anwaltsverband (SAV) Frauen. Und bei grossen Kanzleien wie Schellenberg Wittmer oder Lenz & Staehelin ist heute sogar gut ein Viertel der beschäftigten Anwälte weiblich. Oben jedoch wirds nach wie vor eng. Star-Wirtschaftsanwältinnen in der Schweiz lassen sich an einer Hand abzählen.

Gabrielle Kaufmann-Kohler ist eine der wenigen Frauen in der Schweiz, die es bis ganz oben geschafft haben. Die 54-Jährige amtet als erste Verwaltungsrätin der UBS, doziert als Professorin an der Universität Genf, rangiert unter den zehn anerkanntesten Schiedsgerichtsexperten weltweit und ist Partnerin der Kanzlei Schellenberg Wittmer in Genf.

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Sich selbst bleiben

Ihr Erfolgsrezept ist simpel. «Ich habe mich nie bewusst dafür entschieden, Karriere zu machen. Mein Berufsleben hat sich wie selbstverständlich entwickelt», sagt Gabrielle Kaufmann rückblickend. Die Pfarrerstochter wuchs gemeinsam mit zwei Brüdern auf. In der Erziehung machten die Eltern keine Unterschiede zwischen den Geschwis-tern. Hausfrau zu werden, stand nie zur Diskussion. «Es wurde erwartet, dass ich studieren und danach arbeiten würde», erzählt die in Basel aufgewachsene Romande.

Erst zu Beginn ihrer Karriere als Schiedsrichterin wurde Gabrielle Kaufmann klar, dass sie in eine absolute Männerdomäne einbrechen würde.

Von Parteivertretern belächelt

Beim ersten Meeting in einem Schiedsrat am Haager Gerichtshof wäre sie beim Anblick des Altherrenklubs am liebsten weggerannt. Damals wurde sie manchmal von Schiedsrichtern und Parteienvertretern belächelt. Eine Regierung lehnte sie sogar wegen ihres Geschlechts als Schiedsrichterin ab. «Das hat mich verletzt. Aber ich habe solches Verhalten ignoriert und einfach meine Arbeit weiter gemacht», erinnert sie sich. Heute hat Gabrielle Kaufmann solche Prob-leme nicht mehr. Habe eine Frau in einem Männergremium erst einmal ihre Kompetenz bewiesen, werde sie akzeptiert.

Männer sieht Gabrielle Kaufmann grundsätzlich als Verbündete, nicht als Gegenspieler. Frauenquoten lehnt sie ab. Und von den Klischees des typisch männlichen und weiblichen Verhaltens will sie nichts wissen: «Bei vielen Männern habe ich nicht das Gefühl, dass sie Probleme anders analysieren als ich. Umgekehrt kenne ich Frauen, die so gefühlskalt und berechnend sind, wie es dem typischen männlichen Rollenbild zugeschrieben wird.» Frauen sollten sich selbst bleiben, professionell arbeiten und sich nicht von geschlechterspezifischen Vorurteilen beeindrucken lassen, glaubt sie. «Allerdings», bemängelt Gabrielle Kaufmann, «ist es heute noch so, dass Frauen wegen der Doppelbelastung von Beruf und Familie für ihre Karriere mehr leisten müssen als Männer.» Sie selbst werde im Haushalt von ihrem Mann unterstützt. Trotzdem hat die dreifache Mutter ihr Schlafpensum mit Hilfe eines Psychologen von acht auf fünf Stunden reduziert. «Besonders als die Kinder noch klein waren, wurde die Zeit einfach zu knapp für alles», sagt sie. «Diese Jahre waren streng. Es wäre mir aber nie in den Sinn gekommen, meine Karriere aufzugeben», meint Gab-rielle Kaufmann. Arbeit sei für sie Lebensinhalt. «Es wäre ein Opfer für mich, nicht zu arbeiten», meint sie. Deshalb ist es für sie selbstverständlich, wie ihre Top-Schiedsrichterkollegen eine Arbeitswoche von 60 bis 70 Stunden zu haben.

«Manchmal hätte ich gern mehr Zeit für einen Kaffee», meint sie, «aber Zeitmangel ist der Preis, den ich dafür bezahle, dass ich ein hochinteressantes Leben habe – weil ich liebe, was ich tue.»

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Erschienen sind 2006 die Porträts über

Wenger Plattner («Handelszeitung» Nr. 44), Baker & Mc Kenzie (Nr. 46), Bär & Karrer (Nr. 48), Lenz & Staehelin (Nr. 50) und 2007 Niederer Kraft & Frey (Nr. 2), Meyer Lustenberger (Nr. 4), Wenger & Vieli (Nr. 6) sowie Homburger (Nr. 8). Das nächste Porträt erscheint am 21. März 2007.

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Fakten: Schellenberg Wittmer in Zürich und Genf

Die Kanzlei Schellenberg Wittmer beschäftigt 83 Anwälte in Genf und Zürich. Sie ist spezialisiert auf Schiedsverfahren. Weitere Ertragspfeiler sind Prozessführung und Finanztransaktionen. Schellenberg Wittmer hat LODH vertreten beim Verkauf der Corporate Finance und Equity Broker-age Units an Vontobel und Celgene beraten bei der Übernahme von Aktiven der Siegfried AG. Ferner hat die Kanzlei Sustainable Asset Management vertreten bei deren Verkauf an Robeco.