Die Auftragsbücher der grossen Werften sind prall gefüllt. Wer heute ein Kreuzfahrtschiff ordert, muss sich bis mindestens 2012 gedulden. Mittlerweile kreuzen schätzungsweise 250 bis 300 der Hochseeliner durch die Weltmeere, Tendenz stark steigend. Allein die Grossreederei Carnival lässt bis 2011 19 neue dieser schwimmenden Städte fertigen. Pro Schiff zahlt der Betreiber zwischen 1 und 1,5 Mrd Fr.



Die Zulieferer sind für die Werften unverzichtbare Partner. Pro Schiff liegt der Vergabeanteil an Dritte im Schnitt bei 75%. Darin enthalten sind unter anderem 25000 t Stahl, 200 km Rohre, 220 t Farbe, 1800 Toiletten, 2000 km Kabel, 20000 t Ausrüstung und 9000 Sprinkler. Von diesen gewaltigen Beschaffungsmengen profitiert eine Vielzahl Schweizer Zulieferer, an vorderster Front der Energie- und Automationstechnikkonzern ABB mit Sitz in Zürich. Luxusliner wie die berühmte «Freedom of the Seas» sind nur mit Hilfe der Technologie von ABB einsatzfähig. In See stechen die Schiffe dank den 360 Grad drehbaren «Aussenbordmotoren» von ABB, Azipods genannt. Kombiniert der Kunde Azipods mit Turboladern, die übrigens ABB Schweiz in Baden produziert, spart das Schiff pro Jahr satte 125000 t Treibstof ein. Ein offensichtlich schlagendes Verhandlungsargument: Die Auftragsbücher von ABB sind prall gefüllt. Bis 2009 rüstet der Zulieferer sieben Kreuzfahrtschiffe mit Azipods, Turboladern, Generatoren, Transformatoren und Frequenzumrichtern aus.

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Die Schiffe werden von den drei grossen Werften Meyer Werft, Aker Yards und Fincantieri gebaut und gehen anschliessend an Reedereien wie Royal Caribbean und Carnival (siehe Tabellen). Am 30. März 2007 vermeldete ABB den jüngsten Auftrag von Celebrity Cruises mit einem Auftragsvolumen von geschätzten 18 Mio Fr.

Ingesamt taxiert ABB-Mediensprecher Thomas Schmidt den Marine-Markt für ABB auf rund 1 Mrd Fr. pro Jahr. Zum Vergleich: ABB erzielte 2006 einen Umsatz von 24,4 Mrd Dollar. Über die Rendite informiert ABB nicht, doch Schmidt lässt durchblicken, dass das Spezialgeschäft dem Konzern «grosse Freude» bereite.



«Manövrierunfähige Stahlhülle»



Würde man die ABB-Produkte aus den Linern entfernen, wären sie laut Schmidt lediglich «dunkle, manövrierunfähige Stahlhüllen, die auf dem Wasser treiben». Fehlten auch noch die Grossprofile der Alcan Aluminium Valais, hätten die Schiffe keine Decks, keine Masten und Kamine. Das Werk der ehemaligen Alusuisse in Sierre liefert leichte, korrosionsbeständige Alu-Schiffbauprofile an grosse Sublieferanten, in einzelnen Fällen auch an Werften. So stammen die Aufbauten der «Emerald Princess» und «Carnival Glory» direkt aus dem Wallis. Dort hat die Belegschaft alle Hände voll zu tun: «Wir spüren das starke Wachstum der Branche», bestätigt Max Siegrist, Produktmanager des Bereichs Marine Applications. Umsatzzahlen zum Marine-Geschäft gibt Alcan nicht bekannt. Kenner gehen von einem mittleren dreistelligen Mio-Dollar-Betrag aus. 2006 erzielte Alcan einen Umsatz von 23,6 Mrd Dollar.

Neben Struktur, Energie und Antrieb haben sich Schweizer Zulieferer auch im Innenleben der Ozeanriesen positioniert. Georg Fischer (GF) mit Sitz in Schaffhausen etwa liefert Wasseraufbereitungs- und

-verteilungssysteme. Die Konzern-sparte GF Piping Systems hat ihre hohe Betriebsgewinnmarge von 11% (2006) auch der lukrativen Nische zu verdanken – mehr verrät GF nicht, der seine Goldgrube zu verteidigen gedenkt. Auch Umsatzzahlen werden nicht preisgegeben. Branchenkenner schätzen den Umsatzanteil auf einen hohen zweistelligen bis tiefen dreistelligen Mio-Fr.-Betrag. 2006 setzte GF rund 4 Mrd Fr. um.

Der Markt ist für GF jedenfalls so interessant, dass die Konzernführung eigens eine Abteilung «Schiffbau» mit einer international agierenden 18-köpfigen Crew gegründet hat. Deren Leiter Roland Steinemann sitzt auf vollen Büchern: «Wir sind mit unseren Produkten bei vier von fünf Schiffen, die bis 2012 gebaut werden, dabei.» Heute sind rund 40 Liner unterwegs, deren Kabinen, Restaurants und Schwimmbäder Frischwasser durch die Kunststoffrohre von GF beziehen. In den kommenden Jahren dürfte sich diese Zahl verdoppeln.

Am Markt vertreten ist auch der Sanitärtechniker Geberit mit Sitz in Jona. Er beliefert vorwiegend die führenden Werften in Europa mit Edelstahlrohr- und Verbundrohrleitungssystemen sowie Sprinkleranlagen. In den Sprinklermarkt ist Geberit laut Konzernsprecher Roman Sidler erst vor kurzem über einen Zukauf eingestiegen. Nun soll der Bereich ausgebaut werden. Denn das Kreuzfahrtschiffgeschäft ist auch für Geberit eine margenstarke Nische. Dasselbe gilt für Huber + Suhner. Die Anbieterin von elektrischer und optischer Verbindungstechnik mit Sitz in Pfäffikon ZH liefert laut Mediensprecherin Cornelia Risi Fiberoptik-Lösungen für die Kommunikation an Bord. Der Bereich warf 2006 rund 80000 Fr. ab. Zum Vergleich: Der Konzernumsatz betrug 655 Mio Fr.

Von Deck zu Deck mit Schindler



Ein zentraler Bestandteil der Innenausstattung sind Aufzüge und Fahrtreppen – die «Queen Mary 2» etwa verfügt über 13 Kabinendecks, die zu Fuss nicht innert nützlicher Frist zu bewältigen sind. Hier ist Schindler mit seiner Tochter Marine nahe Mailand der globale Marktführer. Zu den Referenzprojekten gehört etwa besagte «Queen Mary 2», für die Schindler unter anderem 45 Lifte lieferte. 2007 bedient Schindler die brandneuen Liner Carnival Freedom, die Queen Victoria und die Emerald Princess mit seinen Produkten. Weil die Gäste das Schindler-Logo sehen können, ist das Geschäft nicht nur lukrativ, sondern auch noch prestigeträchtig.

Das wissen auch andere Schweizer Liftbauer, etwa der Spezialist Emch. CEO Bernhard Emch kann sich einen Einstieg jedenfalls vorstellen: «Schliesslich werden hier mehr und mehr individuell angefertigte Produkte verlangt.»

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Schweizer Zulieferer



Spezialisten: Die Betreiber von Kreuzfahrtschiffen legen grössten Wert auf Sicherheit: Korrosions- und Feuerbeständigkeit lauten zwei der wichtigsten Faktoren. Diese Kundenwünsche erfüllen die Schweizer Zulieferer mit ihren Nischenprodukten und schlagen daher die Konkurrenz.

Markt: Schweizer Zulieferer verdienen im Markt für Kreuzfahrtschiffe geschätzte 2,5 Mrd Fr. pro Jahr und beschäftigen rund 20000 Angestellte.

Wachstum: Die Aussichten für die hiesigen Unternehmen sind rosig: Die Schiffbauer sind auf Jahre hinaus ausgebucht. Der ABB-Konzern etwa ist optimis-tisch: «Die Auftragslage hat sich im 4. Quartal 2006 sehr positiv entwickelt», bestätigt ABB-Sprecher Thomas Schmidt.