Ein Kran hievt vom Lastwagen einen Baumstamm, lässt ihn durch die Luft baumeln und auf eine Maschine rollen. Dort wird er entrindet und in die Sägerei bugsiert, wo der «Profilzerspaner» ganze Arbeit leistet. Eigentlich ist es eine 130 Meter lange Verarbeitungsstrasse, ein Puzzle aus Maschinen, das man auch als einen einzigen riesigen Roboter sehen kann. Der Mensch oder «Säger» sitzt in seiner Kabine vor Bildschirmen und überwacht und kontrolliert. Am Ende dieses CIM-gesteuerten Prozesses hat sich der Stamm in Balken oder Bretter verwandelt, die sich in der gewünschten Grösse zentimetergenau stapeln.

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Vom Low-End- bis zum High-End-Produkt

Hauptabnehmer sind Zimmereien und Baugeschäfte. 60% des Holzes findet seinen Platz in irgendeiner Form und Funktion in einem Bauwerk, als Dach, Treppe, Fensterrahmen. «Wir nehmen nur das Filetstück des Stammes und veredeln es», sagt Geschäftsführer Ernest Schilliger. Von den restlichen 40% wird aber nichts zu Abfall: Holzschnitzel werden zu Papier, Sägemehl zu Spanplatten, Rinde zu Abdeckmaterial in Gärtnereien. Vom Low-End-Produkt, etwa Streu für den Hamster oder simplen Brettern für den Heimwerker, bis zum High-End-Produkt liefert Schilliger die ganze denkbare Palette eines Anbieters von Holzprodukten.

Der Verarbeitungsprozess ist vollautomatisch. Kein Balken wird dabei von Menschenhand berührt, ausser im Störungsfall. «Wir investieren jedes Jahr enorme Beträge in die Maschinen», betont Schilliger. Die entscheidenden Weichen wurden vor mehr als vierzig Jahren gestellt. 1962 wurde die Sägerei, damals ein gewerblicher Betrieb mit 20 Beschäftigten, die rund 3000 m3 Holz verarbeiteten, ein Raub der Flammen. Beim Neuaufbau wagte Ernst Schilliger, der Vater von Ernest, einen mutigen Schritt: Er kaufte eine grosse Maschine, mit welcher die Kapazität verzigfacht werden konnte. Von da an ging es stets aufwärts. Schilliger ist heute mit 200 000 m3 verarbeitetem Holz die grösste Sägerei der Schweiz.

Stolze Vorzeigeobjekte

Nebst dem eigentlichen Sägewerk gehören je zwei Holzleim-, Platten- und Hobelwerke, ein Imprägnierwerk und eine Trocknungsanlage zum Betrieb. Dank diesen Produktionssparten kann die Firma als Gesamtanbieter für den Holzbau auftreten. Technisch gibt es kaum mehr Grenzen: Ob Spezialprodukte für den kühnen Ingenieur-Holzbau, grossformatige Platten oder Hauselemente alles kann Schilliger liefern.

Vorzeigeobjekte? Der Chef zählt auf: Ein grosser Teil des Schweizer Pavillons der Weltausstellung Hannover, der Palais d'Equilibre an der Expo, Holzelemente am Fingerdock des Flughafens Zürich, eine Reihe von eleganten neuen Fussgänger- und Velobrücken.... «Unsere Platten erfüllen sämtliche Ansprüche bezüglich Akustik, Wärmedämmung und Energiehaushalt», stellt er klar.

Der Holzbau liegt im Trend, und er wird in Zukunft weitere Marktanteile gewinnen. Erfreuliche Perspektiven also, denn für Schilliger bedeutet die Bauwirtschaft das tägliche Brot. Zwei Drittel der Produktion wird an Abnehmer in der Schweiz verkauft, ein Drittel exportiert. Nebst Norditalien wird auch der Orient immer wichtiger: Saudi-Arabien, Afghanistan und Pakistan. Die Ware gelangt dabei über Basel-Rotterdam auf dem Schiffsweg nach Karachi. «Preislich sind wir konkurrenzfähig», betont Schilliger. Gewisse Sorgen bereiten ihm der schwache Dollar und die LSVA-bedingte Verteuerung des Transports. Zudem drängen vom Norden her deutsche Sägereien, die beim Ostaufbau mit Staatsgeldern subventioniert wurden, mit Dumpingpreisen in die Schweiz. «Vor allem in den Grenzregionen haben wir wegen dieser Marktverzerrung schlechtere Karten.»

Enormes Zukunftspotenzial

Anderseits hat Schilliger frühzeitig auf solche Herausforderungen reagiert. Zum straffen Kostenmanagement gehört nebst dem hohen Automatisierungsgrad die Optimierung der Logistik. Am Morgen werden die bestellten Produkte ausgeliefert, auf dem Rückweg die Rundhölzer von den über die ganze Deutschschweiz zerstreuten Lagerplätzen eingesammelt. Leerfahrten mit den 20 firmeneigenen Lastwagen soll es keine geben. Auch Schnelligkeit und Kundennähe werden gross geschrieben. Was zum Beispiel um 16 Uhr in Mailand bestellt wird, ist am andern Morgen exakt zugeschnitten just-in-time bereits in der Lombardei. Zur Flexibilität gehört weiter, dass je nach Auftragslage auf Mehrschichtenbetrieb umgestellt werden kann.

Die Firma ist ein lupenreiner Familienbetrieb. Ernest amtet zwar offiziell als CEO, aber in der vierköpfigen Geschäftsleitung sind Onkel Alois und die beiden Cousins Walter und Beat gleichberechtigte Partner, die selbstverständlich «alle am gleichen Strick ziehen.» (Mit dem hier schreibenden Journalisten Schilliger besteht keine nachweisbare Verwandtschaft.) Ernest und seine Cousins haben das Sägemehl gleichsam im Schoppen mitgekriegt, sind auf der Sägerei aufgewachsen. «Es gab für mich nie den geringsten Zweifel, später einmal im väterlichen Betrieb einzusteigen», erinnert sich Ernest. Was in Haltikon verarbeitet wird, stammt ausschliesslich aus Schweizer Wäldern, ist also «Swiss made». «Holz ist das Baumaterial des 21. Jahrhunderts», ist der studierte Holzingenieur überzeugt. Was das grösste Sägewerk der Schweiz in einem Tag verarbeitet, produziert der Schweizer Wald in einer Stunde. Das Rohmaterial für ein Einfamilienhaus wächst dort in einer Minute. Holz gibt es im Überfluss, denn 10 Mio m3 wachsen in unseren Wäldern jährlich nach, aber nur 4 Mio m3 werden genutzt.

Holz liefert zudem hundert Jahre und länger Sauerstoff. Mickrige fünf Minuten dauert die Verarbeitung in der Sägerei, damit das Material rund 200 Jahre als Balken oder Brett von Nutzen sein kann, um zuletzt, etwa nach einem Abbruch, verbrannt zu werden und dabei nochmals Energie zu spenden. «Holz ist nicht einfach nur heimelig, sondern das perfekte nachhaltige Produkt.»

Name: Schilliger Holz AG, Haltikon, 6403 Küssnacht, Tel. 041 854 08 00

Gründung: 1861 durch Basius Schilliger

Geschäftsleitung: Ernest (Geschäftsführer, im Bild), Alois, Walter und Beat Schilliger

Besitz: Familie Schilliger

Umsatz: 60 Mio Fr.

Beschäftigte: 170

Verarbeitungsmenge: 200000 m3/Jahr

Produkte: Schnittholz, Profilhölzer, Hobelwaren und Leimholz sowie Platten bis zu 3.4 x 13.7 m CNC bearbeitet.

Internet: www.schilliger.ch