Die Beteiligung der Anova-Gruppe, welche die Engagements von Stephan Schmidheiny und seiner Familie bewirtschaftet, am Zürcher Welthandelshaus Diethelm Keller Siber Hegner (DKSH) hat in hiesigen Wirtschaftskreisen für Überraschung gesorgt. Denn Schmidheiny war in den letzten Jahren vorwiegend als Philanthrop und Mäzen in Lateinamerika sowie als Kunstsammler tätig. Zudem hatte er 2003 seine lateinamerikanischen Industriebeteiligungen dem von ihm errichteten Viva Trust vermacht.
Ein neues Anlagestandbein
Warum nun dieser Schritt? Frank Gulich, CEO und Verwaltungsratsdelegierter der Anova-Gruppe, erläutert auf Anfrage der «Handelszeitung», dass man sich künftig wieder stärker an Firmen mit Wachstumspotenzial beteiligen werde. Anova setze neben den Financial Assets, der Kunst (Daros Collection) und den Immobilien neu auf ein viertes Standbein, auf industrielle Minderheitsbeteiligungen.
Anova hat laut Gulich in den letzten drei bis vier Jahren mit ihren Vermögensanlagen und der Kunstsammlung erfolgreich gearbeitet. Nun will die Gruppe einen Teil dieser Anlagen langfristig in Firmen investieren, die in Zukunftsmärkten präsent sind.
Dass die Wahl auf DKSH fiel, erstaunt nicht. Zum einen war Gulich bis 2003 Verwaltungsratsmitglied des Unternehmens und hat den Kontakt zu DKSH-Verwaltungsratspräsident Adrian T. Keller und CEO Jörg Wolle aufrechterhalten.
Dabei ist ihm die Wachstumsgeschichte der auf Market Expansion Services spezialisierten DKSH nicht entgangen: Ein seit Jahren konstantes, zweistelliges Umsatzwachstum auf heute 8,8 Mrd Fr. mit einem Betriebsgewinn von 130 Mio Fr., und dies bei weltweit 22100 Mitarbeitenden.
«Die strategische Beteiligung an DKSH ist ein perfekter Fit», sagt Gulich. Damit würden zwei der vier Bric-Staaten abgedeckt: Brasilien durch Anova sowie China durch DKSH. «Es ist kein Geheimnis: Die ökonomische und weltpolitische Macht verschiebt sich ostwärts in eine Region, in der DKSH seit 140 Jahren verwurzelt ist und kontinuierlich wächst.»
Erfahrungen in Lateinamerika
Auf der anderen Seite passt der neue Aktionär Anova gut zur Expansionsstrategie von DKSH. Stephan Schmidheiny ist mit der lateinamerikanischen Wirtschaft bestens vertraut. In den 1990er Jahren errichtete der Industrielle die in verschiedenen Ländern tätige Amanco und baute seine Industriegruppe Grupo Nueva kräftig aus. Seit 2003 ist sie zusammen mit Schmidheinys Stiftung Avina Teil des von ihm ins Leben gerufenen Viva Trusts. Anova kann in Lateinamerika ebenfalls auf eine gut 100-jährige Erfahrung zurückgreifen, wovon DKSH profitieren will.
Für den Welthandelskonzern von besonderem Interesse ist die Grupo-Nueva-Tochtergesellschaft Masisa, die in der Forstwirtschaft tätig ist und jährlich 2,6 Mio m3 Holzplatten produziert. Masisa ist als Zulieferer für die Möbelindustrie und den Holzinnenausbau in Lateinamerika führend und besitzt über 300 sogenann-te Placacentros. Diese Verkaufs- und Servicezentren beliefern Schreiner mit Holzplatten und mit weiterem Bauzubehör.
Die Standorte der Placacentros können von der Beziehung zu DKSH profitieren. Sie sollen als Brücken für die Lieferung von Produkten von Asien nach Lateinamerika dienen. In den Augen Gulichs macht dies Sinn: «Ein asiatischer Unternehmer, der in Brasilien investieren will, machte früher einen Umweg über die USA oder Europa. Heute ist der Kontakt direkt.» Zudem kann Anova mit ihrem breit abgestützten Netzwerk DKSH bei allfälligen Investitionen in Lateinamerika unterstützen.
Dass die von Robert Peugeot geführte Finanzholding PPP und der Schweizer Finanzspezialist Rainer-Marc Frey sich Anfang dieses Jahres mit über 10% an DKSH beteiligten, ist laut Gulich Zufall und war für Anovas Engagement von «deutlich unter 10%» nicht ausschlaggebend, aber eine Bestätigung.
In Zukunft will sich die Anova-Gruppe an weiteren Industriefirmen beteiligen. Auch an Schweizer Unternehmen? Gulich lässt sich nicht in die Karten blicken: «Wir investieren in Firmen mit einem langfristigen Anlagehorizont, die über Produkte respektive Dienstleistungen mit Wachstumspotenzial verfügen sowie in Wachstumsmärkten tätig sind. Wir sind kein Private-Equity-Fonds.»