Schweizer Schokolade-Produzenten konnten sich lange Zeit über stabile Preise am Kakao-Markt freuen. Ende Oktober wetteten aber so viele Händler auf einen Preisanstieg wie noch nie. Das drückt den Preis nach oben. Nicht weiter verwunderlich, meint Oliver Classen. Der Pressesprecher der Erklärung von Bern spricht beim Kakao von der «Chronik einer angekündigten Knappheit». Der momentane Preisanstieg sei zwar auf das Wetter in Westafrika zurückzuführen, langfristig werde es aber Versorgungsprobleme geben, weil die Produktion des Rohstoffs für die Bauern zu unattraktiv sei.
Diese langfristige Knappheit könnte für Schweizer Schokolade-Hersteller zum Problem werden. Laut Franz Schmid, Direktor des Branchenverbands Chocosuisse, haben die Hersteller nur wenig Spielraum bei der Anpassung der Preise. «Der Schweizer Markt ist auf hohem Niveau gesättigt.»
«Parasitäre Zwischenhändler»
Deshalb versuchen die Mitglieder des Branchenverbands, Zwischenhändler auszuschalten und direkt mit den Bauern ins Gespräch zu kommen. Auch wenn er es begrüsst, dass die «parasitären Zwischenhändler» immer öfters wegfallen, widerspricht Classen der Darstellung, dass bei handelsüblicher Schokolade kein Preisspielraum besteht.
Zwar seien die Efforts der Produzenten löblich. Diese versuchen, durch Ausbildung und teilweise Zusammenarbeit mit Kooperativen das Los der Bauern zu verbessern und damit auch die Qualität sowie das Angebot sicherzustellen. Der einzige Faktor der allerdings langfristig beides sicherstellen würde, sei der Einkaufspreis, insistiert Oliver Classen. Die mancherorts festgelegten Mindestpreise seien mit 60 Prozent des Weltmarktpreises noch viel zu tief.
Doppelter Vorteil der tieferen Integration
Bei einer handelsüblichen Tafel Milchschokolade des günstigeren Preissegments beträgt der Anteil von Kakaoprodukten am Rohmaterial etwa 25 Rappen, schätzt Franz Schmid. Bei gesamten Rohmaterialkosten (einschliesslich Milch und Zucker) von insgesamt etwa 40 Rappen falle der Kakaopreis deshalb stark ins Gewicht.
Auch wenn es sie Marktanteile kosten könnte, wird den Herstellern kaum etwas anderes übrig bleiben, als den höheren Preis weiterzugeben. Entweder über den Verkaufspreis an die Detailhändler und Konsumenten oder an die Aktionäre, über schmalere Margen. Durch die verstärkte Integration der Wertschöpfungskette steigen diese allerdings. Und die immer grössere Nähe der Hersteller zu den Kakao-Produzenten hat noch einen Vorteil: Die Unternehmen können auf das immer grössere Bewusstsein der Konsumenten für Nachhaltigkeit und Qualität eingehen.