Für Schweizer Unternehmen mit engen Geschäftsbeziehungen zu Deutschland sind die verschärften Grenzkontrollen an der deutschen Grenze ein Ärgernis. Daran ändert auch ein mögliches Treffen zwischen Bundespräsident Joseph Deiss und Bundeskanzler Gerhard Schröder im April nichts. «Das Tagesgeschäft wird jedoch nur in kleinerem Mass behindert», sagt die Speditions- und Logistikfirma Panalpina. So wie Panalpina geht es vielen Unternehmen, die täglich die nördliche Grenze passieren. Stärker betroffen sind allerdings Spediteure und Kurier-Dienste mit Just-in-time-Angeboten, welche normalerweise bis sechsmal am Tag über die Grenze fahren. Ihre Situation ist problematisch.

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«Jetzt wird allen bewusst, wie eng wir wirtschaftlich mit unseren Nachbarländern verflochten sind», sagt Thomas Preiswerk, Honorarkonsul von Deutschland in Basel und gleichzeitig Sprecher von Novartis. Insofern könne er dem Zolldebakel durchaus etwas Positives abgewinnen. Preiswerks Fazit: Der politische Unterbau ist gegenüber der wirtschaftlichen Realität 20 Jahre im Rückstand. «Die Probleme sollten wir zum Anlass nehmen, mit der bilateralen Beziehung vorwärts zu machen.»

Die gegenseitige Abhängigkeit lässt sich nicht von der Hand weisen: Die Schweiz gilt in Deutschland nach den USA und den Niederlanden als drittwichtigster Investor. Umgekehrt ist die Schweiz für Deutschland der wichtigste Handelspartner. Der Import belief sich 2003 auf 41 Mrd Fr. Die Schweiz exportierte für 28 Mrd Fr. nach Deutschland.

Diskriminierte Banken

«Die Kontrollen ärgern einen schon», sagt Bernd Niedermann, Sprecher von Georg Fischer. Von einer Verschlechterung der Beziehung mit Deutschland merke Georg Fischer aber nichts. «Die Schweizer haben bei den Deutschen weiterhin einen Bonus», findet Manfred Schellhammer, Leiter von Kühne & Nagel Schweiz. «Die Deutschen lieben die Schweizer.»

Weniger harmonisch tönt es aus der Bankenbranche: «Wir Schweizer werden im Deutschlandgeschäft diskriminiert.» Solch deutliche Worte spricht Thomas Sutter von der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) angesichts der Einschränkungen für Schweizer Banken bei der Kundenakquisition in Deutschland. Gemäss einem seit letztem Herbst geltenden Merkblatt ist das direkte Anwerben von Kunden aus der Schweiz heraus verboten. Die drohende Aufnahme dieser Richtlinien ins Gesetz über Kreditwesen (KWG) bis August würde zusätzlich jeden Interpretationsspielraum vernichten. Deshalb lobbyiere die SBVg für eine Freistellung der Schweizer Banken von diesem Gesetz bzw. für die Gleichstellung mit EU-Banken (siehe auch «HandelsZeitung» Nr. 10 vom 3.3.2004).

Auch die UBS erwägt, bei der deutschen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) eine Freistellung zu beantragen. Bisher am stärksten betroffen sind die Vermögensverwaltungsbanken: «Wir haben das Marketing in Deutschland im Moment eingestellt», sagt Bruno Merki, Leiter der Zürcher Niederlassung der Privatbank Mirabaud. Beim Interbank- und Privatkundengeschäft würden aber die bestehenden Kundenbeziehungen weitergeführt. Für Mirabaud mache ein Freistellungsantrag wenig Sinn, da es für die Privatkundenakquisitionen kaum eine Freistellung geben werde. Die Einbussen konnte Sutter nicht beziffern. Fest stehe: «Momentan wird mit harten Bandagen gekämpft.»

Verlust von Arbeitsplätzen

Weitere Erschwernisse drohen bei der Einführung von Reexport-Zöllen. Beschlossen würden diese Zölle zwar auf EU-Ebene, behindert würden aber vor allem die Warenströme SchweizDeutschland. Das Logistikunternehmen Panalpina befürchtet laut Sprecher Bernd Wagner, dass die Kunden ihre Exporte aus der Schweiz in die EU aufgrund der Zollabgaben verringern würden. Dies hätte indirekt negative Auswirkungen auf das Transportvolumen und den Umsatz von Panalpina Schweiz. «In der ganzen Schweiz wären durch diese Zölle die Arbeitsplätze von ein paar Tausend Angestellten von Handelsfirmen und Logistikdienstleistern gefährdet», zeigte sich Manfred Schellhammer von Kühne & Nagel Schweiz überzeugt. Auch einige Lagerräume von K&N in der Schweiz würden überflüssig werden.

Die Ungewissheit gefährde die Planungssicherheit besonders bei Mitgliedern aus der Textilindustrie, aber auch der Maschinenindustrie, sagt Rolf Lüpke von der Vereinigung Schweizerischer Unternehmen in Deutschland. Die Zölle können bis zu 17% des Warenwerts betragen. Beim Bund werden derzeit die volkswirtschaftlichen Kosten der Zölle hochgerechnet. Die einzigen Unternehmen, die von solchen Zöllen profitierten, wären die Zollfreilager. «Nach Bekanntwerden der Reexport-Zölle stiegen die Anfragen nach Zwischenlagerung deutlich», sagt Dieter Buob vom Freilager Zürich.