Der Untergang von Portugals Banco Espírito Santo im Herbst 2014 liess die europäischen Märkte erzittern. Mit fast 5 Milliarden Euro Steuergeldern mussten die Andalusier das Pleiteinstitut der Banker-Dynastie um Ricardo Salgado retten. Bald kam auch der Schweizer Ableger Banque Privée Espírito Santo in Lausanne ins Visier der Behörden. Mitte September 2014 eröffnete die Finma den Konkurs über die Schweizer Tochter.
Nun zeigen Recherchen von handelszeitung.ch, dass die Schweizer Bankenaufsicht Finma gravierende Missstände im Lausanner Bankhaus angetroffen hatte. Die Verstrickungen hier sind viel grösser, als bisher bekannt. Im Zuge der Aufarbeitung der Milliardenpleite wurden auch in Portugal immer mehr Details zu massiven Unregelmässigkeiten bei der portugiesischen Grossbank bekannt. Für portugiesische Ermittler sind die Aktivitäten der Schweizer Tochtergesellschaft zentral.
Mehrjährige Berufsverbote
Die Finma hatte gegen mehrere hochrangige Banker Verfahren eröffnet. Einige dieser Verfahren seien abgeschlossen, andere liefen weiter, bestätigte Finma-Pressesprecher Tobias Lux jetzt. Er sagte weiter, dass man mehrere Entscheidungsträger der Bank auf Verwaltungsrats- und Geschäftsleistungs-Stufe ins Visier nahm. Die Finma fand bei der Banque Privée Espírito Santo massive Missstände vor. Denn: «Es ist zu mehrjährigen Berufsverboten gekommen», so Mediensprecher Lux.
Parallel dazu führt die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren gegen mehrere Personen wegen des Verdachts auf Geldwäscherei, bestätigte eine Mediensprecherin handelszeitung.ch. Dass es dabei zu einer Zusammenarbeit mit der Finma kommt, liegt nahe. Denn für die Bankenaufsicht besteht Anzeigepflicht, sollte sie während ihren Enforcement-Verfahren entsprechende Vorkommnisse finden.
Task-Force mit den Portugiesen
Im Zusammenhang mit der Bankenpleite behandelt die Bundesanwaltschaft auch ein Rechtshilfeersuchen aus Lissabon und unterstützt dabei die portugiesischen Behörden. Eine Mediensprecherin sagte: «Aufgrund der umfangreichen Ermittlungen in dieser Angelegenheit wurde im Mai 2015 mit den portugiesischen Behörden die Gründung einer gemeinsamen Ermittlungstruppe beschlossen.»
Diese Task-Force hat inzwischen bereits Millionen von Bankdaten nach Portugal geschickt: 3 Millionen E-Mails und 15 Millionen sonstige Dokumente, schreibt die Zeitung «Diário de Notícias». Diese Datenflut verwendet die portugiesische Justiz in ihrem Ermittlungsverfahren gegen den Patron der Bankengruppe, Ricardo Salgado.
Die Espírito Santo Gruppe betrieb ein Unternehmensnetzwerk in mehr als 20 Ländern. Die Holding-Gesellschaften waren in der Schweiz und Luxemburg beheimatet. Mit dieser Konstellation entzog sich der Konzern der operativen und steuerlichen Kontrolle durch den portugiesischen Staat. Die Ermittlungen gestalten sich dementsprechend aufwendig.
Delikat für Finma
Die Milliardenpleite des portugiesischen Mutterhauses Banco Espírito Santo war auch delikat für die Finma: So gab Jean-Baptiste Zufferey im Zuge der Pleite seinen Rücktritt aus der Finma bekannt. Damals hiess es: «Herr Zufferey möchte mit diesem Schritt jeglicher Diskussion um eine allfällige Befangenheit der Finma gegenüber der Schweizer Gesellschaft der Espirito Santo vorbeugen.»
Denn Zufferey war neben seinem Finma-Job bis zum Zusammenbruch auch Verwaltungsrat bei der Lausanner Banque Privée Espírito Santo. Bis Anfang 2016 amtete er dort sogar noch als Liquidator. Gegenüber der «Handelszeitung» behauptete er damals: «Unsere Bank war nach Schweizer Recht und Vorschrift geführt, seriös und gesetzeskonform. Dass die Gruppe in die Krise geriet, bedauern wir, hat aber nichts mit unserer Privatbank zu tun.»
Das sah die Finma, sein Arbeitgeber, nach einer Prüfung offenbar ziemlich anders. Das Geschäftsgebahren der Bank bescherte involvierten Managern «mehrjährige Berufsverbote».