Mit Alu hat es angefangen: Dieses Produkt gab zusammen mit Waschmaschinen, Solarpanels und Stahl Donald Trump den Anlass, erstmals Zölle zu erheben. Damit spurte der US-Präsident Anfang Jahr einen internationalen Handelskonflikt vor. Seitdem liefern sich die USA, China und die EU einen Schlagabtausch. Die Weltwirtschaft droht Schaden zu nehmen.
Auch die Schweizer Wirtschaft leidet bereits unter dem Protektionismus – und das Beispiel Alu zeigt dies gut auf. Die Schweizer Aluminiumindustrie ist unter Druck, und dies gleich von zweiten Seiten. Die USA belasten Schweizer Aluimporte seit Mitte März mit einem Zoll von 10 Prozent. Und für Ausfuhren in die Europäische Union benötigen die Schweizer Hersteller seit April eine Einfuhrlizenz. Mit dieser Massnahme versucht die EU, ihre Industrien vor den Auswirkungen der US-Zölle zu schützen.
«Die Kunden sind auf unserer Seite»
Einer der am stärksten betroffenen Schweizer Unternehmen ist Alu Menziken: Der Aargauer Metallverarbeitungskonzern verkauft einen Grossteil seiner Produkte in die EU und exportiert auch in die USA – 80 Prozent des Umsatzes ist vom Handelsstreit tangiert. Die EU-Einfuhrlizenzen verursachen viel Aufwand und sorgen für Verspätungen.
Die Ware trifft jetzt bis zu zwölf Tage später bei den EU-Kunden ein. Und Alu Menziken muss zwei zusätzliche Mitarbeiter beschäftigen, die sich um die neuen Zollvorschriften kümmern. Der grösste Teil des Aufwands entsteht aber bei den Kunden: Sie sind es, welche die Lizenzen beantragen müssen, um Waren aus der Schweiz zu erhalten. Kunden hätten sie deswegen aber keine verloren, sagt Alu-Menziken-Chef Ingolf Planer: «Sie sind auf unserer Seite.»
Drastischer sind die Auswirkungen für Alu Menziken in den USA. Mittel- bis langfristig sieht CEO Planer das Geschäft in Übersee gefährdet. Trumps Zölle könnten Alu Menziken somit bis zu 7 Prozent vom Umsatz kosten. Aktuell nehmen die amerikanischen Kunden die höheren Preise in Kauf, weil der Aargauer Konzern Produkte anbietet, die nicht leicht ersetzt werden können.
Frankreich zeigt sich bürokratisch
«Es ist eine ärgerliche Situation», sagt Marcel Menet, der Geschäftsführer des Aluminium-Verbands. Wie Alu Menziken geht es vielen der 67 Unternehmen im Verband – fast alle verkaufen Ware in die EU. Jedes EU-Land setzt die neuen Vorschriften individuell um. Besonders bürokratisch geht dabei Frankeich vor: Für Lieferungen dorthin müssen die Unternehmen jetzt bis zu 17 zusätzliche Tage einrechnen.
Etwas weniger Sorgen bereiten Menet die neuen US-Zölle. Nur wenige Schweizer Aluminiumhersteller exportieren in die USA. Rund 2 Prozent der Produktion der Aluunternehmen würden dort abgesetzt, schätzt der Verbandsleiter. «Die USA sind für uns nicht matchentscheidend.» Trumps Zölle haben aber auch Auswirkungen auf Unternehmen, die nicht in die USA verkaufen, etwa auf DGS aus St. Gallen. Das auf Druckguss spezialisierte Unternehmen beliefert Autozulieferer in der EU – und deren Geschäft werde durch den Handelskonflikt belastet, sagt DGS-Chef Andreas Müller. «Ich rechne mit einem Ende des Booms in der Autoindustrie.»
Schneider-Ammann hat sich eingeschaltet
Die Schweizer Aluminiumfirmen erhalten Unterstützung aus der Politik und von den Behörden: Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann persönlich versucht die Schweizer Wirtschaft vor den Folgen des Handelsstreits zu schützen. Doch die Interventionen des Bundesrats und von Bundesbern in Washington und Brüssel haben nichts bewirkt: Die USA zeigen keine Anstalten, die Schweiz von den Zöllen auf Alu und Stahl auszunehmen. Und auch die EU will der Schweiz keine Sonderbehandlung zugestehen.
Marcel Menet hat keine grossen Hoffnungen, dass die EU der Schweiz die Einfuhrlizenzen erlässt. Die US-Zölle dürften aus seiner Sicht ebenfalls Bestand haben. Deutlichere Worte findet Alu-Menziken-CEO Ingolf Planer. Die EU habe kein Interesse daran, der Schweiz in dieser Frage zu helfen, «hier kämpft David gegen Goliath».
Die Kosten einer Eskalation
Bis jetzt hat der Handelsstreit den Alufirmen in erster Linie Ärger und Mehraufwand verursacht. Offen ist, was passiert, falls sich der Konflikt zuspitzt. In der Branche geht die Befürchtung um, dass die EU den Import von Aluminiumprodukten beschränken könnte. Solche Einfuhrquoten halten Menet und Planer derzeit zwar für unwahrscheinlich. «Ich sehe keine Anzeichen, dass die Einfuhr beschränkt werden könnte», sagt CEO Planer. Falls die EU Quoten einführen würde, sieht Planer Schweizer Jobs gefährdet. Dann würde Alu Menziken wohl Arbeitsplätze aus der Schweiz in seine Werke in die EU verlagern.
Einen Beitrag von Marcel Menet, Geschäftsführer des Branchenverbands alu.ch, über die Situation der Schweizer Aluminiumproduzenten lesen Sie auch in der neuen BILANZ, erhältlich am Kiosk oder mit Abo bequem im Briefkasten.